FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
sowjetischer Spione in Amerika erklärte er dem Präsidenten: »Sie sind schon da.«
Der Präsident legte Donovans Vereinbarung seinem militärischen Berater Admiral William D. Leahy zur Begutachtung vor. Keine gute Idee, befand Leahy und leitete sie flugs an die Stabschefs weiter. Sie sprachen mit Hoover, und dieser schritt zur Tat. Er werde auf keinen Fall zulassen, dass die Sowjets wenige Blocks vom Weißen Haus entfernt einen neuen Geheimdienststützpunkt einrichteten. Hoover vermutete – zu Recht –, dass Donovans OSS von den Sowjets infiltriert worden war und einer seiner Assistenten für Stalin spionierte.
Hoover unterstrich die Bedrohung in einem Memorandum an Justizminister Biddle, dem er die streng geheime Mitteilung machte, sowjetische Spione hätten es auf Donovans Organisation abgesehen. Biddle klärte den Präsidenten über die möglichen Folgen auf. Erstens müssten sich die sowjetischen Agenten gemäß dem Foreign Agents Registration Act registrieren, also auf Formularen ihre Identität preisgeben. Zweitens handle es sich bei diesen Formularen um Dokumente, die an die Öffentlichkeit gelangen könnten; das Bekanntwerden dieses Arrangements könne politische Konsequenzen haben. Und drittens versuchten die Sowjets, wie Hoover ihn gewarnt hatte, die größten Geheimnisse der US-Regierung zu stehlen. Admiral Leahy teilte Donovan offiziell mit, das Abkommen sei gestorben. Wild Bill hatte eine wichtige Schlacht verloren.
Hoover erwog nun, die Kontrolle über den amerikanischen Nachrichtendienst an sich zu bringen, sobald der Krieg vorbei war. Er sah sich als den Oberbefehlshaber des Antikommunismus in Amerika. Das FBI würde in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Militär die Nation schützen, während sie ihren Einflussbereich in aller Welt ausdehnte.
Hoover befehligte nun 4886 Special Agents, denen 8305 Mitarbeiter zur Seite standen; seine Mannschaft hatte sich seit 1940 verfünffacht, und sein Budget war dreimal so hoch wie vor dem Krieg. Das FBI setzte über 80 Prozent seines Geldes und seiner Leute für die nationale Sicherheit ein. Es war nun bei weitem die stärkste Kraft in Amerika, die sich dem Kampf gegen die kommunistische Bedrohung verschrieben hatte.
Im Dezember 1944 hatten Hoover und das FBI diese Bedrohung als eine internationale Verschwörung definiert, bei der der sowjetische Nachrichtendienst mit der Kommunistischen Partei Amerikas zusammenarbeitete, um die US-Regierung zu infiltrieren und die Geheimnisse ihrer Kriegsindustrie zu stehlen. Das FBI kooperierte bereits eng mit britischen Nachrichtendienst- und Sicherheitsoffizieren in London. Während die Nazis auf dem Rückzug waren, schufen sich FBI-Agenten Stützpunkte in Moskau, Stockholm, Madrid, Lissabon, Rom und Paris. Ein Büro für den Rechtsattaché des FBI wurde in den US-Botschaften in England, Frankreich, Spanien und Kanada zur festen Einrichtung. Hoovers Leute untersuchten die Spionagegefahr in den Chiffrierabteilungen der Botschaften in England, Schweden, Spanien und Portugal. In Russland gingen sie der heiklen Frage nach, ob das Sowjetregime etwa einen Teil der US-amerikanischen Lend-Lease-Hilfe von 11 Milliarden Dollar darauf verwendete, amerikanische Militärgeheimnisse zu stehlen. In Ottawa arbeiteten FBI-Leute in Kooperation mit der Royal Canadian Mounted Police. FBI-Attachés und ihre neuen Freunde unter lateinamerikanischen Polizeichefs und Politikern schufen ein internationales Netzwerk für den Krieg gegen den Kommunismus.
Wie Hoover es ausdrückte, »sollte das System, das in der westlichen Hemisphäre so gut funktioniert hat, auf die ganze Welt ausgeweitet werden«. [175] Wenn sich Hoover für einen weltweiten FBI-Dienst stark machte, mussten die Schwierigkeiten des SIS unter den Tisch fallen. Über die Probleme des SIS sah man großzügig hinweg. Nur seine Erfolge durften nach Washington gelangen.
Unterdessen stieß das FBI auf weitere Puzzleteilchen des riesigen Spionagenetzes, das die Sowjetunion aufgebaut hatte. Am 29. September drangen FBI-Agenten unbefugt in die New Yorker Wohnung eines Mannes mittleren Alters ein. Er arbeitete für eine Plattenfirma, die kommunistisches Liedgut vertrieb, hieß Arthur Alexandrovich Adams und hatte Maschinenbau studiert. Vermutlich war der Ingenieur in den 1920er Jahren in die Vereinigten Staaten gekommen, und möglicherweise war er der erste echte sowjetische Undercover-Agent in Amerika. Jedenfalls war er der erste, den das FBI je enttarnt hatte.
Der
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