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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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fragt James Dean, und Hartmut nickt. »Ja, das ging relativ schnell, aber so sind wir«, sagt James Dean, »immer am Puls der Zeit. Kommt rein!«
    Nach einem winzigen Vorraum, an dessen schwarzem Brett firmeninterne Nachrichten und eine Wettgemeinschaftstabelle angebracht sind, folgt das eigentliche Foyer.
    »Das ist unsere Kommandozentrale«, sagt James Dean und setzt sich hinter seinen Schreibtisch, der sich von den anderen fünf im Raum in der Größe kaum unterscheidet. Neben ihm tippt ein Mitarbeiter rauchend und konzentriert auf seiner Maus herum und nickt uns beiläufig zu. Er sieht älter aus als die anderen im Raum, die alle Praktikanten zu sein scheinen, und etwas jünger als der Empfangschef, der sich uns jetzt als Paul Heine vorstellt. »Felix«, sagt er und deutet zu seinem rauchenden Kollegen, »ist meine rechte Hand. Wir sind hier im Verlag die Mädchen für alles. Wenn wir unseren Job gut machen, merkt man gar nicht, dass wir was tun, weil dann alles seinen Gang geht. Uns bemerkt man nur, wenn wir Fehler machen.« Paul lacht. Felix tippt Asche ab. Im Hintergrund läuft verträumter Indierock, dessen Sänger so klingt, als sei er jeden Tag aufs Neue über die Welt erstaunt.
    Ich frage: »Das hier wäre dann also später mein Domizil?« Paul schaut auf einen Ausdruck unserer Mail. »Du willst in den Verlag, du in die Redaktion?« Wir nicken.
    »Dann kämst du zu uns, ja!«
    In das nette Indiegeplänkel mischt sich für einen Moment gurgelndes Geschützfeuer, dann erbricht sich ein Mann. Ein Gitarrenriff setzt ein. Der Mann erbricht sich nicht, er growlt.
    »'tschuldigung!«, ruft Felix, »war ein MySpace-Link.« Er klickt die Band weg.
    »Ich kann gut Paletten abräumen«, sage ich zu Paul und lächele debil.
    Paul ignoriert es. »Hast du schon mal in einem Verlag gearbeitet?«
    Ich sage: »Nein.«
    Hartmut tritt mir auf den Fuß.
    »Ja, was denn?«, sage ich, »soll ich hier lügen?« Ich schaue Paul in die Augen, selbstsicher, mit meinem Packerblick. »Ich bin zuverlässig, aufnahmefähig und schnell. Ich habe Abitur, habe schon Häuser restauriert, bin ein guter Telefonist, beende kein Gespräch ohne konkreten Abschluss und mag unter anderem Hardcore und Punkrock.«
    »Ach was«, sagt Paul, »Punkrock?«
    »Ja«, sage ich, »Dropkick Murphys, Lagwagon, Street Dogs, NOFX, Hosen ...«
    Paul, der an seiner Tasse genippt hat, verschluckt sich. »Hosen?«, lacht er, »ich hoffe, du meinst nur die zum Anziehen!«
    Ich schaue ihn an. Als ihm klar wird, dass ich die Band gemeint habe, schweigt er einen Moment betreten wie ein Arzt, dessen Tochter sich mit einem Bauarbeiter verlobt hat. Felix lacht leise vor seinem Bildschirm, wie Köche über Menschen lachen, die zu einem Gericht bloß »Es schmeckt mir halt« sagen.
    Nach zehn Sekunden des Schweigens, in denen Hartmut sehr unregelmäßig atmet, sagt Paul: »Der Chefredakteur braucht noch eine Viertelstunde. Wenn ihr wollt, führe ich euch ein bisschen rum.«
    Wir nicken. Führungen gehören in Berlin wohl zum guten Ton.
    Im Treppenhaus hängen Titelbilder alter Ausgaben von der ersten Nummer an. Wir passieren Iggy Pop, Radiohead, Morrissey und Franz Ferdinand. Ich deute auf eine Reihe alter Titel, Cover, die das Heft vor zehn Jahren geschmückt haben. Sie zeigen Limp Bizkit, Korn, H-Blockx und Thumb. Höhepunkte des Crossover und New Metal. Sie hängen sehr niedrig. Auf Doggenhöhe.
    Paul winkt ab: »Jaja, die alten Sünden. Peinlich, oder?«
    Ich will etwas erwidern, aber Hartmut funkelt mich an. Er will diese Stelle, und anscheinend glaubt er, wir bekommen sie nur, wenn wir uns der Parteilinie anpassen. Nun gut, es ist ja auch ein Bunker. Irgendjemand meint es in unserem Leben zu gut mit den Metaphern.
     
    Im ersten Stock befinden sich die Büros der Online-Redaktion sowie der Grafikabteilung, die das Heft zusammenbaut.
    »Das ist unser Online-Team«, sagt Paul und zeigt in die Runde. Vier Schreibtische, gegenüber aufgestellt, in ihrer Mitte durch ein riesiges Knäuel aus Kabeln verbunden. Man hört Beatsteaks in nahezu Live-Lautstärke. Es scheint keinen in der Konzentration zu stören.
    »Die haben schon mit den Hosen zusammen gespielt«, sage ich, als die Beatsteaks >I don't care as long as you sing< anstimmen, und Hartmut versucht, mir erneut auf den Fuß zu treten, den ich rechtzeitig wegziehe. Paul simuliert Ignoranz. Dabei hört er genau, was ich sage. Sein Ohr zuckt wie das unseres Katers.
    Ein recht kleiner Angestellter betritt den Raum und

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