Felidae
Rauschzustand hineinsteigerten. Wiewohl ich während der Genu ß stunden von der Konkurrenz verschont blieb, wurde ich seltsamerweise keinen Augenblick lang das störende Gefühl los, da ß wir bei unserem Liebesringen beobachtet wurden. Ob dies eine berechtigte Ahnung war, ließ sich nicht feststellen. Denn immer, wenn ich zwischendurch einen paranoiden Blick um mich warf, gab es nichts zu sehen. Nachträglich kommt mir das Abenteuer mit der Unbekannten wie ein weiterer Traum vor - ein wunderschöner, allerdings auch ziemlich bizarrer Traum.
Als die Sonne am Mittag von bösartig wirkenden Wolken verscheucht wurde, verließ sie mich und verschwand im undurchsichtigen Dschungel der Gärten. Ich war derart ausgepumpt und erschöpft, da ß ich nicht mehr die Kraft aufbrachte, ihr zu folgen. Sie jedoch hatte ihre Hochzeitsparty erst eröffnet und würde noch viele Tage und Nächte durchfeiern. Da ß sie in diesem Zustand in die Fänge des allgegenwärtigen Mörders geraten könnte, kam mir nicht in den Sinn, und ich machte sie auf die Gefahr auch nicht aufmerksam. Der Grund für diesen Leichtsinn blieb mir selbst ein Rätsel. Vielleicht, so dachte ich später, sah sie nicht wie ein Opfer aus.
Ich schleppte mich wieder in die Wohnung zurück und haute mir zunächst einmal unter Gustavs mi ß mutigen Blicken mit herzhaftem LatziKatz den Bauch voll. Er war gerade eben aufgestanden und hatte mir mein Frühstück zubereitet, so da ß ihm meine Liaison entgangen sein mu ß te. Doch sein zitronensaurer Gesichtsausdruck verriet deutlich seine Abneigung gegen das scharfe Aroma, welches aus jeder Zelle meines Körpers strömte. Schließlich schüttelte er angewidert den Kopf, faselte irgendwas von »ein Bad ne h men« und »seid eigentlich für akkurate Reinlichkeit bekannt« und stampfte dann brummend zu seinem Vollwertmüsli mit selbst angesetzten Weizenkeimen zurück - einer mir verha ß ten (und wie ich glaube, schnell vergänglichen) Neuerung in seinem Leben, die die Folge von Archies blödsinnigen Ratschlägen war. Von diesem Zeitgenossen würden wir, Gott sei's gedankt, für heute verschont bleiben, weil Gustav die Renovierungsarbeiten zumindest am Sonntag ruhen lassen wollte. Nach dem Essen ging ich schnurstracks ins Schlafzimmer und schwebte auf meinem Kissen augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.
»Kenne ich die Kleine wenigstens?« Blaubart mu ß te schon eine ganze Weile mein Bett bewacht haben, denn als ich die Augen aufschlug, lag er langgestreckt auf dem Boden und gähnte. Wahrscheinlich war er von Gustav in die Wohnung hineingelassen worden und hatte ebenfalls ein Nickerchen gemacht. Ich konnte schlecht abschätzen, wie lange ich geschlafen hatte, nahm jedoch an, da ß es inzwischen später Nachmittag sein mu ß te. Als mein Blick das Fenster streifte, sah ich, da ß der von mir prophezeite Schnee-Einbruch Wirklichkeit geworden war. Hinter der Fensterscheibe flimmerte ein dichter Schleier aus haselnu ß großen Schneeflocken, welche von einem stahlgrauen Himmel ausgesandt wurden. Blaubart rutschte auf seinem Platz unruhig hin und her und leckte nervös die rechte Hinterpfote.
»Ich hoffe, du kennst sie«, sagte ich. »Sie kann uns nämlich der Auflösung des Falles ein Stück näher bringen.«
Er machte eine griesgrämige Miene und richtete dann mit seinem unversehrten Auge den Blick vorwurfsvoll auf mich.
»Fall? Auflösung? Sag bloß, du interessierst dich noch für diesen Quatsch! Nach deinem unerträglichen Gestank zu urteilen, scheinst du dich jedenfalls neuerdings lieber mit den angenehmeren Seiten des Lebens zu beschäftigen.«
Ich konnte nicht genau bestimmen, ob er das ernst meinte, oder ob dieser unsinnige Tadel eine Form von verborgenem Neid darstellte. Hatte der selbst nicht gerade nach Kernseife duftende Kerl etwa die ganze Zeit geglaubt, ich sei ein Mönch?
»Oh, heute sind wir aber schlecht aufgelegt, was? Könntest du mir vielleicht verraten, was diese dummen Bezichtigungen zu bedeuten haben?«
»Das fragst du noch? Gestern hat's Felicitas erwischt und letzte Nacht Solitaire. Der ganze Distrikt ist in Aufruhr, und überall kursieren die wildesten Gerüchte, wie du, Kong und Herrmann und Herrmann den Mörder um Haaresbreite habt entkommen lassen. Ich würde sagen, die Kacke ist voll am Dampfen, sie brennt sogar schon! Aber anstatt deinem Superhirn in den Arsch zu treten und uns alle von diesem bösen Fluch zu befreien, veranstaltest du in aller Gemütsruhe Orgien und pennst dir
Weitere Kostenlose Bücher