Feine Milde
schüttelte unaufgeregt den Kopf.
Ihr Gatte nahm sie fest beim Arm. »Halt endlich den Mund«, zischte er. »Du redest dich um Kopf und Kragen.«
»Wieso?« flüsterte sie zurück, und ihre Hände flatterten im Schoß. »Die Schule ist mein Kind. Ich lasse nicht zu, daß sich das jemand anderes an die Brust heftet!«
»Jetzt beruhige dich doch, Schätzchen«, grinste er. »Oder glaubst du, ich schmeiße mein Geld zum Fenster raus? Das war längst geklärt, bevor ich den Scheck ausgestellt habe.«
Mr. Clarke meldete sich zu Wort: »Ich möchte ausdrücklich betonen, daß wir unser Geld nicht investieren in eine Projekt, das von eine deutsche Verein verwaltet wird.«
Der Euregiomann machte eine »Sehen Sie?«-Handbewegung in Richtung Salzmann-Unkrig und fügte hinzu:
»Außerdem gibt es ja wohl momentan in Ihrem Verein einige Querelen, wenn ich das mal so leger ausdrücken darf.«
»Heino«, fuhr die Salzmann-Unkrig auf, »das hast du dem doch gesteckt!«
»Unsinn«, pfiff Müller zurück. »Hast du vergessen, wo du lebst? Hier kannst du doch nicht mal husten, ohne daß dich am nächsten Tag zwölf Leute fragen, ob du deine Lungenentzündung schon überstanden hast.«
Jetzt traten die beiden Anwälte auf den Plan und regten die Gründung eines Trägervereins an.
»Doch eine Verein?« fragte Mr. Clarke, aber es klang mehr wie eine Drohung.
»Nein, nein«, beschwichtigte der Mann von der EUREGIO. »Ein Trägerverein ist was ganz anderes als so eine Initiative. Da trifft einzig und allein der Vorstand die Entscheidungen. Und in diesem Vorstand, da sind wir uns alle einig«, salbte er dann, »sollen selbstverständlich Sie, liebe Frau Salzmann-Unkrig, den Vorsitz übernehmen.«
Sie zog scharf den Atem ein und strahlte dann damenhaft.
Heino Müller hob die Hand. »Ich sehe da ein kleines Problem. Laut Satzung müssen die Mitglieder der MEILE mehrheitlich damit einverstanden sein, wenn die Initiative in einen Trägerverein umgewandelt werden soll.«
»Das ist klar«, bestätigte der Anwalt. »Es gibt da zwar auch andere Mittel und Wege, aber eine Umwandlung wäre im Moment die sauberste und einfachste Lösung. Mit der richtigen Taktik schaffen Sie das schon.«
Heino Müllers Zweifel konnte keiner übersehen.
»Und sollte es dennoch Unstimmigkeiten im Verein geben«, meinte der zweite Anwalt grinsend, »so hat sich in diesen Fällen immer eine großzügige Spende in die Vereinskasse bewährt.«
»Ihr Wort in Gottes Gehörgang«, murmelte Müller.
16
Am Mittwoch entschied sich dann auch Berns, zur Beerdigung zu fahren, und so waren sie nun mit Toppe, van Appeldorn, Ackermann, Astrid und Heinrichs zu sechst und hätten zwei Pkws gebraucht, wenn Ackermann nicht die Idee gehabt hätte.
»Mein Neffe hat ’n VW-Bus. Wenn ich den ma’ nett frach, dann leiht der mir den bestimmt. Da passen, glaub ich, neun Leute rein. Wir könnten sogar noch den Alten mitnehmen.«
Aber Siegelkötter hatte längst einen Flug von Schiphol nach München gebucht. »Nach München? Der hat doch ’ne Meise!« Eigentlich war niemand besonders traurig darüber.
Die Beerdigung sollte am Freitag morgen um zehn sein, und da keiner Lust hatte, die Nacht durchzufahren, wollten sie in Breiteneggers Heimatdorf Zimmer mieten und in aller Ruhe schon am Donnerstag mittag losfahren. Leider war im Dorfgasthof nichts mehr frei gewesen, aber im benachbarten Regen hatten sie eine kleine Pension gefunden.
»Ej«, meinte Ackermann spitzbübisch, »wie wär et denn, wenn wir zwei Übernachtungen draus machen? Dann is’ wen’stens noch genuch Zeit, sich wat vom Bayerischen Wald anzukucken. Soll ja echt schön sein, die Ecke. Un’ vielleicht fahrn wir ma’ rüber inne Tschechische Republik. Wat meint ihr?«
Toppe hatte seine Zweifel, daß Stasi diese Dienstreise genehmigen würde.
»Ach wat! Wer viel fracht, kricht dumme Antworten. Die Anträge reichen wir erst ein, wenn wir wieder hier sind. Ham wir einfach vergessen vorher. Kann doch jeden ma’ passieren.«
Sie hatten sich für elf Uhr am Präsidium verabredet, aber wer nicht kam, war Ackermann.
»Vielleicht ist ja was passiert«, meinte Astrid.
Van Appeldorn lachte. »Ackermann passiert nie was. Der hat zwei Schutzengel, und wenn die nicht helfen, hat er immer noch irgendeinen Schwager oder die Nichte von seiner Oma ihrem Bruder in der Hinterhand.«
»Egal, ich ruf ihn mal an.«
Aber bei Ackermanns meldete sich keiner. Berns verschwand grummelnd im Präsidium.
Um Viertel vor zwölf
Weitere Kostenlose Bücher