Ferdinand Graf Zeppelin
etwas über das Luftschiff oder gar über einen geplanten Aufstiegstermin verlauten. Niemals, hören Sie? Das ist eine strikte Anweisung vom Grafen Zeppelin, die ich nur auf das Nachdrücklichste unterstreichen kann. Man wird sie überall in Friedrichshafen immer wieder aushorchen wollen, erst recht, nachdem man in Ihnen ein Mitglied unserer Mannschaft erkannt hat. Man wird Ihnen freundlich auf die Schulter klopfen, Sie zu einem Bierchen einladen, um Ihnen die Zunge zu lockern und anderes mehr: Sie dürfen diesen Verlockungen aber niemals nachgeben. Alles hier ist streng geheim.«
Diese Vorsichtsmaßnahmen hatten ihren guten Grund, nicht nur, weil man sich keinesfalls im Hinblick auf einen konkreten Aufstiegszeitpunkt noch einmal so wie früher unter Druck setzen lassen wollte und dabei möglicherweise in der Hektik einen entscheidenden Fehler beging, sondern auch deshalb, weil Zeppelins Männer immer wieder heimliche Späher beim Versuch ertappten, sich ein Bild über die neuesten Entwicklungen am Luftschiff zu verschaffen. Manche waren sogar bei Nacht und Nebel über den Bretterzaun geklettert, andere hatten versucht, sich mit einem Ruderboot von der Seeseite her zu nähern. Wie auch immer: bislang hatte man jeden Spion noch rechtzeitig erwischen können – und so sollte es auch in Zukunft bleiben, wofür der Pförtner Koop verlässlich Sorge trug.
Nachdem also auf diesem Weg nicht das Geringste über die Geheimnisse in der Luftschiffwerft in Erfahrung zu bringen war, versuchte es die Konkurrenz mit einer anderen Methode: Ausgestattet mit einem Mandat der preußischen Luftschifferabteilung waren eines Tages Major Groß, Zeppelins langjähriger Intimfeind, der Luftschiffbauer Basenach und einige weitere Männer in Manzell erschienen. Man habe dem Generalstab einen Bericht über die bisher in das Luftschiff geflossenen Gelder zu erstellen und müsse sich deshalb an Ort und Stelle im Detail über die korrekte Verwendung der Finanzmittel informieren. Kaum hatte Groß vom Pförtner vergeblich den sofortigen Einlass gefordert, da erschien Zeppelin persönlich an der Eingangstüre und verweigerte der Delegation mit harschen Worten den Zutritt. »Sie wollen mich doch nur auskundschaften und unsere Erkenntnisse dann selber verwenden. Nie und nimmer gestatte ich Ihnen den freien Zutritt auf unser Gelände!«
Selten hatten seine Männer ihren sonst so ausgeglichenen Grafen derart aufgebracht erlebt. Es entwickelte sich ein hitziges Wortgefecht, bei dem Groß mit der sofortigen Rücknahme sämtlicher Finanzierungszusagen drohte. Doch Zeppelin blieb hart und erlaubte den Preußen einen Zugang in die Halle nur in Begleitung eines seiner engsten Vertrauten. An dieser Haltung des Grafen war nicht zu rütteln, so dass Groß nichts anderes übrig blieb, als dessen Bedingungen zähneknirschend zu akzeptieren. Am Ende dieses Tages schärfte Zeppelin dem Pförtner neuerlich ein, niemals einen Fremden auf das Gelände zu lassen, »und sei es sogar der König von Württemberg. Aber selbst seiner Majestät haben Sie ja schon erfolgreich widerstanden, Koop. So soll es bleiben!« Damit war alles geregelt. Auf Koop würde man sich auch in Zukunft hundertprozentig verlassen können.
Endlich war die Reichsschwimmhalle also fertig gestellt worden. Bald würden sie das Luftschiff vorsichtig aus der Montagehalle bugsieren und in die neue Schwimmhalle überführen. Das für alle Welt sichtbare Zeichen, dass der Tag des Aufstiegs nun näher und näher rückte. Parallel dazu entwickelte sich eine angespannte Nervosität – bei Zeppelins Männern genauso, wie bei den in großer Zahl angereisten preußischen Militärbeobachtern, die mit kritischen Mienen den Fortgang der Startvorbereitungen verfolgten – und erst recht bei den Abertausenden von erwartungsvollen Zaungästen. Offiziellen genauso, wie einer wahren Heerschar von inoffiziellen Neugierigen, die rund um Friedrichshafen, ja selbst im österreichischen Bregenz und am Schweizer Ufer nur darauf lauerten, das Zeichen zum unmittelbar bevorstehenden Aufstieg des »LZ 3« nicht zu verpassen, um dann sofort mit Extradampfern und Booten zur Reichsschwimmhalle zu eilen.
So dicht war die Stadt am Bodensee mit Menschen belagert, dass in den Gasthäusern mehrfach Essen und Trinken ausgingen, Übernachtungsbetten waren schon lange keine mehr zu bekommen – und auch mit der Lieferung des dringend benötigten Nachschubs haperte es gewaltig. Tag und Nacht schufteten die Bäcker in ihren Backstuben
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