Feindberührung - Kriminalroman
ausgedehnte Biketouren in der Umgebung, dafür chillten sie sonntags am Wasser.
Er brauchte viel Bewegung, nicht nur das Training, zu dem er dienstlich verpflichtet war, nicht nur die zusätzlichen Einheiten, zu denen er sich zwang, weil Disziplin und die Fähigkeit, sich zu quälen, wichtig für ihn waren, ja lebenswichtig sein konnten in seinem Job, sondern auch spielerische Bewegung, das Ausprobieren. Er lernte leidenschaftlich gerne neue Sportarten, am liebsten solche, bei denen man mit einem Sportgerät die Elemente meistern musste. Einfach so dazusitzen, fiel ihm unendlich schwer. Auf Menschen, die ihn nicht gut kannten, wirkte er ruhig und ausgeglichen. Aber das war er nur, weil er sich körperlich völlig auslastete.
Obwohl er also dienstlich ohnehin an drei Morgen die Woche mindestens eine Stunde joggte und an zwei bis drei Nachmittagen Krafttraining machte, musste er Samstag und Sonntag noch mal raus. Während des ganzen Jahres. Samstags lief er morgens fünfzehn Kilometer in hohem Tempo, Schnitt drei Minuten auf tausend Meter. Nach dem Frühstück brach er dann mit Charlie und gelegentlich noch ein paar Bekannten mit den Rädern auf und war am Abend dann ausgepowert genug, um die Kneipe mit Charlies Clique auszuhalten. Es war definitiv Charlies Clique und nicht seine. Sie waren okay, ja, aber er konnte nicht viel anfangen mit ihren Themen: Fernsehserien, Musik, der nächste Urlaub, wann sie Kinder kriegen wollten, wie doof ihre Chefs sind. Sein Beruf war anders, er hatte vieles gesehen, was für seine Altersgenossen unvorstellbar war, und sie wollten auch, dass das so blieb. Es war ihm einerseits recht, nicht darüber zu reden, andererseits geriet er dadurch oft ins Abseits. Ab Mitternacht drängte er meist zum Aufbruch, was bestenfalls zu hochgezogenen Brauen in der Clique führte, manchmal aber auch zu blöden Bemerkungen, die er zu ignorieren versuchte, er wollte einfach ins Bett.
An jedem Sonntag begann er seinen Lauf im Dunkeln, im Winter spätestens um sechs Uhr, und dann trug er statt der Laufschuhe die Kampfstiefel an den Füßen und einen Zwanzig-Kilo-Rucksack auf dem Rücken. Er lief in ruhigem, absolut gleichmäßigem Tempo genau zwei Stunden lang. Danach duschte er kurz heiß und lange kalt und weckte Charlie mit Kaffee. Im Sommer vögelten sie dann eigentlich immer, und nach dem Frühstück ging es zum See. Dort blieben sie den ganzen Tag. Bekannte kamen dazu, sie quatschten, und wenn es ihm zu viel wurde, ging er einfach ins Wasser, schwimmen, surfen. Der eine oder andere machte mit, und so entstand zumindest der Eindruck, er sei Teil des Sonntagsvergnügens, und der Tag glänzte träge in milder Harmonie.
Gegen Abend blieben er und Charlie allein zurück, und wenn die Sonne unterging, lagen sie einfach so da, er hinter Charlie, die Arme hatte er um ihre Hüften geschlungen, eine Hand auf ihrem Bauch. Und sie redeten kein Wort, er atmete in ihren Rücken, Charlie in seine Handfläche, das Blut strömte ganz warm und schwer in sein Geschlecht und ließ es hart gegen Charlies Körper drücken. Diese Spannung kosteten sie beide intensiv aus. Keiner von beiden versuchte weiter zu gehen, es waren ja auch meist noch Leute da. Ihr Atem ging synchron und immer tiefer, dann wurde er schneller, flacher, und Charlie bewegte ihre Hüften langsam und in kleinen Schwüngen hin und her, grub ihren Po in seinen Schoß, bis er kam. Ab und zu, wenn sie wirklich allein am Ufer lagen, schlüpfte er auch in sie hinein, und sie ließen sich auf der Welle treiben, träge und erst gegen Ende leicht beschleunigend, bis Charlie die Hand auf seinen Hintern legte und ihn zum Innehalten brachte.
Und im Oktober war dann Schluss damit für lange Zeit.
Die Radtouren machte Charlie noch eine Weile mit, dann wurde es ihr zu kalt und zu ungemütlich. In dieser Zeit war ihr nur nach Kuscheln zu Hause, nach Fernsehen, Kino oder Kneipe. Er konnte das alles bloß genießen, wenn er müde war vom Training und von der Disziplin, die er dafür aufbringen musste. Den Schweinehund überwinden, das war wichtig, immer und immer wieder. Wenn er weich wurde, sich selber nachgab, konnte das ihn und seine Kameraden irgendwann in Lebensgefahr bringen. Er hatte Verantwortung, er war Offizier. Charlie sah nur das gute Einkommen, die Sicherheit und genoss seine Stärke, seinen Schutz. Nicht viele Männer konnten ihre Frau wirklich beschützen, wenn es darauf ankam. Charlie liebte seinen muskulösen, sehnigen Körper, wollte aber nicht
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