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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Mittvierziger mit großem Kopf, hoher Stirn und einer goldenen Brille vor den freundlichen und doch durchdringenden, blauen Augen dar. Sein Blick verriet Intelligenz und Neugier, und in den Winkeln seines festen Mundes schien Schalkhaftigkeit zu spielen. Er trug die Zivilkleidung eines Ordenspriesters: einen schwarzen, weiten Gehrock und Hosen, die in hohen, festen Röhrenstiefeln steckten. Er stand inmitten von irgendwelchen undefinierbaren Pflanzen, deren Äste und Blätter ihn schon derart eingehüllt hatten, da ß der Eindruck entstand, als wüchse er aus all diesem Grün selbst wie eine Pflanze hervor. Unten an der rechten Ecke des Gemäldes stand in edler, geschwungener Handschrift geschrieben: Gregor Johann Mendel. Vielleicht war der Hausherr ein religiöser Mensch, oder das Bild stellte einfach einen Verwandten, wahrscheinlich seinen Vater dar.
    Mein Blick driftete vom Wandgemälde ab und fixierte den Computer auf dem gläsernen Schreibtisch - vor dessen Farbmonitor unser Freund saß! Im ersten Moment dachte ich, er wäre dort eingeschlafen. Aber dann sah ich, wie er die rechte Vorderpfote bewegte und ganz flink die Tastatur bediente. Es war einfach unfa ß bar. Am Ende hatte dieser Typ den letzten Börsenkrach verursacht! Ich hatte schon die bizarrsten Histörchen über unser Volk gehört, doch dieses Bild war einfach absurd, wider die Natur, noch schlimmer, wider Brehms Tierleben!
    Während ich noch damit beschäftigt war, vor Verblüffung meinen Atem anzuhalten, drehte er sich vom Bildschirm weg und blinzelte uns lächelnd zu.
    »Herzlich willkommen, meine lieben Freunde!« begrüßte er uns überschw e nglich. »Ich habe mich schon gewundert, wo ihr bleibt. Blaubart erzählte mir ...«
    Er bemerkte meinen verwunderten Blick und schüttelte schmunzelnd den Kopf.
    »Oh, ihr habt mich bei meiner Spielerei ertappt. Nun, die Errungenschaften der Mikroelektronik haben der Welt den allerbösesten Bann auferlegt: Du sollst spielen, bis du daran zugrunde gehst! Also la ß t euch in Zukunft von stolzen Computerbesitzern nicht erzählen, da ß sie diese Wundermaschinen aus rein rationalen Gründen bräuchten. Die meiste Zeit wird mit den Dingern gespielt. Ich bin keine Ausnahme.«
    Er war eine »Braune Havanna«, also einer Rasse angehörig, die an Intelligenz und Scharfsinnigkeit alle anderen Rassen in den Schatten stellt. Eine inzwischen speziell amerikanische Rasse, deren Kopf etwas länger als breit ist und deren Nase einen deutlichen »Stop« zwischen den Augen hat. Wegen seiner charakteristischen Schnauzenform und seinen übergroßen, spitz nach vorn gerichteten Ohren war er mit keinem Artgenossen, den ich bis dahin gesehen hatte, zu vergleichen. Sein geschmeidiges Fell - ein kräftiges, warmes Schokoladenbraun, das sich im trüben Licht jedoch als Schwarz tarnen konnte - verschluckte die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes, die durch die riesige Glasfront hinter dem Schreibtisch fielen. Ja, er war wunderschön anzusehen, doch wie mit fast allen Artgenossen in dieser Gegend schien auch mit ihm etwas nicht zu stimmen. Ich konnte nicht genau bestimmen, was es war, aber er machte auf mich irgendwie den Eindruck, als sei er, na ja, wie ein grobes Kindespuzzle aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt, die nicht so richtig miteinander harmonisieren wollten. Vielleicht lag dieser Eindruck ja an seinem Alter, denn er befand sich bereits auf der Vorstufe zum Greisentum. Aber vielleicht hatte man wie mit Felicitas auch mit ihm früher einmal etwas Furchtbares angestellt.
    »Also, dieser Bursche hier ist Francis, und der Schlaumeier da drüben heißt Pascal«, stellte uns Blaubart vor.
    Er sprang vom Schreibtisch herunter und kam auf uns zu, so da ß ich einen Blick auf den Monitor erhaschen konnte. Doch außer der unleserlichen Kryptographie eines Textes, in den einige bunte Grafiken gewoben waren, konnte ich nichts erkennen.
    »Es ist mir eine Freude und eine Ehre, dich kennenzulernen, Francis«, sagte Pascal in seiner nervtötenden Herzlichkeit und machte vor uns halt. »Darf ich euch beiden vielleicht eine Kleinigkeit anbieten? Ich habe hier LatziKatz mit Krabben.«
    »Danke, wir haben eben schon gegessen.«
    Diese Höflichkeitssaltomortali gingen mir langsam auf den Geist.
    »Ähm, also ich persönlich hätte gegen ein Häppchen nichts einzuwenden. Heute Morgen hatte ich irgendwie keinen rechten Appetit, und das Zeug rutschte nicht so glatt rein, falls ihr versteht, was ich meine.«
    Blaubart glotzte mit seinem

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