Ferdinand Graf Zeppelin
ganz genau unter die Lupe nehmen.«
Am Nachmittag war der Arzt erschienen und hatte die Verletzung nun mit Schröpfköpfen behandelt: eine äußerst schmerzhafte Prozedur, an deren Ende sich jedoch tatsächlich eine Besserung einstellte. Offenbar hatte der Blutverlust geholfen, die Schwellung zu beseitigen. Jedenfalls ging es seitdem sichtbar mit der Genesung voran.
Einige Tage später fühlte sich Ferdinand sogar bereits wieder so weit hergestellt, dass er beschloss, mit Bella eine Theateraufführung zu besuchen. Doch kaum waren sie von der Vorstellung nach Hause zurück gekehrt, da klagte er über Schwäche und Übelkeit.
»Dann hast du dir also doch zu viel zugemutet, mein lieber Männi. Ich hätte mich gar nicht erst darauf einlassen sollen«, bemerkte Bella kopfschüttelnd.
»Nein, nein. Ich glaube nicht, dass es an dem Sturz mit dem Pferd liegt. Es ist dieses Mal eher so, dass ich plötzlich auch fürchterliche Halsschmerzen habe. Ich kann kaum noch schlucken, dazu wird mir abwechselnd heiß und kalt.«
Bella brauchte ihre Hand nur ganz kurz an Ferdinands Stirn zu halten: »Ferdi! Du hast ja ein furchtbar hohes Fieber! Du musst sofort ins Bett! Ich schicke nach dem Arzt!« »Nicht schon wieder der Arzt«, krächzte der Kranke schwach, war aber zu einer weiteren Gegenrede nicht mehr in der Lage.
»Dieses Mal ist es eine ganz besonders heftige Halsentzündung«, diagnostizierte der Arzt. »Machen Sie sich also keine Sorgen, aber Ihr Mann braucht wieder eine ganz besonders strenge Bettruhe, um gesund zu werden. Ich komme morgen früh gleich noch einmal vorbei, um nach ihm zu schauen.«
Allein die Tatsache, dass der Arzt ohne ihr weiteres Zutun von sich aus für den nächsten Morgen seinen nochmaligen Besuch ankündigte, hätte Bella stutzig machen müssen. Aber dieser Gedanke kam ihr erst viele Tage später. Zunächst überlagerte die neuerliche Sorge um die Gesundheit ihres geliebten Männi alle anderen Gedanken. Vor allen Dingen auch deshalb, weil die Halsschmerzen von Stunde zu Stunde schlimmer wurden und sich trotz der Eisbeutel, die sie zur Kühlung einsetzte, einfach keine Besserung einstellen wollte. Auch das Schlucken war ihm kaum noch möglich! Es wurde eine schlimme Nacht – für beide Eheleute.
Erst viele Tage später war das Fieber wieder so weit gesunken, dass ihm der Arzt gestattete, das Bett für einige Minuten zu verlassen. Auch die Schwellung der Mandeln war abgeklungen. »Doch bedenken Sie bitte, Herr Hauptmann: Ihr Körper ist von der Diphtherie noch stark geschwächt. Keinesfalls dürfen Sie sich irgendeiner Belastung aussetzen, ansonsten werden Sie einen üblen Rückschlag erleiden. Mit dieser Krankheit ist absolut nicht zu spaßen – gerade auch im Hinblick auf mögliche, durchaus gravierende Spätfolgen.«
Da war es also plötzlich heraus: Diphtherie!
Entsetzt schlug Bella die Hand vor den Mund. »Diphtherie! Aber davon haben Sie mir doch gar nichts gesagt!«
»Ich dachte mir, es sei besser, Sie nicht zusätzlich zu beunruhigen, gnädige Frau.« Der Arzt zuckte in einer Verständnis heischenden Geste mit den Schultern. »Was hätte es schon bewirkt, wenn Sie es gewusst hätten? Schlimmstenfalls wären Sie mir vor lauter Sorge womöglich in Ohnmacht gefallen. Aber nun sind Sie ja über meine Diagnose im Bilde. Und ich möchte Ihnen noch einmal dringend ans Herz legen, meinen Rat zur äußersten Schonung des Patienten ganz genau zu befolgen. Wie gesagt, mit der Diphtherie ist überhaupt nicht zu spaßen.«
Bella hatte die Botschaft verstanden. Über mehrere Wochen dauerte die Zeit der Rekonvaleszenz. Tage, in denen Bella strikt darauf achtete, dass sich ihr Ferdi nur ja nicht zuviel zumutete. All seinen Protesten zum Trotz, in dieser Hinsicht ließ die ansonsten so sanftmütige Bella nicht mit sich verhandeln. »Jetzt bist ausnahmsweise einmal du es und nicht ich, dessen Gesundheit angeschlagen ist. Dann verhalte du dich jetzt aber auch genauso, wie ich ansonsten deine Anweisungen ja ebenfalls zu befolgen pflege.«
Immerhin sorgte Bella dafür, dass ihr Ehemann während seiner ihm so fürchterlich lästigen Erholungszeit zumindest über ausreichend Lesestoff verfügte. Daran sollte es ihm nicht mangeln. Die Abhandlungen über technische Fortschritte und Erfindungen interessierten ihn ganz besonders. Also würde sie ihn hauptsächlich mit solchen Druckerzeugnissen bei Laune halten.
Eines Tages entdeckte der ganz allmählich wieder Genesende in dem Stapel, den ihm Bella auf den
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