Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
Vom Netzwerk:
weil es weiter nördlich an der Heussallee gekracht hatte. Mauser hätte seinen Spaß gehabt, wenn sein großer Montagsaufmacher bei Lupus als Autokleinmacher wirksam geworden wäre.
    Dem Auffahrunheil entronnen versuchte dieser sich nun in seiner amtsbekannten Sangesfreude auf den zu erwartenden Bericht der Sonntagsornithologen Ahrens und Fräulein Kuhnert einzustimmen. Sein Repertoire, das allerdings über die ersten Zeilen der Strophen nur selten hinausging, war vom Ansatz her durchaus beachtlich: Die Vöglein im Walde… kommt ein Vogel geflogen… und ein Vogel wollte Hochzeit machen… Dann entflog eine weiße Möwe weit nach Helgoland, und alle Entchen schwammen auf dem See, Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh. Damit war, etwas makaber zwar, aber immerhin auf einer künstlerischen Ebene, die Verbindung zum Blauen See hergestellt.
    Im Präsidium wedelte Kriminalhauptkommissar Freiberg seinem Mitstreiter zur Begrüßung die Morgenzeitungen entgegen. »Hast du’s gelesen? Unser Mauser ist Gold wert. Seriös im Blatt für die der Ruhe verpflichteten Bürger die sanfte Headline: ›Fehltritt im Siebengebirge!‹«
    »Und«, wedelte Lupus zurück, »für die Männer auf dem Bau oder am Taxistand die Fanfare: ›Zerschmettert…‹ und so weiter… ›koppheister die Wand hinunter‹ und für die Sensiblen noch: ›Großvater und Enkel begegnen dem Tod.‹ Welche Musik in den Zeilen!«
    Freiberg analysierte weiter: »Den Verdacht eines Verbrechens hat er wirklich angenehm im Text verpackt, ohne die Kripo als unbedarfte Dummköpfe hinzustellen. Was wollen wir mehr?«
    »Den Täter«, stellte Lupus ohne seelische Verrenkungen fest, »wenn es die Tat gibt. – Was sagt die Rechtsmedizin?«
    »Vorläufig ein ›Sowohl-als-auch‹. Keine Gewißheit einer Fremdeinwirkung, aber auch kein Ausschluß. Todeszeit: die Nacht von Freitag auf Sonnabend oder Sonnabendmorgen.«
    »Das heißt?«
    »Wir ermitteln wegen Mordverdacht gegen Unbekannt. – Punktum.«
    »Ich habe am Sonnabend schon geahnt, daß mein Mehlpfötchen entstaubt werden muß. Du weißt, bei Mord werde ich fies. Ahrens und ich müssen mal wieder für ein paar Durchgänge in den Schießkeller.«
    Freiberg nickte. »Gut so. Wer brave Zöllner in den Steinbruch kippt, der wird auch keinen Respekt vor der körperlichen Integrität von Kripoleuten haben.«
    »Sehr schön akademisch formuliert. Ich möchte nur sicher sein, den Finger etwas schneller durchziehen zu können als so ein Totmacher, der anderen Leuten das Fell beschädigen will. Sonst liegt mir nichts an der Ballerei. – Aber wo bleibt unser Ahrens mit seiner Octopussy?«
    »Er gibt den Fotos den letzten Glanz, und sie hilft ihm dabei. Eine halbe Stunde noch, denke ich. Entschuldige bitte einen Moment, ich muß wissen, ob der truckende Bruder dieser goldhaarigen Venus zurück ist. O Lupus, was für ein Anblick im Swimmingpool! Wie die Monroe – am ganzen Körper blond. Ich war draußen bei Spedimpex – aber das erfährst du alles später noch ganz genau.«
    Das Telefongespräch kam in Sekunden zustande. Barbara Siemann war am anderen Ende der Leitung. Der Bürobetrieb lief bei ihr auf vollen Touren, wie die Hintergrundgeräusche erkennen ließen. Nichts mehr von dem lockeren Ton in der Pergola.
    Ja, der Bruder sei zurück, in der Frühe. – Zum Präsidium kommen? – Er dürfe doch wohl ausschlafen nach den Strapazen der Fahrt. – Gegen 11 Uhr? Gut, das werde möglich sein. – Nein, sie selbst habe keine weiteren Erkenntnisse gewonnen, und mit Marianne Richter habe sie am Wochenende keinen Kontakt gehabt. Kommissar Freiberg dankte und legte enttäuscht auf.
    »Na, die war aber zugeknöpft bis oben hin«, stellte Lupus fest. »Eurem Techtel am Pool hat wohl das richtige Mechtel gefehlt.« Bevor er sich weiteren Spekulationen hingeben konnte, stürmte Ahrens herein, gefolgt von Fräulein Kuhnert. Sie nahm sich nicht die Zeit, Tasche und Jacke an ihrem Arbeitsplatz im Vorzimmer abzulegen. Peters kam dazu.
    »Bilder jeder Art und Menge, Chef«, sprudelte Ahrens los.
    »Das war ein Sonntagsbetrieb auf dem Rheinhöhenweg!«
    »Und sogar in den Büschen war Bewegung«, kicherte die Kommissarin im Ehrenamt. »Mein krimineller Optiker Ahrens hätte fast Prügel bezogen, als ein Pärchen merkte, daß es fotografiert werden sollte.«
    »Chef, der Unfall muß sich herumgesprochen haben. Fast jeder Spaziergänger dort oben hat versucht, einen Blick in den Blauen See zu werfen. Manche sind geradezu

Weitere Kostenlose Bücher