Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
biß, fuhr aber ruhig fort: »Ich ziehe es vor, Fragen der Ehre nicht mit Ihnen zu diskutieren. Ich wurde unterrichtet, daß die
Spartan
beim Durchfahren der Riffe von Pascua die Reste des holländischen Schoners
Fauna
entdeckte. Von Ihren Kanonen zerschossen, glaube ich, als er zu entkommen versuchte.«
    Poulain betrachtete ihn kühl. »Es ist Krieg. Da bleibt keine Zeit für Gefühlsduseleien.«
    »Aber die
Fauna
war unbewaffnet und hatte nur harmlose Fischer und ihre Familien an Bord.« Bolitho verschränkte die Finger hinter sich, um sich kein Zeichen der Gemütsbewegung zu gestatten. »Ich wiederhole also: es hat keinen Zweck, mit Ihnen über Ehre zu diskutieren.«
    »Dann möchte ich an Land gebracht werden.« Poulains Mund verzog sich zu einem überlegenen Lächeln. »Zweifellos wird man mich gegen einige der vielen Gefangenen, die mein Land gemacht hat, austauschen.«
    Bolitho nickte. »Zweifellos, Kapitän. Aber zuvor ist da noch eine Kleinigkeit, die ich von Ihnen erklärt haben möchte.« Er sah den Franzosen durchdringend an. »Ich möchte den Treffpunkt wissen, zu dem Sie nach Abschluß Ihrer Reparaturen befohlen sind. Damit meine ich: wo plant Vizeadmiral Lequiller seinen nächsten Angriff?«
    Einen Moment sah er in den Augen des Franzosen Überraschung aufblitzen. Dann fiel die Klappe, und sein Ausdruck wurde so beherrscht wie zuvor.
    »Ich weiß gar nichts. Und wenn ich etwas wüßte, würde ich es Ihnen nicht sagen.«
    »Wir sind uns beide darüber klar, daß Sie lügen.« Bolitho spürte, wie ihm der Schweiß über Brust und Rücken lief. Das Hemd klebte ihm auf der Haut, als er fortfuhr: »Lequiller verließ die Gironde mit ganz bestimmten Befehlen. Er führte den ersten Teil dieser Befehle bei Las Mercedes aus und als er die
San Leandro
kaperte. Nun möchte ich wissen: Wie lauten die übrigen Befehle. Nichts weiter.«
    »Sie sind ein Narr!«
    Bolitho hörte Inch nach Luft schnappen und sah, wie einer der Seesoldaten ärgerlich mit seiner Muskete hantierte.
    Er ging auf die andere Seite des Achterdecks. Die Sonne brannte ihm auf die Schultern, er fühlte sich schwach, und ihm war übel nach dem Brandy auf leeren Magen, aber er zwang sich, langsam zu gehen, da er sich des Schweigens ringsum und der Zuschauer bewußt war.
    »Mr. Tomlin, räumen Sie die Backbord-Laufbrücke!« Er brauchte die Stimme nicht zu heben, denn die betroffenen Männer traten von allein auf die Back zurück, als hätten sie Angst, das Schweigen zu brechen.
    Ohne den Kopf zu wenden, fuhr Bolitho fort: »Nun, Kapitän Poulain, ich werde jetzt einen Ihrer Leute erschießen. Oder hinrichten, wenn Ihnen dieser Ausdruck genehmer ist.« Seine Stimme wurde härter. »Vielleicht erinnern Sie sich unserer Gefangenen, die auf dem Flaggschiff Ihres Admirals aufgehängt wurden. Das mag Ihnen helfen, eine Entscheidung zu fällen.«
    Zwei Seesoldaten kamen die Backbord-Laufbrücke entlang, und ihre Waffenröcke glühten im strahlenden Sonnenlicht blutrot. Zwischen sich führten sie einen Mann in der Uniform eines französischen Steuermannsmaaten. Ihm waren die Augen verbunden und die Hände auf dem Rücken gefesselt.
    Der Leutnant der Seesoldaten kam nach achtern und meldete förmlich: »Gefangener vorgeführt, Sir.«
    »Sehr schön, Mr. Hicks.« Bolitho streckte die Hand aus. »Eine Pistole, bitte!«
    Dann schritt er ruhig, die Pistole lose an der Seite, die Lauf brükke entlang, über die Zwölfpfünder hinweg und an den aufgereihten Booten vorbei. Auf halbem Wege drehte er sich um und schaute zur Gruppe auf dem Achterdeck zurück, doch wegen der unerträglichen Spannung, in der er sich befand, sah er sie nur verschwommen.
    »Nun, Kapitän Poulain?«
    »Man wird Sie dafür eines Tages zur Rechenschaft ziehen!« Poulain wollte einen Schritt vorwärts machen, wurde aber von den Seesoldaten zurückgehalten. »Und Sie wollen Kapitän sein? Sie sind es nicht wert, daß Sie leben!«
    Bolitho drehte sich schnell um, und während die Seesoldaten beiseite traten, hob er die Pistole und feuerte. Der scharfe Knall ließ mehr als einen Seemann vor Schreck aufschreien. Der Mann mit den verbundenen Augen fiel gegen die Netze zurück und sank dann schwer zu Boden. Seine Beine schlugen noch einmal kurz aus, dann lag er still.
    Bolitho wandte sich wieder dem Achterdeck zu. Der Qualm aus der Mündung der Pistole trieb an ihm vorbei, als er den französischen Kapitän einige Sekunden lang beobachtete.
    Poulains Stimme klang, als würde er erwürgt.

Weitere Kostenlose Bücher