FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
gebeten, die Klappe zu halten«
Der Präsident folgte in seiner Rede fast wortwörtlich dem Entwurf, er ließ keine Lüge aus.
Oberst North und sein Vorgesetzter, der nationale Sicherheitsberater des Präsidenten Admiral John Poindexter, machten sich in aller Eile daran, ihre Akten zu schreddern und ihre Computerdateien zu löschen. Aber im Weißen Haus kristallisierte sich eine wichtige Tatsache heraus: Dass die Regierung Millionen Dollar Profite aus den Waffenverkäufen an den Iran abgeschöpft und das Geld dafür benutzt hatte, die Contras zu unterstützen.
»Das ist eine echte Bombe«, hatte Vizepräsident George Bush senior am 22. November nach einer Unterredung mit Justizminister Meese in sein neues Tagebuch notiert. »Das gibt eine Riesenaufregung […] Der Präsident hat uns gebeten, die Klappe zu halten, und genau das werden wir tun.« [573]
Mit dem Stillschweigen war es nach drei Tagen vorbei. Am 25. November gab Meese in einer kurzen öffentlichen Erklärung zu, dass die Raketen verkauft und das Geld umgeleitet worden waren.
Nur Stunden später durchsuchten FBI-Agenten Oliver Norths Büro. Sie konnten ein Dokument aus Norths »burn bag«, einer Papiertüte zum Verbrennen von Geheimdokumenten, sicherstellen – eine kunstvoll manipulierte Erklärung zur Unterstützung der Contras, abgegeben bei einer geheimen Aussage vor dem Kongress. Darauf fanden sie die Fingerabdrücke von Clair George, dem Leiter des Clandestine Service bei der CIA. Das war der Anfang einer sechs Jahre währenden Untersuchung, die bis in die höchsten Ebenen der zivilen und militärischen Geheimdienste Amerikas hinaufreichte, der politisch brisanteste Fall, mit dem das Bureau seit der Watergate-Affäre konfrontiert war.
FBI-Agenten führten umgehend Befragungen von Vizepräsident Bush, Justizminister Meese, den engsten Beratern des Präsidenten im Weißen Haus und der Führungsspitze der CIA durch. Eine Handvoll Agenten, die unter äußerster Geheimhaltung arbeiteten, förderten im Nu die wichtigsten Beweise in dem Fall zutage: 5000 E-Mails zwischen Admiral Poindexter, Oberst North und dem Stab des Nationalen Sicherheitsrats. In einer forensischen Meisterleistung konnten die FBI-Agenten die Backups des internen E-Mail-Systems des Weißen Hauses retten und wiederherstellen, in denen die Waffenverkäufe und die Umleitung der Mittel dokumentiert waren.
Das Beweismaterial des FBI nötigte den Präsidenten der Vereinigten Staaten am 4. März 1987 auch zu einer bemerkenswerten Beichte.
»Die vergangenen drei Monate habe ich mich nicht zu den Enthüllungen über den Iran geäußert«, sagte Reagan am 4. März 1987 in seiner Rede zur Lage der Nation im Fernsehen. »Und Sie müssen sich gefragt haben: ›Tja, warum sagt er uns nicht, was los ist? Warum spricht er nicht zu uns wie in der Vergangenheit, wenn es eine Krise oder Tragödie gab?‹ Andere haben sich vielleicht gedacht: ›Warum verkriecht er sich da im Weißen Haus?‹«
»Nun, der Grund, warum ich bis jetzt geschwiegen habe, ist folgender: Sie haben ein Recht auf die Wahrheit«, sagte der Präsident.
»Ich habe für mein Schweigen einen Preis bezahlt«, fuhr er fort. »Vor ein paar Monaten habe ich dem amerikanischen Volk versichert, dass ich nicht mit Waffen für Geiseln bezahlt habe. Mein Herz und meine besten Absichten sagen mir noch immer, dass dem so ist. Aber die Fakten und Beweise sagen mir das Gegenteil.«
Die Fakten und Beweise zeigten, dass die höchsten Offiziere der CIA und der Nationalen Sicherheitsbehörde in Erfüllung von Reagans Befehlen mit einer bemerkenswerten Betrüger- und Gaunerbande zusammengearbeitet hatten. Sie hatten bei den Waffen-gegen-Geiseln-Deals eklatante Dummheiten begangen oder gebilligt. Der Präsident hatte gegen seine von der Verfassung auferlegte Pflicht verstoßen, die Gesetze der Vereinigten Staaten gewissenhaft zu vollziehen.
Reagan schloss seine Rede mit der Ankündigung, er hoffe, das Vertrauen in seine Regierung wenigstens teilweise wiederherstellen zu können: Er habe William Webster vom FBI zum CIA-Direktor ernannt. Webster sei ein Mann von »untadeligem Ruf«, sagte der Präsident. »Er weiß, was Rechtsstaatlichkeit bedeutet.« Die Wahl schien naheliegend zu sein: Der Kongress und ein unabhängiger Staatsanwalt ermittelten gegen die Führungsriege der CIA, und drei Dutzend mit rechtlichen Anordnungen zur Beweisauskunft ausgerüstete FBI-Agenten durchforsteten tausende streng geheime Akten auf der Suche nach Beweisen
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