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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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eine Begegnung, bei der
sie allerdings nicht persönlich anwesend war.«
    »Sie ist hier, wenn mich nicht alles täuscht. Um die
Wahrheit zu gestehen – wir haben im Moment eine kleine Krise.
Lokale Probleme mit ein paar früheren Angestellten.«
    »Wir wurden mit Waffengewalt hierhergebracht«, wirft
Spike ein. Er scheint sich am herablassenden Tonfall des Butlers zu
stören. Todd überlegt, ob das einer Art britischem
Klassenhaß entspringt.
    »Allerdings, das ist richtig, aber nun besteht keine
Notwendigkeit mehr für solche Dinge, da wir uns in einer gut
bewachten Sicherheitszone befinden.«
    »Ich glaube, Antoinette erwartet mich.« Inzwischen ist
Todd nur noch halb überzeugt, daß er in dem staubigen
kleinen Innenhof von Tirana mit Antoinette gesprochen hat.
    »Dann wird sie gewiß Kontakt zu Ihnen
aufnehmen.«
    Spike lacht los. »Der Typ ist eine echte Arschloch-Nummer. Wo
stammen Sie denn her, Mann? Ich möchte wetten, daß Sie
nicht mit dieser idiotisch abgehobenen Sprache auf die Welt gekommen
sind.«
    »Ich heiße Ralph.« Der Butler verneigt sich.
    Stufen führen am Ende der Terrasse zu einem Kiespfad
hinunter, der sich durch einen Kakteengarten mit indirekter
Beleuchtung schlängelt. Hohe Saguaros und walzenförmige
Mammalarien säumen den Weg. Todd tritt vorsichtig auf; er
spürt jeden Stein durch das dünne Material seiner
Seidensocken. Es ist hier deutlich wärmer als am Meer. Grillen
verweben ihren Insektencode mit der Stille der Nacht. Jenseits des
Kakteengartens klingt Partylärm auf, lautes Stimmengewirr,
unterlegt von dünner Popmusik.
    Ralph, der Butler, erklärt: »Dieser Teil der Anlage ist
für Gäste frei zugänglich. Vielleicht sollten Sie sich
politischer Fragen enthalten. Die Leute hier haben wenig Interesse
daran. Ansonsten hoffe ich, daß Sie die Party
genießen.«
    »Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen!«
erklärt Spike grinsend.
    Er schlendert los, die Kamera-Drohne auf der Schulter, und
verschwindet in der Menge. Die meisten der anwesenden Männer und
Frauen tragen die bunten Klecksmuster, die dieses Jahr in Mode sind,
ein grelles Gewirr ständig wechselnder Rot-, Grün- und
Goldtöne, das an den angestrengten Versuch erinnert, die
Probleme des Vierfarbendrucks zu lösen. Die meisten Leute sind
noch älter als der Butler.
    Spike kommt zurück und drückt Todd einen erotisch
geformten Behälter Asahi-Bier in die Hand. Todd nimmt einen
Schluck von dem eiskalten, schwach nach Himbeere schmeckenden Zeug
und sieht sich um. Der kultivierte, silberhaarige Butler und der
Kindsoldat sind verschwunden.
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich nicht
richtig ticke«, sagt Todd zu Spike. »Vielleicht sollten wir
das hier in den Kasten holen, sonst glaubt man uns später kein
Wort. Mann, wir befinden uns angeblich mitten in der neutralen
Zone!«
    »Das wäre unhöflich«, widerspricht Spike.
»Es ist so eine stilvolle Party. Da drüben gibt’s was
zu essen.«
    Sushi, gelber, roter und schwarzer Kaviar sowie große
Fächer mit Räucherlachs sind auf einem Bett aus
zerstoßenem Eis um die schmelzende Skulptur eines auf der
Schwanzflosse stehenden Fisches angerichtet. Während Spike sich
mit Kaviar vollstopft, beobachtet Todd die Menge, die langsam um sich
selbst kreist. Es sind die Babyboomer, die Fossilien, die dank
Fembot-Therapien, Hormonersatz und Mikrochirurgie nur halb so alt
erscheinen, als sie wirklich sind. Todd sieht eine Frau, die ihm vage
bekannt vorkommt – aus einem Werbespot oder so. Ein
hochgewachsener weißhaariger Mann im Dinnerjacket eskortiert
sie durch die Menge; sie selbst trägt eine Art Kaftan, und in
ihrem aufgetürmten kohlschwarzen Haar stecken bunte
Leuchtnadeln. Auf der anderen Seite der Terrasse stehen große
Bildschirme, die ständig die Satellitenkanäle durchzappen,
flackernde, wirre Fünfsekunden-Impressionen. Puppen in
pfirsichfarbenen Seiden-Uniformen gehen herum und bieten
Getränke an; eine von ihnen hat einen haarlosen,
amboßförmigen Kopf, und weiße Pulverreihen laufen
über den abgeflachten blauen Skalp. Hin und wieder beugt sich
jemand zu ihr herunter und zieht sich eine Linie rein. Spike
überlegt laut, ob sie die Puppe so gezüchtet oder zu einem
chirurgischen Eingriff gezwungen haben.
    »Das ist Wahnsinn, Spike«, sagt Todd. »Echter
Wahnsinn!«
    »Probier mal den Kaviar da! So was Gutes kriegst du so
schnell nicht wieder.«
    Todd nimmt mit dem Daumen ein Häufchen der weichen
Körner auf. Das Zeug schmeckt wirklich gut. »Ich mische
mich

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