Ferdinand Graf Zeppelin
dann wäre unser kleines Glück vollkommen …«
»Das wird sich schon noch ergeben, Bella. Du darfst dir da keine Gedanken machen. Glaube nur zuversichtlich daran. Wir haben schließlich noch Zeit. Du bist doch erst 28 Jahre jung …«
»… ein Alter, in dem meine Jugendfreundinnen schon drei oder gar vier Kinder bekommen haben«, erwiderte sie mit hörbar belegter Stimme. »Aber du hast schon recht: ich werde mich einfach in Geduld üben und jetzt erst einmal ein schönes Haus für uns suchen, in dem wir uns so richtig wohl fühlen können …«
»… natürlich eines, in dem es auch genügend Platz für ein großes Kinderzimmer gibt«, zwinkerte ihr Ferdinand lächelnd zu.
»Was ich noch gerne wüsste, Ferdi: mein Bruder hat sich doch kürzlich in seinem Brief an uns über das Schneiderlein von Ulm lustig gemacht und über die Tatsache, dass du ja auch dem Fliegen verfallen seiest und somit nun in genau der richtigen Stadt angekommen wärest. Sag, hat es dieses Schneiderlein denn tatsächlich gegeben. Ich dachte bisher eigentlich immer, das sei nur eine erfundene Geschichte – so wie die mit dem Ulmer Spatz.«
Um Ferdinands Mundwinkel spielte ein amüsiertes Lächeln. »Ach, der liebe Heinrich. Ist halt immer zu ein wenig Spott aufgelegt, nur weil er meine Begeisterung für die Eroberung des Himmels nicht teilen mag. Mag dein Bruder aber getrost skeptisch bleiben, ich hingegen glaube fest daran, dass wir eines Tages auch mit Fluggeräten in den Himmel steigen können. So wie das der Schneider von Ulm getan hat, auch wenn er bei seinem Sturz mit dem Flugapparat in die Donau zur tragischen Berühmtheit und zum Gespött des ganzen Landes geworden ist. Das hatte der arme Mann, er hieß übrigens Berblinger, nun wahrlich nicht verdient gehabt. Aber das ist wohl zu allen Zeiten das Schicksal von Visionären gewesen. Von Menschen, die ihrer Zeit in Wahrheit voraus waren. All zu weit …« fügte er mit einem ernsten Unterton noch hinzu. »Ich hoffe sehr, dass dir ein solches Schicksal erspart bleiben möge«, erwiderte Bella. »Nicht, dass du mit deinen Luftschiffplänen als zweiter Schneider von Ulm in die Geschichte eingehst, so wie das mein Bruder ja offenbar andeuten wollte.«
»Ach was«, winkte Zeppelin lässig ab. »Ich werde künftig ganz andere Sorgen haben, als mich um eine Verfeinerung meiner Luftschiffskizzen kümmern zu können. Jetzt gilt es erst einmal, mich als Kommandeur zu bewähren und meine Leute zu guten Soldaten auszubilden.«
In der Tat standen in den folgenden Monaten ganz andere Themen im Vordergrund: neben Ferdinands neuer dienstlicher Verpflichtung war das vor allem Bellas vergebliche Suche nach einem geeigneten Domizil in Ulm gewesen. Keines der angebotenen Objekte – sei es zur Miete oder zum Kauf – hatte ihr zugesagt und so hatten die beiden Eheleute eines Tages den Beschluss gefasst, dann eben ein Haus neu zu bauen. Was den Vorteil mit sich brachte, dass es ganz nach Bellas Wünschen geplant werden konnte. Zwischenzeitlich musste man sich eben mit einem Behelfsquartier im ehemaligen Kloster Wiblingen begnügen, mit allen Beeinträchtigungen, die ein solches Provisorium zwangsläufig mit sich brachte. Doch für diese Unannehmlichkeiten entschädigte sie die Aussicht auf den baldigen Bezug ihrer eigenen vier Wände, zumal sie nach den neuesten technischen Standards bauen würden, um die sich naturgemäß Ferdinand von Zeppelin mit großer Begeisterung kümmerte.
Das »Haus am Berg«, wie sie es nannten, wurde folglich mit allen technischen Details ausgestattet, die man sich nur denken konnte: angefangen vom Blitzableiter, zu einer ganz neuartigen Umluftheizung bis hin zu einem Telefonapparat, einem der ersten in der ganzen Stadt, der die Besucher der Zeppelins infolgedessen regelmäßig ins Staunen geraten ließ. Komplettiert wurde die Haushaltung von einem kleinen Stall, der neben dem hübschen Etablissement errichtet wurde, und in dem die fünf Hühner zusammen mit dem prächtigen Hahn, die Isabella erworben hatte, regelmäßig bei Sonnenaufgang dafür sorgten, dass die Bewohner des Hauses schon früh aus den Federn kamen.
Dank der umsichtigen Planung des renommierten Stuttgarter Architekten Emil Tafel, der Zeppelin von verschiedenen Seiten wärmstens empfohlen worden war, entstand ein nicht nur technisch, sondern auch optisch äußerst ansprechendes Haus, das sie erstaunlicherweise schon am 31. Oktober 1874 einweihen konnten. Ferdinand hatte zunächst ein kleines Gebet
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