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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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die verwachsenen Leiber und ihre aufgeregt flatternden
Flügel wurden von einem erdbeerroten Glanz überzogen. Sie schwirrten über uns
wie ein bösartiger Bienenschwarm. Und es dauerte nicht lange, bis die ersten
Todesschreie erklangen. Die Teufelsjünger stürzten sich auf jeden meiner
Artgenossen, den sie erwischen konnten, fügten ihnen schlimme Bißwunden zu oder
rissen sie tot und katapultierten sich dann mit dem Opfer im Maul stolz wieder
in die Lüfte. Das Mörderhecheln, das jämmerliche Winseln der Sterbenden und der
häßliche Flügelschlag übertönten den ersten Gesang der Vögel. Vom Himmel
regnete es Blut.
    Mir liefen die Tränen übers Gesicht, und doch lief ich um
mein Leben, in der nicht gerade realistischen Hoffnung, daß das Schicksal mich
verschonen möge. Angesichts des blutigen Gemetzels, an dem ich keine geringe
Schuld trug, schwor ich mir, daß ich nie wieder auch nur ein Wort mit einem
Menschen wechseln würde. Ich hoffte nur, daß Gott oder wer auch immer mein
reines Herz kannte, meinen Schwur erhörte und mir deshalb Gnade gewährte.
    Vor mir tauchte eine Ansammlung wildgewachsener Bäume auf,
die sich mit ihren krüppeligen Asten gegenseitig zu erwürgen schienen. Über
diesem verlotterten Hain ging endlich die Sonne auf und verjagte die blutige
Morgenröte mit ihrem strahlenden Licht. Vielleicht konnte ich mich hier
verstecken, bis alles vorbei war.
    Ich kroch durch das Gestrüpp und trippelte entlang der
Elefantenfüßen ähnelnden Baumstämme bis zur Mitte des Dschungels en miniature.
Mein Herz raste, ich zitterte am ganzen Leib, und die Angst hatte sich so tief
in meine Seele eingegraben, daß ich dachte, die ganze Welt bestünde nur aus
ihr.
    »Nein, nicht die ganze Welt, Dude«, sagte eine Stimme.
    Ich fuhr herum und sah zwischen den Bäumen den guten alten
Refizul stehen. Er steckte in einem weißen Sommeranzug mit gebügeltem
Einstecktuch in der Brusttasche. Die langen silbernen Haare waren hinten zu
einem Dutt verknotet, und auf seinem Schädel prunkte ein stilvoller Panamahut.
Er trug braune Ledersandalen, eine Sonnenbrille auf der Höckernase, deren
Gläser vollkommen schwarz waren, und stützte sich auf einen Spazierstock,
dessen goldener Knauf eine Dämonenfratze darstellte. Er lächelte milde.
    »Im Gegenteil, niemand hat heutzutage mehr Angst. Das ist
es ja. Niemand glaubt mehr an das Jenseits. Alle denken, sie werden
wiedergeboren. Vielleicht als Anführer eines von Öko-Heinis geschützten
Wolfsrudels in Kanada oder als Sproß eines Milliardärs. Jedenfalls nichts,
wovor man sich fürchten müßte.«
    »Okay, Refi, wie geht es jetzt weiter?« Ich zitterte immer
noch. Eins mußte man dem Kerl lassen, immerhin wußte er einem das Fürchten zu
lehren.
    »Das wollte ich dich fragen.«
    »Willst du mich auch töten wie die anderen? Dann töte
mich. Eher bin ich tot, als daß ich mit dir gemeinsame Sache mache. Ich werde
die Tiere niemals verraten und zulassen, daß sie mit den Menschen gemein
werden.«
    Das entspannte Bonvivant-Gesicht verwandelte sich in eine
wutverzerrte Grimasse. »Na gut, dann töte ich dich eben ...« Er tat einen
Schritt auf mich zu, stoppte jedoch, als er merkte, daß ich nicht zurückwich. Er
winkte mit dem Spazierstock ab. »Haha, war nur Spaß! Ich kann dich doch gar
nicht töten, Dude. Du bist der Auserwählte, und ich kann den Pakt nur mit einem
einzigen Tier und nur ein einziges Mal schließen. Weigerst du dich, deinen Part
zu erfüllen, wird die ganze Angelegenheit scheißkompliziert. Vielleicht sollte
man Anwälte bemühen. Was meinst du?«
    »Kein Anwalt.«
    »Und ich kann dich wirklich nicht umstimmen?«
    »Nein!«
    »Mann, du bist ja noch sturer als die vom Finanzamt!«
    »Ein Patt also?«
    »Hm, laß mich mal überlegen.« Er begann auf dem
vertrockneten Pflanzenteppich auf und ab zu gehen, wobei er den Spazierstock
bei jedem Schritt theatralisch schwang. Es sah aus, als zerbreche er sich über
eine besonders knifflige mathematische Formel den Kopf. Dann blieb er endlich
stehen und lächelte mich lauwarm an. »Ich hab's! Wie wär's, wenn wir erst
einmal Urlaub machen und etwas Abstand voneinander gewinnen? Wir lassen die
Sache einstweilen auf sich beruhen sozusagen.«
    »Wie lange denn?«
    »Ach, so siebzehn Jahre.«
    »Wieso siebzehn und nicht sechzehn oder achtzehn?«
    »Weiß nicht, ist nur so ein Gefühl. Vielleicht sieht ja in
siebzehn Jahren alles ganz anders aus.«
    »Hey, ich weiß doch gar nicht, ob ich überhaupt so

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