Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
sehen, die aus einer bestimmten Entscheidung entstanden, und jene, denen es vertraute, vor
dem Nahen großer Gefahr zu warnen. Und es vertraute niemandem auf dieser Welt so sehr wie Pug.
Ohne die Arbeit des Magiers wäre die Letzte des
Volkes von Aal – vielleicht das älteste Volk im
Universum – vor einem Jahrhundert gestorben. Pug
nickte den Gefährten des Orakels zu, und sie erwiderten die Ehre.
»Wisst Ihr, wieso ich hier bin?«, fragte Pug.
»Große Gefahr nähert sich schneller, als Ihr
glaubt, aber …«
»Was?«, fragte Pug.
»Es ist nicht das, was Ihr glaubt.«
»Die Dasati?«
»Sie haben damit zu tun und sind im Augenblick
der erste Anlass, aber auf sie folgt viel größere Gefahr.«
»Der Namenlose?«
»Mehr.«
Pug war sprachlos. Aus seiner Perspektive konnte
es nicht »mehr« im Universum geben als die größeren Götter. Er riss sich zusammen. »Wie kann es eine
größere Gefahr geben als den Namenlosen?«
»Ich kann Euch nur eines sagen, Pug von Crydee:
Über die Weite von Zeit und Raum hinweg verwandelt der Kampf zwischen Gut und Böse alles andere.
Was Ihr wahrnehmt, ist nur der kleinste Teil dieses
Kampfes. Er ist alterslos; er hat bereits begonnen,
bevor die ersten Aal aus dem Schlamm ihrer Heimatwelt aufstiegen, und er wird andauern, bis der
letzte Stern erlischt. Er gehört zum Wesen der Realität, und alle Geschöpfe sind Teil dieses Kampfes,
selbst wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. Einige Wesen verbringen ihr ganzes Leben in Frieden
und Sicherheit, während andere ohne Unterbrechung
kämpfen. Einige Welten sind beinahe Paradiese,
während andere endloses Elend schaffen. Jede ist auf
ihre Art Teil eines viel größeren Gleichgewichts, und
daher ist jede wichtige Schlacht Teil dieses Kampfes.
Viele Welten sind im Gleichgewicht.« Das Orakel
hielt einen Moment inne, dann sagte es: »Einige befinden sich am Rand desselben.«
»Midkemia?«
Der große Drachenkopf nickte. »Euer Leben ist
lang, verglichen mit dem anderer Sterblicher, aber in
diesem Kampf geschieht, was aus dieser Welt werden wird, innerhalb eines Blinzelns eines Gottes.
Midkemia hat zu lange ohne den Einfluss der Göttin
des Guten existiert. Was Ihr und Euer Konklave begonnen habt, hat die Anstrengungen des Namenlosen
für mehr als ein Jahrhundert zurückgehalten. Aber er
schläft, und seine Schergen sind nichts als Träume
und Erinnerungen, machtvoll nach Eurem Maßstab,
aber nichts verglichen mit dem, was der Welt bevorsteht, sollte er erwachen.«
»Erwacht er?«
»Nein, aber seine Träume sind fiebriger geworden,
und seine Sache wird nun von einem anderen aufgenommen, einem Wesen, das noch mächtiger und tödlicher ist.«
Pug war verblüfft. Er konnte sich kein Wesen vorstellen, das mächtiger und tödlicher sein sollte als der
Gott des Bösen. »Was für ein Wesen könnte denn
…« Er brachte die Frage nicht zu Ende.
»Der Dunkle Gott der Dasati«, sagte das Orakel.
Pug erschien in seinem Arbeitszimmer. Er sah sich
rasch um, um sich zu überzeugen, dass er wirklich
allein war, denn seine Frau rollte sich oft in der Ecke
zusammen, um in Frieden lesen zu können, wenn er
weg war. Die Worte des Orakels hatten ihn erschüttert. Er hatte sich für einen Mann von Erfahrung
gehalten, einen, der schrecklichen Ereignissen gegenübergestanden und sie überlebt hatte, einen, der unendliches Entsetzen gesehen und ertragen hatte, einen, der dem Tod in seiner eigenen Halle gegenübergestanden hatte und ins Reich der Lebenden zurückgekehrt war. Aber dies ging über sein Begreifen hinaus, und er fühlte sich überwältigt. Mehr als alles
andere wünschte er sich in diesem Augenblick, sich
an einen ruhigen Ort zurückziehen und eine Woche
schlafen zu können. Aber er wusste, solche Empfindungen waren nur das Ergebnis des Schocks, den er
erlitten hatte, und würden vergehen, sobald er sich
den näherliegenden Fragen widmete. Ah, aber das
war genau das Problem: Wo sollte er anfangen? Mit
Schwierigkeiten so immens, wie sie dem Konklave
jetzt bevorstanden, fühlte er sich wie ein Baby, das
man bat, mit seinen winzigen Händen einen Berg zu
versetzen.
Er ging zu einem Schrank in der Ecke und öffnete
ihn. Drinnen befanden sich mehrere Flaschen, darunter ein starkes Getränk, das Caleb ihm im Jahr zuvor
gebracht hatte: Kinnoch-Whisky. Pug hatte das Zeug
liebgewonnen. Er besaß auch ein paar Kristallbecher,
die ihm der Kaiser von Kesh vor kurzem geschenkt
hatte, und er goss sich ein kleines Glas
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