Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman
merkwürdigen Unfall erfuhr. Man muß sich in der Welt der Schwerkraft halt sehr vorsichtig bewegen, wenn man nicht über eine so herausragende Gelenkigkeit verfügt wie unsereiner. Vor allen Dingen sollte man noch vorsichtiger im Umgang mit meinesgleichen sein, sonst bricht man nicht nur anderen das Herz, sondern auch sich selbst leicht das Genick. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, zu denen nur meine Rasse Zugang besitzt. Ich sage nur Psi-trailing!
Im Grunde hätte ich die Flucht also gar nicht erst antreten müssen. Dennoch bin ich nachträglich zu der Überzeugung gelangt, daß sie notwendig gewesen war. Durch sie lernte ich nämlich zum ersten Mal Kreaturen kennen, die ihr Leben ohne den täglichen vollen Futternapf bestreiten müssen. Einige von ihnen leisten trotz eigener Mühsal Heroisches für ihre Brüder und Schwestern wie das Volk der Blinden. Andere ... Nein, ich wollte nicht, daß mir nur diese häßlichen Erinnerungen an die Wilden bleiben. Ich wollte andere Erinnerungen. Solche wie von meiner ersten Begegnung mit Alraune, als sie auf der Laubschicht wie eine Waldkönigin gelegen hatte, von Sonnenstrahlen in ein unwirkliches Lichtwesen verwandelt, die weißlichgrünen Augen zu hinreißenden Schlitzen verengt. Und ich wollte mir vorstellen, daß ihre Stammesangehörigen in den undurchdringlichen Wäldern Skandinaviens reiche Beute und die Abgeschiedenheit fanden, die sie so dringend brauchten. Aber auch ein paar leistungswillige Männchen, die die Art vor dem Aussterben bewahren würden. Manchmal waren falsche Erinnerungen besser als häßliche. Ambrosius sagte: »Eines Tages wird der Mensch auf seine Welt blicken und etwas sehr Sonderbares sehen: abwesende Tiere.« Was für eine alptraumhafte Vorstellung! Ich achtete Ambrosius trotz seiner Untaten immer noch, doch gleichzeitig wünschte ich mir, daß seine letzten Worte niemals wahr werden würden. Ich wollte nicht in so einer einsamen Welt leben, und das Komischste dabei war, daß die Menschen in Wirklichkeit selbst auch nicht darin leben wollten.
Gustav, Diana und der zusätzlich herbeigerufene Tierarzt, der mich noch einmal gründlich untersucht hatte, betraten das Zimmer. Sofort schloß ich die Augen und gab ein mitleiderregendes Wimmern von mir. Daraufhin verfiel der Dicke ebenfalls in ein Wimmern, das allerdings weniger körperlichen Schmerzen denn einem berechtigten Schuldbewußtsein entsprang. Recht so! Er beugte sich zu mir hinab, streichelte behutsam und mit zittrigen Händen meinen Kopf und versprach allerlei Dinge, mit denen er mich beglücken wolle, wenn ich ganz schnell wieder gesund würde. Herr im Himmel, sogar von lebendigen Mäusen war da die Rede! Ich aber lächelte heimlich in mich hinein und dachte: Nicht nur die wirst du mir liefern, mein dummer Freund, nicht nur die ...
Und mit diesen verheißungsvollen Aussichten schließt das Detektivbüro Francis einstweilen seine Türen. Falls Sie Ihre Frau des Fremdgehens verdächtigen oder Ihren Mann des dreiundvierzigfachen Mordes, wenden Sie sich bitte vorübergehend an andere Detektive. Vielleicht befindet sich einer von ihnen gleich in Ihrer Nachbarschaft. Aber im Gegensatz zu den schlechten sind die wahren Detektive an einem sehr markanten Merkmal sofort zu erkennen: Sie haben scharfe Krallen!
Anmerkungen
1 Als Weltmeister unter den Säugetieren verbringen Katzen rund 16 Stunden eines Tages in Morpheus' Armen und übertreffen damit sogar noch den faulen, großen Pandabären, der sich gerade einmal zehn Stunden »hinhaut«. Da sie zwei Drittel der Zeit »abschaltet«, hat eine neun Jahre alte Katze also praktisch nur drei Jahre wach gelebt. Aber Quantität ist nicht Qualität, und daher kann die gemütliche Transuse doch nicht so intensiv »relaxen« wie ihre zweibeinigen Kammerdiener. Katzen nehmen ihren Schlummer nicht wie Menschen an einem Stück, sondern in Form von kleinen Häppchen, die auch »Katzenschläfchen« heißen. Während dieser Nickerchen, die aus mehreren Schlaf-Zyklen bestehen, wird das Gehirn längst nicht so radikal »ausgeknipst« wie beim Menschen. Der Tiefschlaf der Katze entspricht von den Biosignalen her eher unserem leichtem Schlaf. Und wie es sich für einen Jäger gehört, bleibt der »Radar« der Katze auch in der Siesta hellwach. Wenn auch nur irgendein entfernt mäuseartiges Knistern zu vernehmen ist, schlägt die »Alarmanlage« an, und der Stand-By-Tiger ist im gleichen Augenblick voll da.
Katzen, die oft unter den artistischsten
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