Ferdinand Graf Zeppelin
sofort untersuchen. Nicht, dass du noch innere Verletzungen hast!« Noch während sie den Satz aussprach, sandte sie bereits ein Stoßgebet zum Himmel. Alles, nur keine inneren Verletzungen! Das wäre fürchterlich.
Quälend verstrich die Zeit, bis endlich der Arzt eintraf, nach dem sie den Kutscher geschickt hatte. Und noch einmal so lange währte die seelische Tortur, bis der Mediziner all seine Untersuchungen bei dem Patienten sorgfältig zu Ende geführt hatte. Endlich packte er die Instrumente zusammen, hob seinen Kopf und bedachte Isabella von Zeppelin mit einem ernsten Blick. »Ihr Ehemann hat ein unwahrscheinliches Glück gehabt. Es ist weder etwas gebrochen, noch kann ich irgendwelche inneren Verletzungen feststellen. Er hat sich zwar respektable Verstauchungen und Blutergüsse zugezogen, die ihm in den nächsten Tagen sicherlich heftige Schmerzen bereiten werden, doch immerhin kann ich eventuelle Spätfolgen so gut wie sicher ausschließen. Voraussetzung ist freilich, dass er eine strenge Bettruhe einhält und dass die Verletzungen, insbesondere diejenige an seiner linken Hand und am rechten Schenkel und am Fuß, ständig gekühlt werden. Sollten sich die Schwellungen am Schenkel und am Fuß wider Erwarten dennoch verschlimmern, oder sollte der Patient plötzlich Fieber bekommen, so alarmieren sie mich bitte sofort. Ansonsten, ich sage es noch einmal, hilft nur eine strenge Bettruhe – auch wegen der Gehirnerschütterung, mit der natürlich ebenfalls nicht zu spaßen ist.«
Zum guten Glück blieb das Fieber aus. Sieben Tage lang sah sich Ferdinand ans Bett gefesselt, während Bella die Verletzungen mit Eis und Kompressen behandelte, so wie es der Arzt verordnet hatte.
»Wenigstens ist der Ebi inzwischen wieder gesund. Unser Haus ist ja inzwischen beinahe ein Lazarett geworden«, unternahm Ferdinand am Tag, an dem sich sein Bruder Eberhard von ihnen verabschiedet hatte, den Versuch eines gequälten Lächelns.
»Eine Sorge weniger«, nickte Bella ernst. »Typhus ist ja wirklich eine ernste Angelegenheit. Das hätte durchaus schlimm enden können. Und zum guten Glück haben wir uns nicht angesteckt, obwohl uns der Doktor dringend geraten hat, den Ebi wegen der Ansteckungsgefahr in ein Krankenhaus zu bringen.«
Vor sechs Wochen war Ferdinands Bruder zu einer kurzen Stippvisite bei ihnen in Straßburg vorbei gekommen. Doch bereits am Tag nach seiner Ankunft war er schwer an Typhus erkrankt und wurde seitdem von Bella, die eine Verlegung ihres Schwagers ins Krankenhaus kategorisch ablehnte, in Zusammenarbeit mit ihren Hausbediensteten umsichtig gepflegt. Erst nach diesen vielen Wochen war er wieder genesen.
»Eigentlich hätte ich den Ebi gerne schon noch ein paar Tage bei uns behalten, denn er erscheint mir immer noch ziemlich geschwächt. Aber wenn sich einer von euch Zeppelins erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kannst du ja reden, was du willst: da lässt sich keiner mehr umstimmen. Und der Ebi hat halt gemeint, er müsse sich jetzt unbedingt und ganz dringend wieder auf seine Bankgeschäfte konzentrieren. Da war nichts mehr zu machen.« »Recht hat er, mein kleiner Bruder«, murmelte Ferdinand, während er sich bemühte, sein linkes Bein aus eigener Kraft leicht anzuheben. Das Experiment mündete in einem qualvollen Stöhnen. »Es geht noch immer nicht«, presste er mühsam hervor. »Das … das ist allmählich ja zum Verzweifeln …«
Bella sandte einen verzweifelten Blick zur Decke. »Ich sage es ja: diese Zeppelins und ihre Ungeduld! Der Arzt hat uns doch gesagt, es wird geraume Zeit dauern, bis du wieder einigermaßen schmerzfrei auf deinen eigenen Beinen stehen kannst. Jetzt übe dich halt einmal ein bisschen in Geduld und danke lieber unserem Herrgott, dass er dich vor schlimmeren Folgen bewahrt hat. Dieser Unfall hätte ja auch ganz anders ausgehen können!«
Schicksalsergeben schloss Zeppelin die Augen. Bella hatte ja recht: erzwingen konnte er seine Genesung nicht. Er musste einfach der Zeit ihren Lauf lassen und sich zur Ruhe zwingen – so ätzend es auch sein mochte.
Weitere sieben Tage gingen ins Land und noch immer verspürte der Patient heftige Schmerzen, sobald er das Bein auch nur im Geringsten belastete. »So kann das nicht weiter gehen. Es muss doch irgendwann eine Besserung eintreten! Da stimmt doch irgendetwas nicht.«
Auch Bella machte sich inzwischen wieder Sorgen. Sie nickte entschlossen: »Am besten, ich schicke nochmals nach dem Arzt. Der soll dich noch einmal
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