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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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einhundert Meilen nordwestlich von Kap Ortegal, der äußersten Spitze Spaniens, angegeben. Beim weiteren Studium des schriftlichen Befehls hatte Bolitho keinerlei Bestätigung seiner eigenen Einschätzung und Deutung von Lequillers geheimem Plan gefunden.
    Wenn der französische Admiral beabsichtigte, einen spanischen Hafen anzulaufen und Perez bei einer dort organisierten Volkserhebung zu unterstützen, dann mußte gesichert sein, daß dieser Hafen dafür der geeignetste war, um den erforderlichen Widerhall bei der einheimischen Bevölkerung zu erzielen. Der Platz für das Treffen der Schiffe lag aber so weit weg von der Küste, daß von dort aus viele Häfen zur Auswahl standen, von La Coruna im Nordwesten bis Santander, nur knapp einhundert Meilen von der französischen Grenze entfernt.
    Pelham-Martin sagte plötzlich: »Sie haben sich also, insgesamt gesehen, geirrt, Bolitho. Sie kennen Lequillers Absichten immer noch nicht.«
    Bolitho sah ihn leidenschaftslos an. »Wir können ihn zum Handeln zwingen, wenn wir den Platz des Rendezvous rechtzeitig erreichen, Sir. Wir kennen seine Absicht, aber nicht das endgültige Reiseziel. Ich halte ersteres für wichtiger. Wenn wir ihn erwischen, bevor er Verbindung mit dem Land aufgenommen hat, werden wir seine Chancen völlig vernichten.«
    Der Kommodore schloß die Augen. »So schnell sind wir nicht. Aber selbst angenommen, wir hätten die Möglichkeit, das Rendezvous zu erreichen, so mag Lequiller längst weitergesegelt sein, ohne das Eintreffen der beschädigten Schiffe abzuwarten. Ich sehe keinen Sinn darin, hierüber weiter zu diskutieren.«
    »Ich halte es für eine Chance, die wir ergreifen sollten, Sir.«
    »Ich möchte nichts mehr darüber hören, Bolitho!« Pelham Martins Augen weiteten sich, als Bootsmannsmaatenpfeifen durch die Decks tönten und Füße über ihren Köpfen trampelten.
    »Was bedeutet das?«
    Bolitho fühlte sich seltsam leicht und frei von Erregung. »Ich habe ›Alle Mann achteraus‹ befohlen, Sir. In Anbetracht dessen, was ich erfahren habe, und weil Eile not tut, muß ich meine Befugnis als dienstältester Kommandant ausnutzen.«
    Pelham-Martin starrte ihn ungläubig an. »Müssen Sie – was?«
    »Sie sind verwundet, Sir, und wie ich schon festgestellt habe, müßte Ihre Wunde unverzüglich behandelt werden.« Er beobachtete sein Gegenüber ruhig. »Unter den gegenwärtigen Umständen sehe ich indessen keine andere Möglichkeit, als Sie so lange von Ihrer Verantwortung zu entbinden, bis Sie wieder imstande sind, das Kommando des Geschwaders zu übernehmen.«
    »Wissen Sie, was Sie da eben gesagt haben?« Pelham-Martins Atem ging immer schneller. »Wenn Sie diesen Schritt tun, setzen Sie sich der Verhaftung und einem Strafverfahren aus.« Seine Augen zogen sich eng zusammen. »Und ich werde auch dafür sorgen, daß Sie die gerechte Strafe trifft, die Sie schon seit langem verdient haben.«
    Bolitho wartete schweigend. Aber Pelham-Martin schien sich mit dem kurzen Ausbruch bereits erschöpft zu haben. Er lag völlig still unter dem Laken, nur seine Atemzüge kamen stoßweise.
    Bolitho machte auf den Hacken kehrt und verließ die Kammer. Die anderen Kommandanten warteten vor den Heckfenstern auf ihn. Ihre Gesichter waren gegen das Licht nicht zu erkennen.
    Es war Herrick, der das Schweigen brach. »Geschafft?«
    »Ich habe den Kommodore von meiner Absicht unterrichtet.« Bolitho nahm seinen Hut und ging hinüber zum Schott. »Ich kann Ihnen aber nicht verhehlen, daß er dagegen war.« Er sah, daß Fitzmaurice sich abwandte und die Schultern hängen ließ. Dann langte er nach oben, nahm den Säbel aus seiner Halterung und ging damit zur Tür. Dort hielt er an und schaute zu ihnen zurück.
    »Als Sie heute morgen meine Vorschläge annahmen, waren Ihnen die Schwierigkeiten, die vor uns liegen, noch nicht voll bewußt. Ich habe die Absicht, in zwei Stunden zu segeln. Ich werde es keinem von Ihnen übelnehmen, der sich dafür entscheidet, hier vor Anker liegenzubleiben.« Dann verließ er die Kajüte und trat hinaus ins Sonnenlicht.
    Draußen berührte Inch seinen Hut zu einer Ehrenbezeigung und meldete mit düsterer Miene: »Besatzung ist angetreten, Sir.«
    Bolitho nickte und ging langsam zur Querreling hinüber. Unzählige Male hatte er diesen kurzen Weg zurückgelegt, um den Seeleuten beim Geschützexerzieren zuzusehen oder um das Anschlagen und Festmachen der Segel an den Rahen zu überwachen; um an einer Bestrafung vor versammelter Mannschaft

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