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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hatte er in
Obhut genommen, damit die Waffe nicht von den Osadroi gespürt würde.
    Die Stimmung war ausgelassen. Über Feuern drehten sich Spieße mit
Wildbret. Helion schnitt ein Stück ab, wartete, damit es ein wenig abkühlte,
und schob es sich unter dem Gesichtstuch in den Mund. Die Kruste knackte. Er
schmeckte nichts. Ebenso gut hätte er Pergament essen können. Nach seiner
Rettung sah, hörte und tastete er so gut wie ehedem, aber Geruch und Geschmack
hatte er eingebüßt. Den Gesichtern der anderen Söldner nach zu urteilen war der
Braten schmackhaft. Oder sie hatten ihre Gaumen mit dem Wein betäubt, der in
Strömen floss. Ein ausgelassener Krieger mit Kettenhemd und einem Morgenstern,
den er sich lässig über die Schulter gelegt hatte, bot sogar Helion an, einen
Schluck aus seinem Trinkhorn zu nehmen. Helion starrte ihm so lange in die
Augen, bis er ihm aus dem Weg ging. Nichts anderes erwartete man von einem
eigenbrötlerischen Arriek.
    Einen Wald wie diesen hatte er noch nie gesehen. Viele Bäume waren
riesenhaft gewachsen, was den Eindruck großer Stärke schuf. Aber sie waren wie
in Ketten gelegte Giganten. Die Fayéhäuser aus vergangenen Zeiten hatten die
Bäume freudig geschaffen, sanft verführt von den Liedern des alten Waldvolks.
Auch hier wuchsen die Bäume auf eine Weise, die ihre Äste Brücken bilden
ließen, die sie auf vielen Ebenen miteinander verbanden, und Hohlräume, in
denen die Fayé wohnten. Die Gebilde strahlten sogar Pracht aus, die Macht ihrer
Bewohner, zeigten den Herrschaftsanspruch Amdras, ihres Königreichs. Aber es
war eine dunkle Pracht, denn die Bäume wirkten gequält. Als sich die Fayé der
Forderung der Götter widersetzt hatten, die Welt zu verlassen, waren sie aus
ihrer Gnade gefallen und die Natur, die Ausdruck des Götterwillens war,
widersetzte sich ihnen, sodass sie mit Gewalt unterworfen werden musste. Wie
man erkennen konnte, wenn ein Tier Schmerzen litt, so war es auch bei allen
Pflanzen deutlich, die Helion im Umkreis von zwanzig Meilen gesehen hatte.
Selbst dort, wo es keinem erkennbaren Zweck diente, waren sie unnatürlich
verdreht, als würden sie sich in stummer Qual winden. Deswegen waren Helion und
Deria auch auf den Kontakt mit anderen Söldnern angewiesen. Früher hätte Helion
schmecken können, welche Früchte genießbar waren und welche nicht, aber das
ging nun nicht mehr, und auch Limoras war nicht hinreichend sicher, was die
Ernährung von Menschen anging. So mussten sie kaufen, was sie brauchten. Es sei
denn, ihre Dienstherren erwiesen sich als so großzügig wie anlässlich der
Soldzahlung.
    Wenigstens zweihundertfünfzig Söldner waren anwesend. Da sie nur
Repräsentanten ihrer Einheiten waren, zeugte dieser Umstand davon, wie wenig
sich die Fayé über ihre menschlichen Kämpfer Gedanken machten. Andere
Heerführer hätten eine Kommandostruktur etabliert, entlang derer sie das Gold
verteilt hätten, Hundert- und Tausendschaften. Hier holte sich ein Truppführer
einen Beutel ab, der Kommandant einer Kompanie eine kleine Truhe, und die
Einzelkämpfer ließen sich ihre Münzen in die Hand zählen. Es dauerte lange, bis
die Schreiber die richtigen Einträge in ihren Listen gefunden hatten. Helion
konnte das nur recht sein, denn so waren vergleichsweise viele Arriek hier,
deren Stolz es verbot, sich größeren Einheiten anzuschließen. Er fiel also
nicht auf, und niemand bemerkte, dass er nicht zu den Soldtischen ging.
    Deria und er hatten sich getrennt, um möglichst umfassend erkunden
und möglichst viele Gespräche belauschen zu können. An einer Quelle, wo Wasser
mit solcher Kraft aus dem Boden gezwungen wurde, dass es drei Schritt in die
Höhe schoss, würden sie sich wiedertreffen. Helion ging nun dorthin. Er hatte
einige interessante Dinge gehört. Offenbar hatte keiner der Offiziere Order,
ein Ziel in Eskad oder sonst wo anzugreifen, was die meisten wunderte, da der
Feind schwach erschien. Im Gegenteil wurden die Stellungen, wenn sie denn
verlegt wurden, tiefer in den Nachtschattenwald hineingezogen. Das wiederum
wirkte sich nachteilig auf die Moral der Truppen aus, da die Natur umso mehr
pervertierte, je stärker der Einfluss der Fayé spürbar war.
    Wichtiger war für Helion, dass jedermann davon ausging, dass die
Osadroi tatsächlich hier waren. Die Schattenbarone waren wohl schon vor
Lisannes Ankunft Gäste von König Ilion und Königin Anoga gewesen. Ob Lisanne
davon gewusst und sich deswegen hierhergewandt hatte?
    Auch der Krieg im

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