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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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brennenden Augen und beobachtete, wie der Umriß des letzten Schiffes im Qualm festere Formen annahm und es quer vor den Bug der
Hyperion
trieb, dabei aber aus mehreren Kanonen feuerte. Er schimpfte wutentbrannt. Kein einziges seiner Geschütze konnte den Franzosen jetzt erfassen, und wenn dessen Breitseiten auch schlecht gezielt waren, so konnten sie doch tödlich werden. Er fuhr herum, als eine schwere Kugel durch das Schanzkleid brach und bei den Männern an den Backbord-Neunpfündern einschlug.
    Die halbnackten, geduckten Gestalten mit ihren Zöpfen und den entschlossenen Gesichtern hatten auf Bolitho noch kurz zuvor wie Statuen oder wie aus einem großen Schlachtengemälde herausgeschnitten gewirkt. Jetzt mußte er mit Brechreiz kämpfen, als er an derselben Stelle nur noch ein blutiges Gewirr von abgerissenen Gliedern, Fleischfetzen und weißlich hervorstehenden Knochen sah.
    Trudgeons Leute waren fleißig bei der Arbeit, die schreienden Verwundeten herauszuziehen und mit Flüchen zum Schweigen zu bringen. Er sah, wie Carlyon sich über ein Speigatt erbrach.
    Allday sagte trocken: »Das war ein mieser Schuß, Käpt’n.«
    Und in dem Augenblick feuerte das französische Schiff ein zweites Mal. Sein Kommandant hatte nicht die Absicht, mit einem Gegner handgemein zu werden, der schon zwei seiner Gefährten zusammengeschossen hatte, ohne selber – von dem einen Mast abgesehen – sichtbaren Schaden zu nehmen. Er wollte vor dem Winde ablaufen, vorher schnell noch diese eine Breitseite in das Vorschiff des englischen Vierundsiebzigers donnern und dann verschwinden.
    Die Luft schien plötzlich erfüllt von kreischendem Metall und umhersausenden Holzsplittern. Männer wurden – wie von einem wilden Raubtier – hochgeworfen und zerrissen. Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete Bolitho, daß der Fockmast erzitterte wie ein junger Baum unter dem ersten Beilhieb, und dann zunächst gemächlich, dann mit gewaltigem Aufschlag auf das vollbesetzte Vorschiff niederstürzte. Die
Hyperion
gierte stark, als der Wind in die verbliebene Leinwand faßte. Er hörte die schrillen Schreie der Leute, die unter dem schweren Gewicht der Rahen und des stehenden und laufenden Gutes begraben lagen. Matrosen und Soldaten, die Sekunden zuvor noch mit den Karronaden auf den Feind gezielt hatten, lagen zerquetscht unter den Trümmern oder waren über die Reling ins Wasser gefegt worden.
    Tomlin und seine Männer kletterten in das Gewirr, aber ihre Zahl war geringer als bisher, und ihre Bewegungen wirkten langsamer.
    Inch rief plötzlich: »Hier kommt die
Hermes

    Bolitho schlitterte durch Blutlachen auf die Steuerbordseite, wo er sich hochzog, um über die Hängemattsnetze hinwegschauen zu können. Die
Hermes
hatte ebenfalls den Besanmast verloren, aber ihre Kanonen feuerten noch fast vollzählig auf den französischen Zweidecker, und die Kugeln schlugen akkurat längs der Wasserlinie des Feindes ein.
    Weiter achteraus war der Qualm so dick, daß man nicht erkennen konnte, wer Freund oder Feind war, aber man hörte unaufhörlich Kanonendonner. Also war auch Herrick noch da. Und noch im Kampf.
    Inch zog Bolitho am Rock, und als er aufs Deck zurücksprang, sah er ihn aufgeregt gestikulieren.
    »Sir, die
Tornade
hat gewendet! Sie überholt die
Hermes
und hält auf uns zu!«
    Bolitho beobachtete, daß der Qualm erst dicker zu werden schien, dann plötzlich aufbrach und den vorgestreckten Klüverbaum und danach die Galionsfigur des gewaltigen Hundert-KanonenFlaggschiffs freigab. Trotz der dramatischen Situation empfand Bolitho kalte Bewunderung für die seemännische Leistung des französischen Kommandanten, der – fast im Winde liegend – seine überlegene Artillerie einsetzte und eine volle Breitseite in das ungeschützte Heck der
Hermes
feuerte.
    Selbst auf die Entfernung von zwei Kabellängen konnte Bolitho hören, wie die todbringende Salve von achtern bis vorn durch das Schiff fegte und die Decks in ein Schlachthaus verwandelte.
    Die großen Zweiunddreißig-Pfund-Kugeln mußten den Großmast an seinem Fuß getroffen haben, denn er fiel, mit allen Stengen und Rahen und den Männern, die sich vergeblich zu retten versuchten. Sein Wimpel zeigte dabei immer noch die Windrichtung an.
    Wie von einem großen Blasebalg hochgepreßt, stieg schwarzer Rauch über dem Hauptdeck der
Hermes
auf, und als die Männer an den Kanonen der
Hyperion
erschreckt hinüberstarrten, wurde die Luft von einer ohrenbetäubenden Explosion erschüttert.

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