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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Existenz der Mitschnitte von Gesprächen zwischen Coplon und ihrem Anwalt und damit eine weitere geheime Ebene des FBI offengelegt. Der Special Agent, der im ersten Prozess gelogen hatte, gab jetzt zu, dass er die Abhörprotokolle zum Fall Coplon verbrannt hatte. Coplon wurde zwar verurteilt, aber das Urteil wurde gekippt.
    Richter Learned Hand, der in Coplons Berufungsverfahren den Vorsitz führte, hob die Haftstrafe von 25 Jahren auf. Er erteilte Hoover und dem FBI eine öffentliche Rüge – ein seltenes Ereignis in der amerikanischen Rechtsgeschichte. Laut Bob Lamphere vom FBI, der die Ermittlungen führte, war Hoover »mit nichts von dem, was in der ganzen Coplon-Affäre passierte«, zufrieden, »insbesondere nicht mit der Aufhebung des Urteils«. [244]   Der Richter erinnerte das FBI daran, dass das vom Obersten Gerichtshof ausgesprochene Verbot der Telefonüberwachung in diesem Land immer noch Gesetzeskraft hatte. Es basiere auf »umfassenden Erwägungen zur Moral und zum Allgemeinwohl«. Die Verhaftung ohne richterliche Anordnung sei illegal gewesen, die aus einer illegalen Verhaftung gewonnenen Beweise nicht zulässig – »eine Frucht des vergifteten Baumes«. Richter Hand schrieb weiter, die Verteidigung müsse das Recht haben, den »vertraulichen Informanten« des FBI zu identifizieren. Diese Quelle war natürlich Venona, das am strengsten gehütete Geheimnis des amerikanischen Geheimdienstes.
    Das FBI war erneut bei einem Rechtsbruch ertappt worden. Zum ersten Mal seit den großen Verhaftungswellen des Jahres 1920 stellten Juristen, Wissenschaftler und Journalisten Hoovers Machtbefugnisse offen in Frage. Allerdings herrschte die fast einhellige Ansicht, das FBI müsse die Möglichkeit haben, bei seinen Ermittlungen gegen Hochverrat, Spionage und Sabotage Abhöraktionen durchzuführen. Abgehörte Telefonate würden selbstverständlich helfen, Spione zu fassen. Gleichermaßen hilfreich war es, Briefe zu öffnen, Wohnungen und Büroräume zu durchsuchen, Dokumente zu stehlen und Wanzen zu installieren, ohne richterliche Anordnung. All diese Maßnahmen gehörten zum Standardrepertoire des FBI – und sie waren illegal. Selbst auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs betrachtete eine freie Gesellschaft eine Geheimpolizei voller Skepsis.
    »Deshalb weiß auch Russland Bescheid«
    Hoover verstärkte den Druck auf seine Agenten, in die Geheimnisse der sowjetischen Spionage einzudringen. Der KGB hatte in den amerikanischen und britischen Nachrichtendiensten gut platzierte Agenten, und er hatte die Menschenjagd kommen sehen.
    Die amerikanischen Spionagejäger tauschten sich regelmäßig mit Peter Dwyer aus, dem Verbindungsmann des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 in Washington. Im August 1949 übermittelte Dwyer seinen Vorgesetzten in London den Inhalt einiger brandneuer Dechiffrierergebnisse des Venona-Projekts vom FBI.
    Hierzu gehörte ein fünf Jahre altes sowjetisches Telegramm mit einem wörtlichen Zitat des eingebürgerten Briten und führenden Atomwissenschaftlers Klaus Fuchs, der am Manhattan-Projekt mitgearbeitet hatte. Es belegte, dass Fuchs in Los Alamos als sowjetischer Agent tätig gewesen war, während die Amerikaner die Bombe perfektionierten. Der theoretische Physiker war als überzeugter Kommunist aus Hitlerdeutschland geflohen. Und er war die beste Quelle des sowjetischen Geheimdienstes zur Atombombe und zur Wasserstoffbombe mit ihrem noch weit größeren Zerstörungspotential. »In Kenntnis gesetzt von den Beweisen gegen Dr. Fuchs«, versuchten die Briten am 7. September 1949 zu entscheiden, wie sie den Spion verhaften und verurteilen konnten, ohne Venona als Quelle preiszugeben. [245]  
    Am 20. September veröffentlichte die CIA einen Bericht, dem zufolge die Sowjets voraussichtlich weitere vier Jahre lang nicht in der Lage sein würden, eine Atomwaffe zu bauen. Drei Tage später verkündete Präsident Truman der Weltöffentlichkeit, dass Stalin die Bombe hatte. Amerikanische Flugzeuge hatten den radioaktiven Niederschlag der geheimen sowjetischen Atomtests gemessen. Das Gleichgewicht des Schreckens verschob sich.
    Hoover schickte seine Agenten im ganzen Land aus, um die Wissenschaftler zu vernehmen, die mit Fuchs zusammengearbeitet hatten. Die Amerikaner drängten die Briten, Fuchs strafrechtlich zu verfolgen. Am 31. Januar 1950 legte er nach wochenlangen intensiven Verhören in London ein Geständnis ab. Fast zur selben Stunde gab Harry Truman öffentlich bekannt, Amerika wolle die

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