FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Geheimoperationen des FBI, »diese gewaltige Erfassungsmaschine mit ihren zehn Millionen personenbezogenen Akten« und »ihren offenkundigen Möglichkeiten, das in sie gesetzte Vertrauen zu missbrauchen«.
Biddle wollte nicht, dass es während seiner Amtszeit zu einer Neuauflage der Razzien gegen die Kommunisten von 1920 kam. Er hatte angeordnet, das FBI solle mit einer von ihm neugeschaffenen Abteilung im Justizministerium zusammenarbeiten, der Abteilung für Sonderkriegsmaßnahmen (Special War Policies Unit). Zivile Gremien überwachten die Internierung von feindlichen Ausländern – nur von Ausländern, nicht von amerikanischen Staatsbürgern. Biddle sorgte dafür, dass sich die Abteilung während des Kriegs an die Gesetze hielt.
In den neunzehn Monaten seit Pearl Harbor hatte das FBI insgesamt 16062 Personen inhaftiert, die verdächtigt wurden, ausländische Umstürzler zu sein. Aber ungefähr zwei Drittel, rund 10000 Internierte, wurden wieder auf freien Fuß gesetzt, da sie nach Einschätzung der zivilen Gremien keine klare Gefahr für die Vereinigten Staaten darstellten. Wie schon eine Generation zuvor hatte das FBI einige tausend Unschuldige eingesperrt. Die wiederholte Abweisung dieser Fälle veranlasste den Justizminister, die Geheimdienstakten des FBI auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Am 6. Juli 1943 entdeckte Biddle, dass Hoover eine Liste mit Amerikanern führte, die er für die Internierung in einem Militärgefängnis vorsah. Biddle war entsetzt. Es sei gesetzlich nicht zulässig, dass Hoover eine »Internierungsliste mit Namen von Bürgern« führe, erklärte der Minister dem FBI-Direktor. Seiner Auffassung nach stellten die Geheimdossiers an sich bereits eine Gefahr für die Vereinigten Staaten dar. [170]
Die Aufgabe des FBI bestehe darin, »die Tätigkeit von Personen zu untersuchen, die gegen das Gesetz verstoßen haben könnten«, schrieb der Justizminister in seiner Anordnung zur Abschaffung des Internierungsprogramms. »Dabei ist es nicht zweckdienlich, Personen im Hinblick auf ihre Gefährlichkeit einzustufen.«
»Jetzt ist mir klar, dass dieses Einstufungssystem vollkommen unfundiert ist«, schrieb Biddle an Hoover. »Das der Einstufung zugrunde liegende Beweismaterial war unzureichend; die Maßstäbe, die auf das der Einstufung zugrunde liegende Beweismaterial angewandt wurden, waren fehlerhaft; und schließlich ist die Vorstellung, es sei möglich, die Gefährlichkeit einer Person in abstracto zuverlässig einzuschätzen, ohne Rücksicht auf Zeit, Umgebung und andere relevante Umstände, untauglich, unklug und gefährlich.«
Der FBI-Direktor ignorierte die Anordnung zur Abschaffung. Still und leise missachtete er sie. Er sagte weder dem Justizminister noch anderen Leuten außerhalb des FBI, was er tat. Von nun an bezeichnete er die Liste einfach als Security Index, als »Sicherheitsregister«. Sonst änderte sich nichts, nur die Geheimnistuerei um das Register war neu. Dieses Vorgehen kam erst nach Hoovers Tod ans Licht.
Hoover behielt sich natürlich immer noch vor, Menschen überwachen zu lassen. Damit hatte er weitgehende Befugnisse, die politischen Überzeugungen amerikanischer Staatsbürger auszuforschen. Zu den Tausenden, die in den Kriegsjahren in Hoovers Sicherheitsregister landeten, zählten vor allem amerikanische Kommunisten – nicht nur Parteimitglieder, sondern auch Leute, die in Büchern oder Artikeln kommunistische Ideen formulierten, die auf kommunistischen Wahlveranstaltungen sprachen oder Versammlungen besuchten, »wo revolutionäre Predigten gehalten werden«. Die Führer des Amerikadeutschen Bunds und italienischer faschistischer Organisationen waren auch darunter und natürlich einheimische Rassisten, die Gruppen wie dem Ku-Klux-Klan angehörten. [171]
Hoover hatte seine Maßstäbe. Auf die Liste kamen Leute, die »gegen den American Way of Life waren«. [172]
Der Justizminister aber wünschte, dass sich das FBI auf Spione der Achsenmächte konzentrierte. Er glaubte nicht, dass die Zeit für einen Krieg gegen den Kommunismus in Amerika reif war.
»Hoover muss geargwöhnt haben, ich sei zu weich, insbesondere jetzt, da ein Krieg ausgebrochen war; zu weich gegenüber Kommunisten – so viele Liberale hatten noch nicht begriffen, worauf die Kommunisten aus waren«, schrieb Biddle. »Hoover […] war ganz bestimmt niemand, der sich mit Reflexionen oder philosophischen Erwägungen aufhielt. Edgar Hoover war vor allem ein Mann der
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