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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
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heben. Die Anstrengung verursachte eine neue Welle
von Qualen, und sein Magen zog sich zusammen, aber es war
nichts mehr darinnen, was er hätte herauswürgen können. Die
Schmerzen ließen ihn laut aufstöhnen.
    Er konnte nicht richtig sehen, also erkannte er auch nicht,
zu wem diese sanften Hände gehörten, die ihn wieder zurückschoben. Eine Stimme erklang: »Bleib still liegen, Junge, und
atme gleichmäßig.«
    Kieli erkannte undeutlich Gestalten vor sich: Köpfe im
Schatten, Licht am Himmel über ihnen. Er blinzelte und versuchte, klarer zu sehen. »Hier«, sagte eine andere Stimme
über ihm, und eine Kürbisflasche wurde ihm an die Lippen
gehalten.
    »Trink langsam«, sagte die erste Stimme. »Du hast viel
Blut verloren. Wir dachten schon, du würdest es nicht schaffen.«
    Der erste Schluck Wasser bewirkte, dass die Magenkrämpfe von neuem anfingen, und der Junge gab das winzige
Schlückchen Wasser gleich wieder von sich. »Dann eben
noch vorsichtiger«, sagte die Stimme.
    Er tat, was man ihm gesagt hatte, und diesmal blieb das
Wasser unten. Plötzlich hatte er unglaublichen Durst. Er versuchte zu schlucken, aber der Mann nahm ihm die Kürbisflasche wieder ab. Er wollte die Hand heben, um sie festzuhalten, aber sein Arm gehorchte ihm einfach nicht.
    »Vorsichtig, habe ich gesagt«, mahnte die Stimme. Wieder
wurde ihm das Gefäß an die Lippen gedrückt, und er trank in
kleinen Schlucken und spürte das kalte Wasser in seiner Kehle.
    Er konzentrierte seine geringe Kraft darauf, das Wasser zu
trinken und im Magen zu behalten. Dann hob er den Blick
über den Rand der Kürbisflasche und bemühte sich, die Züge
seines Wohltäters zu erspähen, aber er konnte nur verschwommen ein Gesicht und graues Haar erkennen. Dann
sackte er wieder zurück in die Dunkelheit.
    Irgendwann machten sie ein paar Tage Rast. Er bemerkte ein
Gebäude um sich herum – eine Scheune oder ein Schuppen,
das wusste er nicht so genau. Und für einige Zeit spürte er,
dass es regnete, denn die Luft war schwer vom Geruch nach
feuchter Erde und Schimmel auf Holz.
    Danach kamen und gingen die Bilder. Er lag auf einem
Wagen, und irgendwann, an einem Nachmittag, spürte er,
dass er im Wald war, aber nicht im Wald in der Nähe seines
Dorfes. Er wusste nicht, warum ihm das so klar war – ein kurzer Blick auf Bäume vielleicht, die nicht die hohen Zedern
und Espen seines eigenen Waldes waren. Er fiel wieder in
unruhigen Schlaf.
    Er erinnerte sich daran, wie man ihm kleine Bissen Essen
in den Mund steckte, er sie schluckte, sein Hals sich zusammenzog und seine Brust beim Atmen brannte. Er erinnert sich
an Fieberträume und erwachte mehrmals schweißgebadet und
mit heftig klopfendem Herzen. Er erinnerte sich daran, nach
seinem Vater gerufen zu haben.
    Eines Nachts träumte er, dass er im Warmen war, zu Hause
im Rundhaus bei seiner Mutter und den anderen Frauen. Er
fühlte sich umgeben von ihrer Liebe. Dann erwachte er auf
dem harten Boden, es roch nach nasser Erde, der Rauch eines
vor kurzem abgedeckten Lagerfeuers stach ihm in die Nase,
und zu beiden Seiten von ihm schliefen Männer. Wieder sank
er zurück und fragte sich, wie er an diesen Ort gekommen
war. Dann erinnerte er sich, erinnerte sich an den Angriff auf
sein Dorf. Tränen traten ihm in die Augen, und er weinte, als
er spürte, wie alle Hoffnung und Freude in ihm starben.
    Er konnte die Tage, die er unterwegs war, nicht zählen. Er
wusste, dass sich zwei Männer um ihn kümmerten, aber er
konnte sich nicht erinnern, ob sie ihm ihre Namen gesagt hatten. Er wusste, dass sie ihm Fragen gestellt hatten, und er hatte geantwortet, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern,
um was es gegangen war.
    Und dann kehrte eines Morgens die Klarheit zurück. Kieli
schlug die Augen auf, und obwohl er sich immer noch
schwach fühlte, begriff er nun mehr von seiner Umgebung. Er
befand sich in einer großen Scheune mit Toren an beiden Enden. In einer Box in der Nähe konnte er Pferde fressen hören.
Er ruhte auf einem Strohsack, über den eine doppelte Decke
gelegt worden war, und war mit zwei weiteren Decken zugedeckt. Die Luft war rauchig von einem kleinen Lagerofen,
einem Kasten aus gehämmertem Eisen mit glühenden Kohlen
darin. Kieli stützte sich auf den Ellbogen und sah sich um.
Der Rauch brannte ihm ein wenig in den Augen, aber der
größte Teil davon verschwand durch eine offene Klappe zum
Heuboden. Es war still, also nahm Kieli an, dass es nicht mehr

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