Feenring (German Edition)
kontrollieren.« Sie klopfte auf den Obelisken. »Wenn es dir zu gering vorkommt, führst du einfach neue Energie aus der Linie hinzu.«
Damit marschierte die Gruppe wieder auf, wobei sich die Frauen auf ihre Besen stützten wie auf Spazierstöcke mit wackeligen Spitzen, und näherte sich geschlossen meiner Veranda. Ich griff sachte nach Xerxadreas altersfleckigem Arm und hielt sie zurück. »Ich muss dir etwas sagen, aber es muss unter uns bleiben.«
»Wie du willst.«
Derweil kam Johnny in unsere Richtung gelaufen. Der Gedanke, dass ich es ihm hätte sagen müssen, bevor ich Xerxadrea unterrichtete, versetzte mir einen Stich. »Vor einigen Wochen hat Menessos mich gezeichnet. Danach … « Wir würden den ganzen Vormittag hier herumstehen, wenn ich ihr die Details mitteilte, also entschied ich mich für die Kurzfassung. »Ich hab’s umgedreht.«
»Du hast ein Stigma in einen Fluch verwandelt?« »Stigma« stand umgangssprachlich für das Mal eines Vampirs, während das Zeichen einer Hexe auch als »Fluch« bekannt war.
Ich schluckte. »Ja.«
»Sie hat dich geprüft, und du hast bestanden.« Mit »sie« meinte Xerxadrea die Göttin. »Etwas anderes hätte ich von der Lustrata auch nicht erwartet.« Ihre Mundwinkel hoben sich. Augenscheinlich war sie nicht überrascht.
»Hier meine Frage: Meine Schutzbanne haben ihn nicht aufgehalten. Wird euer neuer Zauber daran etwas ändern?«
»Ja und nein.«
Ich war nicht sicher, wie ich meine nächste Frage formulieren sollte.
»Komm schon, Persephone, komm schon, ich weiß, du hast weitere Fragen«, sagte sie.
»Können die an ihn gebundenen Feen ihr Band nutzen, um hier ebenfalls durchzukommen?«
»Durch deine früheren Schutzbanne, ja. Durch das … «, sie machte eine weit ausholende Geste, »… nein. Wir haben den Zauber mit Eisen und dunklem Bernstein speziell gegen Feen aufgeladen. Er kann sie nicht herholen. Das hätte er dir eigentlich sagen müssen.«
»Hat er auch … irgendwie, aber ich wollte sichergehen. Was ist mit der Leylinie?« Aquula war auf der Leylinie gereist, um mir im Hain zu erscheinen. »Was, wenn die anderen Feen die Linie reiten und hier auftauchen?«
»Das könnten sie. Wir können nicht verhindern, dass sie die Linie nutzen.« Ungeachtet ihrer Blindheit ließ Xerxadrea – die noch nie zuvor bei mir gewesen war – meinen Arm los und hielt abermals auf meine Veranda zu. Ihr zahmer Rabe sprang von ihrer Schulter und ließ sich krächzend auf dem Geländer nieder. Johnny hatte uns passiert und behielt uns von der Haustür aus im Auge.
»Gut. Was diesen Krieg angeht … « Ich wünschte mir Beratung und Beistand.
»Alles zu seiner Zeit.« Xerxadrea tätschelte meine Hand.
Da rief Vilna-Daluca: »Was gibt’s zum Frühstück?«
Bis zu ihrer Frage hatte ich ihre frühmorgendlichen Dienste noch nicht damit in Verbindung gebracht, dass ich ihre Gastgeberin war. Als Einzelgängerin hatte ich keinen Anlass, mich mit dem Knigge der Hexenzirkel vertraut zu machen. »Tja.« Ich warf einen besorgten, flehentlichen Blick zu Johnny. Der Wærwolf konnte auch dann noch ein Gelage ausrichten, wenn bei mir mal wieder Schmalhans Küchenmeister war.
»Ich kümmere mich darum«, sagte er und zwinkerte mir zu. Als sie die die Veranda betraten, hielt er ihnen die Tür auf. »Ich hoffe, Eier und Pfannkuchen sind genehm?«
Xerxadrea ließ vor den Treppenstufen ihren Hexennebel aufwallen, der für mich rasch zu ihrem Markenzeichen geworden war. Die Nebelwolke hüllte ihre untere Körperhälfte ein, worauf sie sich bedächtig und ruhig in die Lüfte erhob. Wenn Nana dazu fähig gewesen wäre, hätte ich mir weniger Sorgen um den Verschleiß ihrer Knie durchs Treppensteigen machen müssen.
»Ruya«, sprach Xerxadrea den Namen ihres Raben aus, »wird draußen warten.« Damit fügte sie ihren Besen der Sammlung neben der Tür zu.
Ich griff nach der offenen Tür, hielt aber inne, als ich auf dem Kies das Geräusch von Reifen vernahm und Lydias mit Matsch bespritzten Pick-up die Einfahrt heraufrollen sah. Sie war übergangsweise, während des Verschwindens der vormaligen Anführerin, die Hohepriesterin des Hexenzirkels Venefica gewesen. Wegen Lydia hatte ich am Eximium teilgenommen: Sie hatte mich für die Stellung der Priesterin vorgeschlagen. Der Göttin sei Dank hatte am Ende des Wettstreits Hunter Hopewell den Titel errungen und nicht ich. Abgesehen davon hatten dieses Haus und Grundstück früher Lydia gehört.
»Lydia ist da«, sagte
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