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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Brustpartie fehlten nicht.
Sie wurden von jeweils einem Edelstein in ihrem Zentrum geziert, einem
Diamanten für Silions silbriges Licht, einem Rubin für Stygron und einem Saphir
für Vejata. Die Stiefel waren sicher weich, ihr Wildleder sorgfältig gegerbt.
Zum Marschieren waren sie ungeeignet. Auch das Mondsilberschwert harmonierte
mit dieser Aufmachung. Es war beinahe so dünn wie ein Degen. Wo bei Treatons
wuchtiger Waffe eine Parierstange die Hand schützte, war es hier ein Korb, der
aus vielfach verschlungenen Metallfäden bestand, einem Gewinde, das irgendein
Muster bildete. Helion konnte nicht erkennen, was es darstellen sollte,
vielleicht ein Gesicht. Immerhin war der Rubin im Knauf deutlich zu sehen.
    Giswon nickte so zurückhaltend, als fürchtete er, sein in einer
voluminösen Krause verborgener Hals könne zerbrechen. »Wir werden das Silber in
seinem Schild ersetzen und ihn dann in der Halle der Gefallenen aufhängen.«
    Helion versuchte sich vorzustellen, wie der Ordensmarschall mit
einem schweren Schild am Arm aussähe. Vielleicht sogar, wenn er in einen Kampf
auszöge. Auf einem Schlachtfeld, das sich vom Blut aus frisch geschlagenen
Wunden in schlammigen Grund verwandelt hatte. Es gelang ihm nicht. Dieser Mann
passte zu gut in das vornehm eingerichtete Zimmer mit all den Schnitzereien,
prachtvollen Sesseln und Wandbehängen, die von Paladinen und Kämpfen kündeten.
Oder von dem Teil davon, der sich für gepflegte Konversation eignete. Nicht von
Verletzungen, Entbehrungen, Niederlagen. Auf diesen Darstellungen verteidigten
die Mondschwerter heldenhaft Städte, in denen Silberhandwerker bei der Arbeit
gezeigt wurden, und schwangen dabei dekorativ die Banner von Fürstentümern, die
inzwischen, wie Helion wusste, längst in die Schatten gefallen waren. Kein Bild
kündete davon, dass es nur noch eine große Silbermine gab, die dem Zugriff der
Osadroi entzogen war. Guardaja.
    »Er hätte gewollt, dass sein Schild dort hängt«, fügte Giswon hinzu,
als wolle er einem Kind etwas erklären. Er sah in den Rubin an Treatons
Schwertknauf. »Wir wollen den Wunsch des Verstorbenen ehren.«
    »Deswegen bin ich hier.«
    »Ja. Ich verstehe.«
    »Mit Verlaub, dessen bin ich mir nicht gewiss.«
    Nun hob sich auch die zweite Braue. »Wie meinen?«
    Helion biss die Zähne aufeinander. Männer wie dieser waren es, die
er verabscheute. Sie nutzten den guten Namen, den sich der Orden in vergangenen
Zeiten erworben hatte, um eine vorteilhafte Stellung bei Hofe zu erlangen, die
ihnen ein angenehmes Leben ermöglichte. Vermutlich waren sie gut darin, mit
Federstrichen zu fechten, mit spitzen Bemerkungen und eleganten Gesten. Dass
der Ordensmarschall seine Tanzschritte beherrschte, wollte Helion gern glauben.
Ob er auch einen festen Stand auf dem Fechtboden hatte, war eine Frage, die man
nur mit Wagemut bejahen konnte.
    »Ich bin hier, um das Gelübde der Mondschwerter abzulegen.«
    »Oho!«, rief Giswon und ließ Treatons Waffe sinken. »Der Schüler des
Eremiten ist ein Aspirant! Nun ja, warum nicht?« Er ging zu einem der
Ratsherrensessel und legte das Schwert quer über die Lehnen. »Wie alt bist du?«
    »Fünfundzwanzig.« Zähneknirschend fügte er hinzu: »Herr.«
    »Etwas alt, meinst du nicht? Die Ausbildung dauert fünf Jahre.«
    »Ich bin ausgebildet.« Helion war stolz, seine Worte ruhig
vorzubringen, statt empört aufzuschreien.
    »Tatsächlich?« Der Ordensmarschall legte die Hände auf dem Rücken
zusammen und kam mit wohlgesetzten Schritten auf ihn zu. »Ist das so?«
    »Prüft mich. Ich bin bereit, es zu beweisen.«
    »Dich prüfen?« Der Blick war erstaunlich fest für jemanden, der ein
Leben in Luxus führte. »Hat Treaton das getan? Als er dich zu seinem Knappen
gemacht hat?«
    »Ich war nicht sein Knappe.«
    »Nicht? Was warst du dann?«
    Helion blinzelte. »Er war mein Meister.«
    »Aber wenn er dich zum Paladin hätte ausbilden wollen, dann hätte er
dich doch zu seinem Knappen gemacht.«
    »Ich bin kein Strolch, der die Waffen vom Lager eines Sterbenden
geraubt hat.« Helion hörte das Eis in seiner Stimme knacken. »Ich bin meines
Meisters Schüler, so wahr ich hier stehe.«
    Noch einen Moment starrte Giswon ihn an. Dann nickte er. »Was weißt
du vom Orden der Mondschwerter? Oder davon, was hier in Akene vor sich geht?
Warst du überhaupt schon einmal in der Stadt?«
    »Dreimal«, sagte Helion kleinlaut. »Wenn wir etwas brauchten, habe
ich es gekauft.«
    »Dann habt ihr nicht oft etwas gebraucht

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