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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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überschlugen sich. Er konnte zwar nur Karin sehen, aber
wenn er Stimmen gehört hatte, musste auch Eickboom in dem Zimmer sein. Wo stand
er? Wie war die Raumaufteilung? Und wo, zum Teufel, kam dieser penetrante
Benzingeruch her?
    „Und was passiert jetzt?“, sagte Karin gerade.
    Er zog sich ein wenig von der Tür zurück und hörte deutlich die Stimme
von Eickboom. Als er behauptete, Chris würde ohne Polizei kommen, lief es ihm
kalt über den Rücken. Eickboom kannte ihn gut, viel zu gut …
    Als Eickboom von verkohlten Leichen sprach, nahm seine Stimme an
Schärfe zu. Karin dagegen schien dem Zusammenbruch nahe. Was auch immer
Eickboom vorhatte, es war höchste Zeit, dem Ganzen ein Ende zu machen.
    Als Karin „Verdammter Schweinehund“ sagte, nahm Chris das als sein
Stichwort, seinen Einsatz. Mit einem gewaltigen Tritt ließ er die Tür gegen die
Wand krachen, stürzte vor, die Pistole mit beiden Händen umklammert.
    Im ersten Schrecken taumelte Eickboom vor den Schreibtisch, einen
Benzinkanister fest unter den linken Arm geklemmt. Dann aber zog ein Lächeln
über sein Gesicht. Er öffnete kurz die rechte Faust und ließ Chris ein
Feuerzeug sehen, ein billiges, weißes Plastikding.
    „Tun Sie das nicht, Doktor Sprenger“, sagte er mit eisiger Stimme. „Wo
auch immer Sie mich treffen — die Zeit wird reichen, um das Papier zu
entzünden.“
    Chris sah ihn an, ließ ihn nicht den Bruchteil einer Sekunde aus den
Augen. Russisches Roulette, das war jetzt sein Spiel.
    „Das wagen Sie nicht!“, behauptete er und schwenkte die Pistole ein
paar Millimeter zu Seite. Wenn ein Schuss losging und den Kanister traf, konnte
sich Eickboom das Entzünden der Lunte sparen. Er zielte jetzt auf die Vitrine
neben dem Schreibtisch, sah Karin, die sich in der Scheibe spiegelte.
    „Wirklich nicht? Ich habe nichts mehr zu verlieren!“, behauptete
Eickboom, scheinbar ungerührt.
    Chris sah einen winzigen Moment lang Unsicherheit in seinen Augen
aufflackern, beinahe Angst. Und er spürte den Blick von Karin auf sich, fühlte,
dass dieser Blick eine Botschaft war. Aber er wagte nicht, sie direkt anzusehen.
Er behielt Eickboom im Auge — und die Vitrine halb dahinter. Karin wippte mit
dem rechten Fuß, kippelte unmerklich mit dem Stuhl nach hinten.
    Chris ahnte plötzlich, was sie vorhatte und erschrak trotzdem heftig,
als sie es eine Sekunde später tat. Alles geschah gleichzeitig. Karin, die sich
mit einem gellenden Schrei umfallen ließ, das Krachen des Schusses, der sich
aus der Pistole löste und die Vitrine traf, das splitternde Glas, das auf Karin
regnete. Eickboom war so schockiert, dass er einen Satz zur Seite machte,
stolperte. Er schlug mit dem Ellbogen vor die Kante eines Regals und ließ das
Feuerzeug fallen.
    Chris stürzte sich mit gesenktem Kopf auf ihn, kickte dabei das
Feuerzeug unter den Schreibtisch. Er traf Eickboom genau in der Magengrube. Der
klappte in der Mitte zusammen und stöhnte auf. Den verdammten Kanister aber
hielt er eisern fest. Dann knallte er seine geballte Faust in den Rücken von
Chris. Jäh blieb ihm die Luft weg, tanzten rote und schwarze Punkte vor seinen
Augen. Eickboom stieß ihn zur Seite, und taumelnd fiel er halb auf Karin, halb
in die Glasscherben.
    Eine Hand in den Magen gepresst, den Oberkörper weit nach vorn
gebeugt, wollte Eickboom an ihnen vorbei. Aber Karin stellte ihm ein Bein,
streckte sich einfach aus. Er fiel vornüber der Länge nach in den breiten Flur.
Benzin schwappte aus dem Kanister, über sein Hemd. Er rappelte sich wieder auf,
lief nach links den Gang hinunter.
    „Lass ihn nicht weg, Chris!“, rief Karin. „Lass das Schwein doch nicht
weg!“
    Chris hockte auf allen Vieren und schnappte nach Luft. Er war hin und
her gerissen zwischen Atemnot, schwarzen Punkten, Eickboom und Karin, deren
Hände immer noch fest mit dem Stuhl verbunden waren.
    Schwankend kam er hoch, wollte sich an ihren Fesseln zu schaffen
machen. Aber sie schrie ihn an: „Mach endlich! Hau ab!“
    Er kam vollends auf die Beine und rannte in den Gang. Eickboom
verschwand gerade um die Ecke in Richtung Treppe. Als Chris die Stufen
erreichte, war er ihm schon näher gekommen. Eickboom lief weiterhin zusammengekrümmt
und schien kaum Luft zu bekommen. Offenbar war er zudem orientierungslos, denn
unten rannte er nicht Richtung Ausgang, sondern in den hinteren Hallenbereich.
    Du hast den Solarplaxus getroffen, konstatierte Chris nüchtern. Bingo!
    Plötzlich hielt Eickboom vor einem breiten Regal

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