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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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hütet sich davor, Fragen zu stellen.
    Hinter ihm sagt eine Jungmädchen-Stimme: »Wir haben uns
bereits kennengelernt.« Alex dreht sich mühsam in seinem
Käfig um, erfaßt von einem Gemisch aus Hoffnung und
Verzweiflung.
    Milena, ist sein erster Gedanke.
    Aber die Stimme klingt viel zu jung.
    Er muß zweimal hinschauen, um sich zu vergewissern, denn er
hat damit gerechnet, seine alte Liebe endlich wiederzusehen. Aber sie
ist es nicht. Er würde sie immer und überall erkennen, in
jeder Maske und Verkleidung, egal, wie sehr sie sich verändert
hätte.
    Und dann tritt ein zweites kleines Mädchen hinter dem ersten
hervor. Alex hat die beiden bereits vergangene Nacht gesehen und sie
für einen Fiebertraum gehalten. Eineiige Zwillinge. Beide tragen
abgeschnittene Tarnanzüge. Obwohl beide blauhäutig und
völlig kahl sind, besitzen sie eine verblüffende
Ähnlichkeit mit Milena – ihre lässige Haltung mit den
in die Hüften gestemmten Armen fügt sich nahtlos in die
lebhaften Bilder, die sehnsüchtigen Erinnerungen an das geniale,
verrückte kleine Mädchen, das sein Leben an sich gerissen
und dann weggeworfen hat, das eine bis heute nicht geschlossene
Lücke in seinem Gedächtnis hinterließ, das
weiße Zimmer, in dem ihm etwas Seltsames und Wunderbares und
Schreckliches widerfuhr. Ihm kommt zu Bewußtsein, daß
diese kleinen Zwillingsmädchen nicht viel jünger sind, als
Milena damals war. Es sind die kleinen Mädchen aus dem Magic
Kingdom.
    Die Zwillinge mustern Alex mit einer hinterhältigen Mischung
aus Spott und Verachtung. Das Blau auf ihren Gesichtern ist eine Art
Fettschminke.
    »Du hast dabei geholfen…«
    »… unsere Brutstätte zu
zerstören…«
    »… unser Nest kaputtzumachen!«
    Die beiden lachen. Es ist kein angenehmer Laut.
    »Ich hatte euch eigentlich im Umfeld des Kinder-Kreuzzugs
vermutet.«
    Alex versucht ruhig zu bleiben. Endlich ist es soweit. Wenn er
jetzt die Nerven verliert, setzt er alles aufs Spiel.
    »O, der Zug ist unterwegs…«
    »… und in unserer Nähe…«
    »… näher als du denkst!«
    »Er löst sich bereits auf«, sagt Alex. »Die
ersten Splittergruppen entstehen. Das ist bei jeder Bewegung so
– selbst wenn sie durch Feen-Viren zusammengehalten
wird.«
    Die Zwillinge lächeln plötzlich, verschlagen,
spöttisch und wissend – und dann ist das doppelte
Lächeln wie weggewischt.
    »Du glaubst, die Veränderungen sind
schlecht…«
    »… böse und schlecht. Du täuscht
dich…«
    »… du täuscht dich gewaltig!«
    »Ihr seid wütend über den Zusammenbruch des Magic
Kingdom. Das kann ich verstehen.«
    Die Zwillinge in ihren viel zu großen Jacken zucken die
Achseln. Wie alt sind sie? Acht? Neun? Sicher nicht älter.
Milena muß das Wunder der Parthogenese sehr schnell vollbracht
haben, gleich nachdem sie mit ihrer ersten Fee geflohen war. Und sie
sind so weit gekommen! Die Erinnerungen lasten schwer auf Alex.
    Die Zwillinge sagen: »O, das Magic Kingdom hat Spaß
gemacht…«
    »… hat eine Weile Spaß gemacht…«
    »… aber wir wußten, daß es nicht von Dauer
sein würde. Es war eine exponentielle Sache…«
    »… die wuchs und wuchs. Die Menschen
ringsum…«
    »… all jene, die scharf auf unsere kleinen Spielereien
waren…«
    »… sie wurden zu gierig.«
    »Wißt ihr, weshalb ich hier bin?« wirft Alex
dazwischen.
    »Du bist ganz allein in deinem Käfig,
Alex…«
    »… so heißt du doch, oder?…«
    »… aber wir bringen dir die Köpfe deiner Freunde,
einen nach dem anderen…«
    »…einen nach dem anderen. Wir spießen sie auf
Pfähle…«
    »… auf Pfähle rund um deinen
Käfig…«
    »… und füttern dich mit Manna aus dem Feenland.
Dann kannst du mit ihnen reden…«
    »… du kannst mit ihnen reden, aber es wird dir nicht
gefallen, was sie sagen. Die Toten lügen nicht…«
    »… und sie werden mausetot sein.«
    »Ich kann euch helfen.«
    »Oh, du wirst uns helfen…«
    »… du und die Frau, wenn wir sie
erwischen…«
    »… Katrina nennt sie sich…«
    »… Katrina, aber ihr wahrer Name ist
Dania…«
    »… Dania Hässig. Du hattest keine
Ahnung…«
    »…wir wußten es…«
    »… aber er wußte es nicht!«
    »Namen sind nicht so wichtig. Wo ist Milena?«
    »Namen sind wichtig, Alex – Mister Alex. Wir
müssen wissen, wer ein Mann oder eine Frau ist…«
    »… wir müssen ihre Namen kennen…«
    »… bevor wir sie töten können.«
    Die kleinen, blaugeschminkten Mädchen sagen das mit
erschreckender Nüchternheit. Eine der beiden setzt

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