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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gerichtet und nicht gegen Israel. Und dann hatte er ihnen einige tatsächliche und einige erfundene Operationen innerhalb Schwedens heruntergebetet, um freigelassen zu werden.
    Am Ende füllten sie ihn nochmals ab und setzten ihn in eine El Al-Maschine nach Kopenhagen. In seinem benebelten Zustand glaubte er eine Zeitlang tatsächlich, er sei davongekommen. Doch in Kopenhagen wartete die schwedische Polizei. Sie hatten per Telex schon die Vernehmungsprotokolle und die Berichte erhalten.
    Seine schwedischen Kollegen nahmen den Israelis alles ab und machten ihn ausschließlich zu einem Operateur gegen schwedische Interessen, und folglich hatte es nichts anderes geben können als lebenslange Haft. Außerdem stellten sie ihm einen jüdischen Anwalt, der von irgendwelchen Unregelmäßigkeiten in Israel nichts hören wollte, sondern statt dessen im Namen des Inhaftierten alles gestand, was den Kollegen von der Sicherheitspolizei weiterhalf. Und als er sich nach etwa einem halben Jahr so weit aufgerafft hatte, daß er begriff, aus welchen Gründen er das Urteil anfechten konnte, war der Anwalt zur Säpo gerannt und hatte ihm eingeprügelt, daß eine Berufung nur zu einer noch härteren Strafe führen würde. Außerdem drohte man damit, auch seine Frau zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe zu verurteilen, wenn er darauf beharrte, den Prozeß fortzusetzen. Und da hatte er resigniert, sich in die Gefängniszelle verkrochen und sogar versucht, sich das Leben zu nehmen. Der Rechtsstaat, den sie alle zu verteidigen behaupteten, sah ungefähr genauso aus wie das Propagandabild von der Sowjetunion. Für sie und diesen Rechtsstaat war er jedoch nicht verantwortlich.
    Er war Offizier des GRU, das war alles. Er war Offizier und Profi, und nur die Arbeit war sein Vaterland. Ohne Nachrichtendienste wäre die Welt im übrigen bedeutend unsicherer, und bei dieser Gleichung spielte es keine große Rolle, auf welcher Seite die Nachrichtenoffiziere oder Spione, wie sie von den Leuten meist genannt wurden, arbeiteten. Das glich sich alles aus.
    Er hatte noch mindestens fünfzehn Berufsjahre vor sich und würde von nun an in seinem Beruf sehr gut sein. Keinen Schnaps, keine Frauen, jedenfalls nicht in dem Ausmaß wie früher. Zwei seiner Kollegen waren sogar zur Säpo übergelaufen und hatten ihn als Spion angezeigt. Zum Glück arbeitete die andere Seite damals nach einer Theorie, die darauf hinauslief, daß die Sowjetunion erstens nicht mehr mit herkömmlichen Spionen operierte (so erklärte man die Tatsache, daß sowjetische Spione in Schweden nie gefaßt wurden), zweitens konnte Stig Sandström auch kein Spion sein, da er vielmehr ganz im Gegenteil Sicherheitsbeamter war, und drittens war es der internationale Terrorismus, unterstützt durch »Linksdemonstranten« und »Chaoten«, der die Hauptgefahr darstellte.
    Also. Ein neues Leben mit Ordnung und Disziplin und weniger Schnaps und weniger Frauen. Es war überdies mehr als wahrscheinlich, daß die Russen die weitere Zusammenarbeit von der Erfüllung dieser Bedingungen abhängig machen würden.
    Als das Schiff sich Nådendal näherte, stand er auf, rasierte sich und verstaute seine Toilettenartikel in seiner Pilotentasche. Er prüfte, ob er nichts vergessen hatte, und wischte alle Flächen ab, die er oder sie berührt haben konnte. Dann nahm er die beiden Taschen, ging die Treppen zum Autodeck hinunter, stellte ihre Tasche in den Kofferraum und seine auf den Rücksitz. Ihm war erstaunlich ruhig zumute, obwohl die Reise sich jetzt ihrem kritischsten Punkt näherte.
    Es war noch immer dunkel draußen, als die Wagen von der Fähre zu rollen begannen. Doch nichts sah danach aus, daß es in der Nähe aufmerksame Polizeibeamte gäbe. Außerdem gab es keine Zollkontrolle. Das Ganze ging fast besorgniserregend leicht.
    Er hielt auf dem Weg nach Helsinki alle Geschwindigkeitsbeschränkungen ein und unterbrach die Fahrt nur einmal, um Kaffee zu trinken und Ausschau nach möglichen Verfolgern zu halten.
    Als er sich Helsinki näherte, war er überzeugt, es zu schaffen. In einem Vorort außerhalb der Stadt verließ er die Autobahn, hielt an einer Straßenausbuchtung, nahm seine Tasche vom Rücksitz und wollte gerade den Wagen verlassen, als er an seine Fingerabdrücke im Wagen dachte. Aber in ein oder zwei Wochen würde man ohnehin den Wagen finden, und dann wäre der Zusammenhang klar.
    Mit dem rechten Mittelfinger stempelte er einen deutlichen Fingerabdruck auf das Armaturenbrett.
    Er lächelte in

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