FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
sich auf den Verteiler für Dokumente setzen zu lassen, die die Arbeit seiner Abteilung gar nicht unmittelbar betrafen. Weisband hatte einen großen Freundeskreis. […] Auf seiner Hochzeit, die er nach dem Krieg feierte, war alles versammelt, was in der Fernmeldeaufklärung Rang und Namen hatte.« Auch seine Frau arbeitete in Arlington Hall. [250]
Von Februar 1948 an schickte er jede Menge Informationen über Venona nach Moskau. Wenig später änderte Moskau seine Codes. Die Sowjets setzten »eine Reihe von Abwehrmaßnahmen in Gang, die eine beträchtliche Verringerung der Effizienz des amer. Dechiffrierdienstes zur Folge hatten«, heißt es in seiner KGB-Akte. Sechs Wochen, bevor die Sowjets ihre erste Atombombe testeten, berichtete Weisband, dass der amerikanische Geheimdienst »unsere verschlüsselten Telegramme plötzlich nicht mehr lesen« konnte.
In der Geheimgeschichte der Nationalen Sicherheitsbehörde wird diese Geschichte aufgegriffen. »Das FBI reimte sich langsam zusammen«, warum es bei Venona plötzlich zappenduster war. [251] 1950 erfuhr das Bureau »völlig entgeistert, dass Weisband in Arlington Hall beschäftigt war«: als Sektionschef für die sowjetischen Telegramme. Er wurde verhaftet, sagte aber kein Wort. Er kam wegen Missachtung des Gerichts für ein Jahr ins Gefängnis, nachdem er sich geweigert hatte, vor einem Bundesgeschworenengericht auszusagen. Sechzehn Jahr lang, bis zu seinem Tod, verkaufte er im Großraum Washington Autos und verdingte sich als Hausmeister.
Diese Infiltrierung brachte das Venona-Projekt in Stocken. In den folgenden 30 Jahren konnten die Vereinigten Staaten die geheimsten Botschaften der Sowjets nicht mehr lesen. Sie blieben auf die Vergangenheit fixiert und konnten nur versuchen, alte Telegramme aus den 1940er Jahren zu dechiffrieren.
Das FBI fand nie heraus, was Weisband den Sowjets verraten hatte. In der Geschichte der NSA heißt es abschließend: »Sein Fall hatte in der Branche eine gewisse Paranoia zur Folge.«
Diese Paranoia machte dem FBI zu schaffen. Hoover bestand auf der Schaffung und Kontrolle eines eigenen geheimen Kommunikationssystems. »Mr Hoover traute niemandem«, sagte Ronald M. Furgerson, ein führender Kryptologe beim FBI. »Er befürchtete, dass die Nationale Sicherheitsbehörde, die das Equipment für sämtliche Verschlüsselungen herstellte, unterwandert worden sein könnte.« [252]
Weisband war in das System der amerikanischen Aufklärung eingedrungen – von unten her und bis hinauf nach Washington. Jetzt kam ein anderer sowjetischer Spion in die amerikanische Hauptstadt und durchdrang dieses System von oben nach unten.
Hoover war von Anfang an überzeugt gewesen, dass sowjetische Spione mit der CIA leichtes Spiel haben würden. Im Oktober 1949 kam ein neuer weltmännischer und redegewandter Vertreter des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 nach Washington, der schon bald Hoovers Befürchtungen wahrmachen sollte.
Kim Philby stellte sich bei der CIA und im Pentagon vor und wurde in deren geheimste Operationen eingeweiht. Er erfuhr von den Plänen der CIA, russische und osteuropäische Einwanderer und Flüchtlinge als Spione, Saboteure und Stoßtrupps gegen die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten hinter dem Eisernen Vorhang einzusetzen. Sein Wissen vereitelte diese Operationen und führte zum Tod oder zur Verhaftung der von der CIA rekrutierten ausländischen Agenten. Er erfuhr alles über die Spionageabwehr des FBI und der Briten im Rahmen des Venona-Projekts. Dank seiner Berichte war der KGB darüber auf dem Laufenden, dass die Amerikaner sich anschickten, das sowjetische Codierungssystem zu knacken, dass Klaus Fuchs enttarnt und die amerikanischen Mitarbeiter des Atomspionagerings gefährdet waren.
Philby bewegte sich frei und ungehindert in den Korridoren des Pentagon, das sich vom Selbstmord des Verteidigungsministers James Forrestal sechs Monate zuvor immer noch nicht erholt hatte. Forrestal hatte sich nach einem psychischen Zusammenbruch im Marinekrankenhaus von Bethesda aus dem Fenster gestürzt. Er war Hoovers engster Verbündeter in der US-Regierung gewesen. Sein Tod trug bei zu Hoovers wachsender Verzweiflung über den amerikanischen Nachrichtendienst und dessen Fähigkeit, der wachsenden sowjetischen Bedrohung zu begegnen.
Während Philby anfing, die streng gehüteten Geheimnisse Amerikas abzuschöpfen, trug Hoover ein Nachhutgefecht gegen den künftigen CIA-Direktor Allen Dulles aus. Dulles, nach wie
Weitere Kostenlose Bücher