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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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in das Tal gemildet.
  Da grünt's und wächst's, und um sich zu erfreuen,
  Bedarf sie nicht der tollen Strudeleien.
      MEPHISTOPHELES:
  Das sprecht Ihr so! Das scheint Euch sonnenklar;
  Doch weiß es anders, der zugegen war.
  Ich war dabei, als noch da drunten siedend
  Der Abgrund schwoll und strömend Flammen trug;
  Als Molochs Hammer, Fels an Felsen schmiedend,
  Gebirgestrümmer in die Ferne schlug.
  Noch starrt das Land von fremden Zentnermassen;
  Wer gibt Erklärung solcher Schleudermacht?
  Der Philosoph, er weiß es nicht zu fassen,
  Da liegt der Fels, man muß ihn liegen lassen,
  Zuschanden haben wir uns schon gedacht.—
  Das treu-gemeine Volk allein begreift
  Und läßt sich im Begriff nicht stören;
  Ihm ist die Weisheit längst gereift:
  Ein Wunder ist's, der Satan kommt zu Ehren.
  Mein Wandrer hinkt an seiner Glaubenskrücke
  Zum Teufelsstein, zur Teufelsbrücke.
      FAUST:
  Es ist doch auch bemerkenswert zu achten,
  Zu sehn, wie Teufel die Natur betrachten.
      MEPHISTOPHELES:
  Was geht mich's an! Natur sei, wie sie sei!
  's ist Ehrenpunkt: der Teufel war dabei!
  Wir sind die Leute, Großes zu erreichen;
  Tumult, Gewalt und Unsinn! sieh das Zeichen!—
  Doch, daß ich endlich ganz verständlich spreche,
  Gefiel dir nichts an unsrer Oberfläche?
  Du übersahst, in ungemeßnen Weiten,
  Die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeiten. ((matth. 4))
  Doch, ungenügsam, wie du bist,
  Empfandest du wohl kein Gelüst?
      FAUST:
  Und doch! ein Großes zog mich an.
  Errate! +
      MEPHISTOPHELES:
  Das ist bald getan.
  Ich suchte mir so eine Hauptstadt aus,
  Im Kerne Bürger-Nahrungs-Graus,
  Krummenge Gäßchen, spitze Giebeln,
  Beschränkten Markt, Kohl, Rüben, Zwiebeln;
  Fleischbänke, wo die Schmeißen hausen,
  Die fetten Braten anzuschmausen;
  Da findest du zu jeder Zeit
  Gewiß Gestank und Tätigkeit.
  Dann weite Plätze, breite Straßen,
  Vornehmen Schein sich anzumaßen;
  Und endlich, wo kein Tor beschränkt,
  Vorstädte grenzenlos verlängt.
  Da freut' ich mich an Rollekutschen,
  Am lärmigen Hin- und Widerrutschen,
  Am ewigen Hin- und Widerlaufen
  Zerstreuter Ameis-Wimmelhaufen.
  Und wenn ich führe, wenn ich ritte,
  Erschien' ich immer ihre Mitte,
  Von Hunderttausenden verehrt.
      FAUST:
  Das kann mich nicht zufriedenstellen.
  Man freut sich, daß das Volk sich mehrt,
  Nach seiner Art behaglich nährt,
  Sogar sich bildet, sich belehrt—
  Und man erzieht sich nur Rebellen.
      MEPHISTOPHELES:
  Dann baut' ich, grandios, mir selbst bewußt,
  Am lustigen Ort ein Schloß zur Lust.
  Wald, Hügel, Flächen, Wiesen, Feld
  Zum Garten prächtig umbestellt.
  Vor grünen Wänden Sammetmatten,
  Schnurwege, kunstgerechte Schatten,
  Kaskadensturz, durch Fels zu Fels gepaart,
  Und Wasserstrahlen aller Art;
  Ehrwürdig steigt es dort, doch an den Seiten
  Da zischt's und pißt's in tausend Kleinigkeiten.
  Dann aber ließ ich allerschönsten Frauen
  Vertraut-bequeme Häuslein bauen;
  Verbrächte da grenzenlose Zeit
  In allerliebst-geselliger Einsamkeit.
  Ich sage Fraun; denn ein für allemal
  Denk' ich die Schönen im Plural.
      FAUST:
  Schlecht und modern! Sardanapal!
      MEPHISTOPHELES:
  Errät man wohl, wornach du strebtest?
  Es war gewiß erhaben kühn.
  Der du dem Mond um so viel näher schwebtest,
  Dich zog wohl deine Sucht dahin?
      FAUST:
  Mit nichten! dieser Erdenkreis
  Gewährt noch Raum zu großen Taten.
  Erstaunenswürdiges soll geraten,
  Ich fühle Kraft zu kühnem Fleiß.
      MEPHISTOPHELES:
  Und also willst du Ruhm verdienen?
  Man merkt's, du kommst von Heroinen.
      FAUST:
  Herrschaft gewinn' ich, Eigentum!
  Die Tat ist alles, nichts der Ruhm.
      MEPHISTOPHELES:
  Doch werden sich Poeten finden,
  Der Nachwelt deinen Glanz zu künden,
  Durch Torheit Torheit zu entzünden.
      FAUST:
  Von allem ist dir nichts gewährt.
  Was weißt du, was der Mensch begehrt?
  Dein widrig Wesen, bitter, scharf,
  Was weiß es, was der Mensch bedarf?
      MEPHISTOPHELES:
  Geschehe denn nach deinem Willen!
  Vertraue mir den Umfang deiner Grillen.
      FAUST:
  Mein Auge war aufs hohe Meer gezogen;
  Es schwoll empor, sich in sich selbst zu türmen,
  Dann ließ es nach und schüttete die Wogen,
  Des flachen Ufers Breite zu

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