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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Landstraßen und durch Kuhdörfer. Die Menschen blieben stehen und starrten, hielten sich die Ohren zu.
    Im Inneren des Wagens hatte man das Gefühl, man stünde neben einem startenden Düsenjet. Eine Verständigung war nur durch Brüllen möglich, aber davon machten sie reichlich Gebrauch – sie wurden immer alberner. Berns sah aus, als stünde er kurz vor einem Magendurchbruch. Astrid kämpfte mit einem Lachkrampf, bis sie Schluckauf bekam.
    Sie hatten Glück – der Automechaniker war ein Tüftler, und er liebte alte Bullis. Aus einer Kiste, in der Hunderte von Kleinteilen herumflogen, zauberte er ein Reduziergewinde hervor und baute es ein.
    »Und das hält jetzt?« fragte Toppe.
    Der Mann grinste schelmisch. »Tja, das weiß man nie so genau. Entweder das Ding fliegt euch auf den nächsten zehn Kilometern um die Ohren, oder das backt fest und hält ewig.«
    »Schöne Aussichten«, murmelte Berns.
    »Fahr schön langsam, Ackermann«, van Appeldorn hatten seinen Großvaterton drauf.
    Ackermann hielt ihm die Schlüssel hin. »Fahr du doch.«
    Er war wirklich unsicher.
    »Ich kann mich bremsen«, lehnte van Appeldorn ab.
    Astrid griff sich die Schlüssel. »Ich fahre gern Bulli.«

    Als sie in der Pension ankamen, war es beinahe Mitternacht.
    »Gut, daß Sie angerufen haben«, meinte die Wirtin, »sonst hätte ich Ihre Zimmer längst vergeben.«
    Ackermann streckte die Arme hoch, räkelte sich, gähnte laut und hüllte seine Umgebung in eine süßlich warme Schweißwolke. »Ich brauch jetz’ ers’ ma’ so an die fünf Bierkes, damit ich wieder beikomm. Hat hier ir’ndwo noch ’ne Kneipe auf?«
    »Wir haben auch einen Schankraum«, meinte die Wirtin pikiert. »Nach Mitternacht ist da allerdings Selbstbedienung.«
    »Noch besser«, strahlte Ackermann. »Brauch ich nachher bloß noch die Treppe raufkriechen.«
    Berns nahm seinen Zimmerschlüssel und verschwand wortlos nach oben.
    »Ich will erst mal duschen«, meinte Astrid, »aber ihr könnt mir schon mal ein großes Bier reservieren. Kommst du mit hoch, Helmut?«
    »Ho ho«, wieherte Ackermann und kniff Toppe ein Auge.

    Es sollte, bis auf einen kleinen Ausfall, wirklich eine stille Beerdigung werden – eine kurze Messe, der schweigsame Gang über den Friedhof zum Grab, keine Nachfeier.
    »Gut, dat wir ihm dat Fell schon gestern versoffen haben. Diese Bayern, komisches Volk.« meinte Ackermann.
    Er war heute morgen der erste am Frühstücksbüffet gewesen: perfekt geschnittener schwarzer Anzug, blütenweißes Hemd mit Silberschlips und auf Hochglanz polierte Schuhe.
    Van Appeldorn hatte es nicht die Sprache verschlagen.
    »Du hast vergessen, deinen Scheitel mit Wasser zu ziehen, Ackermann.«
    Siegelkötter hatte alle Mitarbeiter mit Handschlag begrüßt, es geschafft, die Verwandten des Verstorbenen abzudrängen und war an Frau Breiteneggers Seite zum Grab geschritten.
    Der Pastor hatte sein Gebet kaum beendet, als Stasi sich schon neben dem Grabhügel aufbaute, einen kleinen Zettel hervorzog und seine Rede hielt, die vor Pathos jämmerlich troff. Einige Trauergäste drückten Taschentücher an die Augen, aber Elli Breiteneggers Gesicht war leer. Als Siegelkötter mit einem erstickten ». einen guten Freund verloren« endete, blieb eine peinliche Stille, die sich endlos zu dehnen schien.
    »Keine Nachfeier«, ärgerte sich Ackermann immer noch, als sie zum Bus kamen.
    »Wo ist eigentlich Berns abgeblieben?« fragte Toppe.
    »Der stand die ganze Zeit hinter mir«, antwortete Heinrichs, »aber dann war er auf einmal weg.«
    Astrid entdeckte den Papierfetzen hinter dem Scheibenwischer, ein ausgefranster Kassenbon von einem Klever Baumarkt. Auf der Rückseite: Ich nehme den nächsten Zug nach Hause. P. Berns.

17
    Heino Müller war heiser vor Wut. »Hast du schon die Zeitung gelesen?«
    Die Samstagsausgabe der Niederrhein Post in der Hand telefonierte er mit Bärbel Peters, der 1. Vorsitzenden. Es kostete ihn eine Menge Willenskraft, nicht die ganze Zeit zu brüllen.
    »Nein? Dann hör mal gut zu:
    Als eine der Gründerinnen von MEILE e.V. , vor allem aber als sozial engagierter Mensch, betrachte ich es als meine Pflicht, die Öffentlichkeit über eine bedauernswerte Entwicklung aufzuklären. Unser Verein, der sich seit Jahren in vielfältiger Weise um die Integration unserer ausländischen MitbürgerInnen kümmert, dürfte wohl jedem in dieser Stadt gut bekannt sein. Unsere erfolgreiche Arbeit spiegelt sich wider in der Bereitschaft der Bürger, uns jederzeit

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