Felidae
gleich! Begreif das doch endlich! Tiere sind gute Menschen und Menschen böse Tiere!«
Ich drehte ihm vorsichtig den Rücken zu und beugte mich über die Tastatur des Computers.
»Jeder will die Welt regieren«, sagte ich schmerzerfüllt. »Aber auch wirklich jeder! Das ist es doch, worum es geht, nicht wahr? Darum geht es letzten Endes immer. Und jede Art glaubt, sie sei die Nummer Eins. Und jedes Individuum ist der festen Überzeugung, da ß es allein ein Anrecht darauf hat, den Thron zu besteigen und den anderen Befehle zu erteilen, die anderen zu vernichten. Und jeder macht sich in Wirklichkeit etwas vor, weil es auf allen Thronen dort oben so einsam und kalt ist. Wir haben uns nichts mehr zu sagen, mein Freund. Ich verstehe die Gründe, weshalb du diesen Alptraum entfacht hast und möchte dir auch nicht verheimlichen, da ß ich gewisse Sympathien für deinen rigorosen Plan hege. Aber nicht um diesen Preis, nein, nicht um diesen grausamen Preis! Ich werde dich bekämpfen und alles in meiner Macht Stehende unternehmen, dein Lebenswerk zu zerstören. Das schwöre ich, so wahr ich hier stehe! Und mit dem Löschen dieses unsäglichen Programms werde ich anfangen. Es tut mir leid ...«
»Du hast keine Vorstellung davon, wie leid es mir erst tut, Francis«, hörte ich ihn von unten her abgrundtief traurig flüstern.
Dann, als meine Pfoten die Tasten für den Löschvorgang berührten, vernahm ich das Geräusch, auf das ich die ganze Zeit gewartet hatte. Ein scharfes Zischen, als würde die Luft zerreißen, verbunden mit einem irrsinnigen Kreischen. Ich warf mich instinktiv zur Seite, und er prallte mit voller Wucht gegen den Monitor und warf ihn vom Rechner herunter. Das Gerät rutschte über die Kante des Glastischs und krachte zu Boden. Die Bildröhre implodierte mit einem dumpfen Knall, der Bildschirm zerbarst in tausend Scherben, und eine Funkensalve scho ß aus dem Innern des Kastens hervor und setzte die weißen Vorhänge der Fensterfront in Brand.
Pascal und ich standen uns nun bis aufs äußerste gespannt mit gesträubten Rückenhaaren gegenüber. Beide machten wir drohende Buckel und brummten warnend. Plötzlich stemmte sich mein rabenschwarzes Gegenüber auf die Hinterbeine und stürmte mit ausgefahrenen, messerscharfen Vorderpfotenkrallen, die wie ein asiatisches Kampfinstrument zischend wirbelten, auf mich zu. Ich tat es ihm gleich, und so trafen wir uns in der Mitte des Tisches und krallten uns ineinander. In dieser Stellung stürzten wir auf die Glasplatte, rollten uns herum, attackierten uns gegenseitig mit den Hinterpfoten, schlugen mit unseren Zähnen blindlings aufeinander ein und kratzten und prügelten uns gegenseitig erbarmungslos. Pascal versuchte dabei immer wieder, mit den Fangzähnen meinen Nacken zu erreichen, um den Meisterbi ß anzubringen, den er so perfekt beherrschte. Statt dessen jedoch erwischte er mein rechtes Ohr und bi ß mit der ganzen Kraft seiner Kiefer zu. Eine dünne Blutfontäne scho ß aus der Wunde, lief mir über die Stirn in die Augen und nahm mir die Sicht. Mit dem Mut der Verzweiflung hackte ich daraufhin meine Reißzähne in Pascals Brust und ließ so lange nicht von ihm ab, bis er plötzlich zurückwich und jaulend seine Wunden leckte.
Unterdessen hatten die Flammen die Vorhänge bereits vollständig aufgefressen und hechelten mit ihren gierigen Zungen nach der Zimmerdecke. Geschmolzener Kunststoffschleim tropfte von oben herab, brannte sich in den Teppichboden ein und entfachte neue Feuerherde. Der Raum war von übelriechendem Qualm und von erstickender Hitze erfüllt, und der helle, flackernde Schein des Brandes versorgte uns beide blutende Gladiatoren mit der entsprechenden aufputschenden Kampfbeleuchtung. Ich wollte nichts wie raus aus dieser Hölle, befürchtete aber, da ß der alte Krieger vor mir, der ganz offensichtlich seine letzte Schlacht schlug, die Erlaubnis dafür verweigern würde. So leckten wir knurrend unsere Wunden und bereiteten uns auf den nächsten Schlagabtausch vor, während der wild tanzende Flammenkrischna sich zu einer handfesten Feuersbrunst steigerte und seine tausend Hände nach der Bibliothek des Hausherrn ausstreckte.
Pascal, dem ein Schwall von Blut aus der Brust strömte, hechtete plötzlich blitzartig auf mich zu, als sei unter seinem Hintern eine Bombe hochgegangen, erwischte mich mit seinen Mörderzähnen am Hals und ri ß mich auf die Glasplatte. Doch bevor er seine Hauer tiefer hineinbohren konnte, entwandt ich mich seinem Bi
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