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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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heute sich kaum mehr an die traditionelle, artspezifische Begrüßung hält. Auf der anderen Seite sein komischer Besitzer, dem bereits ein Trommelfell geplatzt ist, weil er einmal der neuesten Motley-Crüe-LP bei voller Lautstärke mit Kopfhörern gelauscht hat.«
    »Eine Frage: War Deep Purple kastriert?«
    »Purple und kastriert! Mann, dieser Freak wäre eher glatt zum eingefleischten Frank-Sinatra-Fan geworden, als seinen Liebling kastrieren zu lassen. Aber Purple war jenseits von solchen Schwulitäten. Wie gesagt, er war zirka so alt wie Methusalem - sah aber viel älter aus!«
    Er stand auf, drehte mir den Rücken zu und blickte gedankenverloren durch das schmierige Fenster der Balkontür zum Himmel empor.
    »Komisch«, sagte er traurig. »Jetzt tun sie mir beide irgendwie leid. Obwohl es wohl keinen drastischeren Unterschied hätte geben können als den zwischen diesem spießigen Mistvieh und diesem nachgemachten Heavy-Metal-Heini, müssen sie sich doch auf die eine oder andere Weise gemocht haben, wo sie schon so lange zusammengeblieben sind. Ja, sie waren schon ein lustiges Paar, Deep Purple und der Postbeamte. Was wird dieser Dosenöffner nun ohne Purple anstellen? Wird er sich einen neuen Hausgenossen anschaffen? Und was für einen Namen wird er ihm geben? Judas Priest?«
    Ich hatte eine beunruhigende Vermutung, was Deep Purples Identität betraf. Nachdem ich das lästige Reinemachen endlich hinter mich gebracht hatte, wandte ich mich dem Monstrum zu, dessen unerwarteter Redefluss nun zum Stillstand gekommen war.
    »Wo liegt Deep Purples Leiche jetzt?«
    »In der Garage von Peter Fonda. Willst du wieder deine schlauen Untersuchungen anstellen?«
    »Falls du nichts dagegen hast. Kannst du mich hinführen?«
    »Warum nicht«, gähnte er in seiner inzwischen wiederhergestellten unnachahmlichen Coolness, als sei die vorangegangene Betrübtheit eine Ausfallserscheinung gewesen, über die man das Mäntelchen des Schweigens decken mü ß te. Er wandte sich zum Gehen, aber ehe er so richtig in die Gänge kam, überholte ich ihn mit einem blitzschnellen Sprung und blickte ihm tief in das einzige heile, dafür jedoch umso stärker leuchtende Auge.
    »Wie nennt man dich , Klugscheißer?« fragte ich herausfordernd. Er lächelte müde und streifte leise an mir vorbei und durch die Balkontür hinaus.
    »Blaubart!« rief er von draußen. »Aber frag' mich jetzt bloß nicht auch noch nach meinem Dosenöffner, sonst bekomme ich das große Kotzen!«
    Ich folgte meinem humpelnden Monarchen zum Balkon und von dort mit einem Riesensatz auf die Terrasse. Der Herbst hatte sich mittlerweile mächtig ins Zeug gelegt und seine morbide Pelerine über die pittoresken Gärten gedeckt. Wie ein unsichtbarer Vampir hatte er aus den Bäumen und den anderen Pflanzen all das Grün gesogen und sie in gelbbraune, blutleere Wracks verwandelt. Der Himmel war düster mit bedrohlich wirkenden, bleifarbenen Wolken verhangen, zwischen denen die untergehende Sonne hier und da ein paar fahle, rötliche Lichtstreifen auf unseren beschaulichen Distrikt warf. Es wehte ein frischer Wind, der den abgefallenen Pflanzenmüll aus vertrockneten Blättern und kleinen Ästen durcheinanderwirbelte, über die akkurat gemähten Rasen verteilte, in die morschen, halboffenen Gartenhäuschen trieb oder in die künstlich angelegten Tümpel warf. Kein Zweifel, alles schien sich auf das große Sterben vorzubereiten, auf den tiefen Schlaf, aus dem es hoffentlich wieder ein Erwachen gab.
    Wir spazierten nun auf dem verschlungenen Netz von Mauern, die die zahllosen Gärten voneinander trennten und die aus der Vogelperspektive wie ein kniffliges Irrgarten-Rätsel aussehen mu ß ten. Blaubart humpelte beschwerlich vor mir her wie eine dieser lustigen Nonsensapparaturen, die man in Geschenkeläden bekommt und deren einzige Aufgabe darin besteht, komisch anzuschauende Bewegungen zu vollführen. Dabei bot er mir seine schwanzlose Hinteransicht dar, so da ß ich mich von seiner zwischen den Schenkeln hurtig hin- und herbaumelnden, prachtvollen Männlichkeit überzeugen konnte. Es glich schon einem unerhörten Mirakel, da ß in seiner reichhaltigen Kollektion an Verkrüppelungen nicht auch noch dieser kostbare Teil enthalten war.
    Je länger ich hinter diesem stolzen Invaliden hertrotten und mir sein ganzes Elend anschauen mu ß te, desto eindringlicher beschäftigte mich die Frage, von was oder wem er das Opfer geworden war. Unfälle, insbesondere Verkehrsunfälle, sind die

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