Feind
Attacke des Fayé so schwach, dass sie
Helion lediglich eine oberflächliche Schnittwunde am linken Arm beibrachte.
Mit einem festen Schlag schmetterte Helion seinem Gegner die Waffe
aus der erschlaffenden Hand. Er stieg über Derias zuckenden Körper, während sie
Blut spuckte. Aber auch Limoras war mit zwei tiefen Stichen schwer verwundet,
einer in der Schulter, einer im Bauch. Offenbar verringerte das Mondlicht die
Festigkeit seiner Rüstung aus vergewaltigten Ästen und Blättern. Er war jetzt
wichtiger als die Kameradin. Helion drückte ihm ein Knie auf den Brustkorb und
kreuzte die Schwertklingen vor dem dünnen Hals.
»Rede!«, zischte er.
Limoras brachte selbst in dieser Lage noch ein höhnisches Lachen
zustande, das aber in ein Husten überging. »Besonders schnell ist Euer Verstand
noch nie gewesen, was, Paladin?«
»Ich habe begriffen, dass Ihr uns verraten wolltet. Ihr wart auf dem
Weg zu Eurem König, um Euren Ruf wiederherzustellen.«
»Ihr überrascht mich.« Er hustete heftig. »Dann wisst Ihr ja doch
alles.«
»Aber warum habt Ihr riskiert, das Mondsilberschwert mitzunehmen?
Sobald die Osadroi es spüren, könnten sie auf Euch schießen lassen.«
Er lachte, erbrach dann etwas Blut.
»Was ist so lustig?«
»Auch nach all den Jahrhunderten amüsiert es mich, wie einfältig
jene sind, die nichts von der Magie verstehen. Wenn ich Euch sagen würde, Ihr
bliebet ewig jung, würdet Ihr nur bei jedem Sonnenaufgang nackt über eine Wiese
tanzen, würdet Ihr mir das auch glauben?«
»Dann können sie das Silber gar nicht spüren?«
»Nicht immer. Wenn Ihr es in ein magisches Gitter tragt, das sie
gewebt haben, dann wird dieses Gitter gestört, und das werden sie bemerken. Wie
bei Wellen auf einem ruhigen See. Ihr seht die Wellen, aber nicht den Stein.«
»Und auch nur, wenn sie einen Zauber wirken«, erkannte Helion.
»Macht noch ein Jahrzehnt so weiter, und Ihr werdet ein schlauer
Mann sein. Wenigstens für einen Menschen. Aber jetzt lasst mich in Ruhe
sterben, wenn es Euch nichts ausmacht. Ich habe beinahe eine Ewigkeit darauf
gewartet, endlich eine neue Erfahrung zu machen.«
Helion zog die Klingen durch und verschaffte ihm damit eine gänzlich
neue Erkenntnis.
Er beugte sich über Deria. Auch für sie gab es keine Hoffnung. Die
Wunde in ihrer Brust war breit, Limoras musste das Schwert gedreht haben, als
er es herausgerissen hatte. Und er hatte tief gestochen. Auch an Derias Rücken
wuchs ein dunkler Fleck.
Er stützte ihren Kopf. Sie gurgelte warmes Blut auf sein Handgelenk.
»Kann ich noch etwas für dich tun? Es wird bald vorbei sein, aber
wenn der Schmerz zu stark wird …« Er nahm das Mondsilberschwert auf und hielt
die Klinge so, dass sie sie sehen konnte.
Sie griff seinen Unterarm so heftig, als sei er eine Katze, die sie
fangen wollte. »Versprecht mir nur eines.« Sie atmete in kurzen Stößen. »Rächt
meine Tochter! Siegt! Zerstört die Schattenherrin! Keine andere Mutter«, sie
hustete, »soll ihr Kind an sie verlieren! Es muss enden!« Aus weit
aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. »Versprecht es, Mondschwert!«
Er nickte. »Ich werde tun, was du wünschst.«
Sie erschlaffte.
Er drückte ihre Augen zu. Wieder hatte ein sterbender Mensch ihm
seinen letzten Wunsch anvertraut.
Aber dieser Wunsch lautete, nicht nur anzugreifen, sondern zu
siegen. Das konnte er in dieser Nacht nicht. Die Palastwachen würden ihn in
Stücke hacken oder zumindest so lange aufhalten, bis die Osadroi sich seiner
annähmen. Er brauchte eine bessere Gelegenheit.
Also musste er Limoras und Deria fortbringen und begraben, damit
niemand Verdacht schöpfte. Er machte sich sofort an die Arbeit.
»Glaub mir, ich habe viel gesehen, aber diesen Ort werde ich
niemals bei Nacht betreten«, raunte Orrer ihm zu. Die Narbe auf seiner Wange
und die Tatsache, dass an seiner Linken zwei Finger fehlten, ließen in der Tat
vermuten, dass dem Söldner Brutalität nicht fremd war. Dennoch fühlte er sich
gedrängt, Helion ein Gespräch aufzuzwingen. Vielleicht hoffte er, dass ein
Arriek wenig Kontakt zu anderen hatte und deswegen niemand sonst von der Angst
erfuhr, die Orrers Hand zittern ließ, als er den Weinschlauch zum Mund führte.
Das meiste von der Flüssigkeit ging daneben, sodass es aussah, als bluteten
seine Lippen.
»Diese Gesichter«, murmelte er. Seine Augen zuckten, als vermute er
in der sich versammelnden Menge Dämonen, die nach seiner Seele verlangten.
Gänzlich unbegründet war diese Furcht
Weitere Kostenlose Bücher