Feenland
erklärt Ray.
»Bei deiner Treffkunst ein absolutes Muß«, spottet
Katrina.
»Sie schießt dem Schwein den Kopf ab«, sagt Ray zu
Alex. »Wir bluten es aus, damit sie es tragen kann. Das hat doch
nichts mit Jagd zu tun. Wir Elfen hetzen das Wild und trinken sein
Blut, bis es erschöpft zusammenbricht. So macht Jagen
Spaß. Menschen jagen ist am schönsten, aber ich verrate
dir nicht, wie das geht. Vielleicht bist du eines Tages meine
Beute.«
»Beiß dich in die Zunge und verblute!« rät
Katrina dem Elf.
»Keine Sorge, ich töte dich noch schnell, bevor es dazu
kommt«, sagt Ray. »Aber dir wird nichts geschehen, dicker
Mensch. Dein Blut schmeckt nach Essig und Pisse, und keiner will es
trinken.«
»Vielleicht bleibt dir gar keine andere Wahl«, meint
Alex.
»Ich weiß. Mein Rat – viel Zucker essen, damit es
süßer schmeckt.«
Der kleine Scherz kann Rays tiefes Unbehagen nicht verbergen. Feen
trinken beim Sex das Blut ihres Partners, wenn sie Fembotstämme
austauschen, oder nach dem Kampf, zum Zeichen ihres Triumphes
über den Gegner. Er hätte bei einem Sieg keine andere Wahl,
als das Blut von Alex zu trinken, aber schon der Gedanke an diese
Perversion bereitet ihm Ekel.
Mistress Powell richtet sich auf und sagt: »Sie müssen
uns unbedingt bekanntmachen, Mister Sharkey.«
»Oh, natürlich, Mistress Powell. Darf ich Ihnen Erste
Strahlen der Neu Aufgehenden Sonne vorstellen? Ray, leg die Knarre
weg und gib Mistress Powell die Hand! Sie hat später vermutlich
eine Menge Fragen an dich – wenn die Zeit dazu bleibt.«
»Was mir fraglich erscheint«, wirft Katrina ein.
Alex wendet sich an den Elf. »Dann werden sie uns also
holen?«
Ray grinst. Er genießt die Situation. »Vielleicht bald.
Vielleicht nicht.«
Katrina hat damit begonnen, das Ferkel bratfertig zu machen. Alex
wendet sich an Mistress Powell: »Wir sollten Feuerholz
sammeln.«
Sobald sie weit genug gegangen sind, daß Ray mit seinen
scharfen Ohren sie nicht mehr hören kann, fügt er hinzu:
»Ray ist ein wenig anders als seine Artgenossen.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen«, sagt
Mistress Powell.
»Das war eine Warnung, keine Entschuldigung. Ray ist
unberechenbar. Ein kleines Arschloch mit einem gewaltigen Ego, das
sich einbildet, der coolste freie Agent weit und breit zu sein. Er
hat sich böse die Finger verbrannt, als er versuchte, die Seiten
zu wechseln, und nun ist er fest entschlossen, diese Demütigung
auszulöschen. Wir respektieren seine Eitelkeit, und deshalb
hilft er uns, aber andere wilde Feen sind nicht so menschlich wie er.
Versetzen Sie niemals einen von ihnen in Zorn! Wenn Ray davon redet,
Menschen zu töten, ist das schätzungsweise nicht viel mehr
als heiße Luft. Andere Elfen würden das jedoch eiskalt
tun, wenn sie das Gefühl hätten, in ihrer Ehre
gekränkt zu werden. Die Ehre spielt eine große Rolle bei
den wilden Feen. Es dauerte lange, bis sie mir gegenüber
zugaben, daß es so ist. Sie brauchen das Gefühl, wichtiger
zu sein als wir Menschen.«
»Vielleicht sind sie es ja«, sagt Mistress Powell.
»Es wird bald dunkel, also sollten wir tatsächlich etwas
Holz sammeln. Es muß ein Opfer stattfinden. Das erfordert die
Höflichkeit. Und mit Höflichkeit kommt man immer noch am
weitesten.«
Sie sammeln Armevoll trockener, spröder Äste und
schichten sie in eine flache Kuhle, die Katrina mit ihrem Jagdmesser
ins Gras gekratzt hat. Ray bringt ein paar Zweige wilden Rosmarin.
Katrina legt sie in die Leibeshöhle des ausgenommenen
Stachelschweins, ehe sie das Tier mit einer dünnen Lehmschicht
umhüllt.
Sobald das Feuer gut brennt, beginnt die Lehmschicht um das Ferkel
zu springen. Kleine gelbe Fettsterne prasseln in die Flammen. Alex
sprüht einen ganzen Kanister Pheromone in den aufsteigenden
Rauch – nur um sicherzugehen. Der Bratenduft läßt
Alex das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er erzählt den anderen,
daß man in Italien Spanferkel mit Rosmarin Aristo nennt.
»Es wird zum Leichenschmaus serviert.«
»Rosmarin – das Kraut des ewigen Erinnerns«, sagt
Mistress Powell.
Sie sitzen am Feuer. Kleine gierige Insekten summen um ihre
Köpfe. Mistress Powell reicht ein Abwehr-Spray herum. Ray riecht
daran und niest, wie eine Katze. Während Alex schläfrig in
die Flammen starrt und an einem eklig süßen Kraftriegel
aus dem Notproviant kaut, beobachtet Katrina den dunklen Wald. Sie
ist total angespannt, auch wenn sie sich nach außen cool und
lässig gibt. Alex hütet sich, sie jetzt
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