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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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heiter hinzu:
»Was hältst du von unserem König?«
    »Er ist interessant. Auf alle Fälle komplexer als der
Werwolf.«
    »Mister Mike hatte seine
Verwendungsmöglichkeiten…«
    »… aber unser König bietet mehr.«
    »Er scheint eindrucksvolle Kapazitäten zu besitzen. Ich
hoffe, ihr nutzt sie nicht bis an die Grenzen.«
    »Seine Zeit wird kommen…«
    »… weil wir Pläne haben…«
    »… Pläne mit ihm haben.«
    »Wo ist Milena? Oder wie immer sie sich heute
nennt…«
    »Sie hat sich eingemischt«, sagen die Zwillinge im
Duett. Ihre Entrüstung klingt echt. »Sie hat uns
verlassen…«
    »… völlig allein gelassen…«
    »… und dann kam sie wieder, um sich einzumischen. Aber
wir haben…«
    »… haben jetzt andere Freunde…«
    »… Freunde, die uns Geschenke machen.«
    Die Zwillinge wenden sich ab und gehen. »Hütet euch vor
trojanischen Geschenken!« ruft ihnen Alex nach, aber sie drehen
sich nicht um. Der gehörnte Mann folgt ihnen in die Tiefe des
Waldes.
    Lange Zeit bleibt Alex allein.
    Allmählich wird es heller. Die Sonne durchdringt die
Baumkronen; die heiße, stickige Luft ist erfüllt von
Harzgeruch. Alex gibt es bald auf, die Fliegen zu verscheuchen, die
von seinem Schweiß angelockt werden. Der Käfig ist eng. Er
dreht sich mühsam um, verlagert das Gewicht erst auf das eine
und dann auf das andere Bein. Feen kommen und gehen. Eine bringt die
Wölfe weg. Eine andere gießt einen Eimer Wasser über
den Käfig. Alex wringt sein nasses Hemd aus und trinkt die
Flüssigkeit, aber schon bald hat er wieder Durst. Die Angst und
der Hunger wirken sich nachteilig auf seine Verdauung aus – es
kann nicht mehr lange dauern, bis sich sein Darm von selbst
entleert.
    Irgendwann kommt Alex zu Bewußtsein, daß ihn jemand
beobachtet. Der Mann ist ganz in Schwarz gekleidet. Die Spitzen
seiner blankgewichsten Stiefel sind so übertrieben lang und
aufgebogen, daß er sie mit Ketten um die Knöchel in Form
halten muß. Als er sieht, daß Alex ihn bemerkt hat, kommt
er herübergeschlendert. Er ist groß und hager, und das
Gesicht unter der wirren, schmutzigblonden Mähne verrät
eine ungesunde Blässe. Er trägt eine Spiegelbrille mit
kleinen runden Gläsern – die Sorte, die auf Wunsch die
Sicht mit Marsdünen oder Korallengrotten überlagert. Er
wählt einen sicheren Abstand vom Käfig, kauert sich auf die
Fersen und fragt Alex, wie er sich fühlt.
    »Nicht besonders. Können Sie mich rauslassen?«
    Die Frage scheint den Mann zu amüsieren. »Das ist gut.
He, das ist echt gut.«
    Alex fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Er hat
einen höllischen Durst, aber als er um Wasser bittet,
schüttelt der Mann nur den Kopf.
    »Ich wollte, ich könnte Ihnen helfen. Aber ich darf
nicht in den Prozeß eingreifen.«
    »Ich kam her, um Milena zu treffen.«
    Der Fremde zuckt die Achseln.
    »Die Mutter der kleinen Mädchen.«
    »Die haben eine Mutter? Kaum zu glauben.«
    Der Mann sagt das zu lässig. Er weiß Bescheid. Er ist
ein Web-Cowboy, daran gibt es keinen Zweifel, und Alex kennt nur
einen Grund, der den Fremden in diese Wildnis gelockt haben
könnte.
    »Gehören Sie zu Glass?« fragt Alex. »Wann ist
der zu den Feen übergelaufen?«
    »Niemals. Er wurde verraten. Sein Geist wurde getrübt,
sein Denken umgedreht. Aber letztlich spielt das keine Rolle mehr. Er
ist jetzt jenseits von Gut und Böse. Er steht nicht mehr auf der
einen oder anderen Seite. Da, wo er sich befindet, hat das
keine Bedeutung.«
    »Glauben Sie mir, da, wo ich mich befinde, hat es große
Bedeutung. Können Sie mich zu ihm bringen?«
    »Keine Chance, Mann. Sehen Sie, wir befinden uns noch hier
auf dieser Welt, aber für Glass ist das alles vorbei – die
Natur, die Evolution der Materie. Ende. In den letzten fünfzig
Jahren sind mehr Arten ausgestorben als damals bei diesem
Kometen-Zusammenstoß, der die Dinosaurier vernichtete. Es gibt
keinen Fleck auf der Erde, den wir nicht betreten haben. Es gibt
keine Natur mehr. Diese Grenze haben wir überschritten. Nun
kommt die nächste Stufe.«
    »Sagt das Glass?«
    »Das sage ich!«
    »Ein ziemlicher Schwachsinn.«
    Der Mann nickt feierlich. »Sie haben immer noch einen Sinn
für Humor. Das ist gut. Sie werden ihn brauchen.«
    Alex geht nicht darauf ein. »Wenn Glass nicht verfügbar
ist, kann ich dann vielleicht mit Milena sprechen?«
    Der Mann legt den Zeigefinger auf die Lippen. Er trägt einen
Ring mit einem silbernen Schädel, aus dessen Augenhöhlen
kleine Rubine leuchten. »Seien Sie

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