Felidae
denselben niederschmetternden Inhalt des Briefes noch einmal an den Kopf geschmissen zu bekommen. Doch da äußerte die Lektorin mit einem Mal einen sehr kuriosen Wunsch. Sie bat um den Rest des Manuskripts. Ich war überrascht und fragte, ob n och Hoffnung bestünde. Nein, erklärte sie kalt, die Bitte sei rein privat. Als ich nachbohrte, gestand sie schließlich, dass sie zwar von dem Buch wenig halte, nichtsdestotrotz aber unbedingt wissen wolle, wie die Geschichte weiterginge, vor allem, wer der Mörder sei - rein privat.
Im Juli 1989 erschien FELIDAE mit einer Auflage von siebentausend Exemplaren. Einen Monat später veränderte sich mein Leben in einem Ausmaß, wie ich es mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorgestellt hätte. Bis zur Veröffentlichung hatte ich es noch zehn Monate aushalten müssen. Beim Schreiben der letzten Zeilen weinte ich wie ein Schoßhund in die Tastatur des Computers hinein, teils vor Rührung über das schwermütige Ende, teils wegen der fürchterlichen Gewissheit, dass ich mich mit diesem Akt aus dem faszinierenden Reich der bösen schlauen Katzen herauskatapultiert hatte. Schade, ich wäre noch so gerne dort geblieben.
Akif am Tag der Veröffentlichung von FELIDAE (nachträglich bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass ich in diesen Klamotten auch eine prima Karriere als Tango-Tänzer hingelegt hätte)
Inzwischen hat sich FELIDAE allein in Deutschland über zwei Millionen mal verkauft, und ist in viele Sprachen übersetzt worden (leider noch nicht ins Hebräische, was ich sehr bedaure). Selbst in den USA und in Australien ist der Titel ein Begriff. Ich möchte nicht überheblich klingen, aber wer FELIDAE nicht kennt, hat echt eine kleine Bildungslücke. Doch der Siegeszug begann weniger spektakulär als man vermutet. Nachdem ich an diesem schicksalhaften Sommer das erste Belegexemplar in den Händen hielt, machten mein guter alter Freund Rolf und ich uns daran, Zeitungen, Magazine und Fernsehsender anzurufen und ihnen die freudige Botschaft zu verkünden, auf dass sie darüber ordentlich berichteten. Und siehe da, die Presse reagierte im Gegensatz zu den Verlagsleuten durch die Bank völlig aufgeschlossen und positiv, um nicht zu sagen begeistert. Das hing wohl auch damit zusammen, dass sie mit dem Gegenstand des Buches, nämlich dem Katzentier wunderbar ihre Artikel oder Filmberichte bebildern konnten. Es begannen allmählich Heerscharen von Reportern und Fernsehleuten zu uns in die Bonner Südstadt zu pilgern, und alle waren ganz außer sich ob der hinrei ß enden Altbauten und dem überall kreuchenden und fleuchenden Katzenvolk.
Ich erinnere mich an ein Schlüsselerlebnis. Da ich an mein »Baby« so sehr glaubte, rief ich gleich am ersten Tag nach der Auslieferung beim Verlag an und wollte erfahren, ob sie auch einen sorgsamen Blick auf die 7000er-Auflage hätten. Größenwahnsinnig, wie ich war, befürchtete ich, dass bei einem schnellen Ausverkauf nicht rechtzeitig eine zweite Auflage gedruckt und ausgeliefert würde. Ich solle mir keine Sorgen machen, sagte man mir dort amüsiert, denn schließlich hätten sie ein sehr effektives Computerprogramm (ja, so etwas gab es schon damals), welches sie stets warnen würde, wenn eine Auflage sich ihrem Ende neige. Schließlich dauerte das Drucken und Ausliefern einer neuen Auflage seinerzeit mehr als zwei Wochen. Ich verließ mich auf die Aussage. Zwei Wochen später besuchte ich einen großen Buchladen bei uns in der Stadt, begab mich mit stolzgeschwellter Brust zu einer der Buchhändlerinnen und stellte mich ihr als ein lokaler Autor vor. Ob man mein neu erschienenes Buch nicht ins Schaufenster stellen möge. »Bei uns wird jeder gleich behandelt!« war die barsche Antwort. Ich war unsagbar peinlich berührt, wandte mich ab und wollte schon gehen. Doch im letzten Moment hatte die Dame wohl Mitleid mit mir, und wollte wissen, um welches Buch es sich denn handle. Eine Geschichte mit Katzen, die einen Kriminalfall lösen. »Ach Felidae!«, sagte sie und bekam einen ganz entrückten Blick, »Das ist vergriffen, ist erst in drei Wochen wieder lieferbar.«
Glauben Sie mir, das waren die grausamsten drei Wochen meines Lebens. Denn viele Medien berichteten ja schon von Francis und seinem Abenteuer im Katzenreich - bloß gab es das verdammte Buch nirgends zu kaufen! Das Computerprogramm hatte auf ganzer Linie versagt. Und nicht genug damit, als endlich die nächste Auflage anrollte, erfuhr ich,
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