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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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zielte auf ein Projekt, das unter so strenger Geheimhaltung stand, dass nicht einmal er selbst Näheres wusste, jedenfalls noch nicht. Erst ein paar Wochen später wurde Hoover in das Manhattan-Projekt eingeweiht, das landesweite Geheimprogramm zum Bau der Atombombe. Dann setzte man ihn über die Bemühungen der US-Armee in Kenntnis, die verschlüsselten Telegramme zu dechiffrieren, die sowjetische Geheimagenten und Diplomaten mit Moskau austauschten.
    Es kann Jahre dauern, eine Geheimoperation durchzuführen – sei es, um einen neue Waffe zu entwickeln, einen Spionagering aufzubauen oder zu zerstören oder einen Code zu knacken. Nun gab Hoover Ermittlungen auf zwei Geheimdienstfeldern in Auftrag, die das FBI die nächsten zehn Jahre lang völlig in Anspruch nehmen würden. Eine Operation hieß CINRAD, eine Abkürzung für Communist Infiltration of Radiation Laboratory, die andere COMRAP, Comintern Apparatus. Beide zielten darauf ab, Zugriff auf sowjetische Spionageringe in den Vereinigten Staaten zu bekommen. Ab Mai 1943 schickten sich rund 50 FBI-Agenten in New York und 50 weitere in Washington an, die als Diplomaten und Handelsvertreter bei der sowjetischen Handelsmission Amtorg getarnten sowjetischen Spione zu beobachten und zu belauschen. Kurz darauf entsandte Hoover 125 Agenten von New York aus quer durch die Vereinigten Staaten nach Chicago und San Francisco, um jene Sowjetspione zu finden, die eine falsche Identität angenommen hatten und ohne den Schutz der diplomatischen Immunität operierten. Die Jagd in der Heimat würde noch erheblich länger dauern als der Krieg in der Ferne.
    »Wie Kinder, die sich im Wald verirrt haben«
    Die FBI-Agenten, die gegen die Sowjetspionage im Zweiten Weltkrieg zu Felde zogen, waren »wie Kinder, die sich im Wald verirrt haben«, berichtete Lawrence Duggan, Mitarbeiter im Außenministerium und selbst kommunistischer Agent, bei einer Einsatznachbesprechung in Washington seinem sowjetischen Verbindungsoffizier. [168]   Das FBI wusste wenig über Moskaus Nachrichtendienst. FBI-Leute hatten mit dem sowjetischen Spionagechef in New York, Gajk Owakimjan, gesprochen, ohne zu wissen, wen sie vor sich hatten. Sie hatten den übergelaufenen Sowjetspion Walter Kriwitzki angehört, ohne zu begreifen, was er sagte.
    Das lag weder an Inkompetenz oder mangelndem Interesse auf Seiten des FBI. Schuld waren fehlende Informationen. Man wusste nicht einmal, was man nicht wusste. Geheimdienstarbeit ist ein Krieg, der mit den Waffen des Wissens und der Weitsicht geführt wird. Informationen haben die größte Schlagkraft. Mit einem Spion im Feindeslager kann man eine Schlacht gewinnen. Wenn man weiß, was der Feind vorhat, ist der Krieg entschieden.
    Das FBI besaß keine verlässlichen sowjetischen Informanten – und die US-amerikanische Regierung war nicht auf einen Konflikt mit den Sowjets erpicht. Stalin tötete mehr Nazis als Roosevelt und Churchill zusammengenommen. Aber wenn man Amerikaner, die mit dem sowjetischen Nachrichtendienst zusammenarbeiteten, auf frischer Tat ertappte, konnte Hoover sie aufgrund der Befugnisse des Internierungsprogramms heimlich und ohne Gerichtsverfahren festnehmen und bis zum Ende des Krieges in einem Militärgefängnis inhaftieren lassen.
    Dann wurde Justizminister Biddle auf die Internierungsliste aufmerksam.
    Der vornehme Patrizier Biddle sah sich als Experten in Sachen J. Edgar Hoover. Er hatte den Mann seit seinem Amtsantritt vier Jahre zuvor studiert. Und dabei entdeckte er »eine menschliche Seite an J. Edgar Hoover, die nicht immer wahrgenommen wird«. [169]  
    »Hoovers Charakter interessierte mich«, schrieb er viele Jahre später. »Ich versuchte, sein Vertrauen zu gewinnen, und es dauerte nicht lange, da begann er beim Lunch unter vier Augen in einem Nebenraum meines Büros, sich erkenntlich zu zeigen, indem er mich an seinen außerordentlichen Kenntnissen intimer Details teilhaben ließ, [und so erfuhr ich,] was meine Kabinettskollegen taten und sagten, was sie schätzten und ablehnten, welche Schwächen und welche Verbindungen [sie hatten …] Ich gestehe, dass ich, in gewissen Grenzen, Spaß daran hatte, das zu hören.«
    In gewissen Grenzen bewunderte Biddle auch, wie Hoover es verstand, seine Macht beim FBI zu nutzen. Der Minister segnete durchaus auch einige Lauschangriffe ab, und er stellte sich der Bedrohung durch Amerikas Feinde im Rahmen der ihm zu Gebote stehenden Gesetze entgegen. Aber sein Leben lang beunruhigten ihn die

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