Ferien mit Biss
Vampire.
In dieser unterirdischen Vampirstadt wollten die Tepes die Herbstferien verbringen. Das allein, fand Herr Tepes, wäre Grund zum Feiern genug. Endlich würde er wieder Heimatboden betreten! Endlich würde er seinen Bruder wiedersehen! Doch es gab auch ganz offiziell etwas zu feiern in Bistrien: die Vampwanische Nationalfeiernacht! Es war das größte, abscheulichste, wildeste, blutigste, vermodertste und schönste Fest überhaupt. Fanden die Vampire. Daka und Silvania fanden, die Vampwanische Nationalfeiernacht war besser als Weihnachten, Ostern, Fasching, Halloween, Nikolaus, Tag der Blutwurst und Silvester zusammen.
Daka und Silvania erzählten Helene Steinbrück von der Vampwanischen Nationalfeiernacht. Helene war die beste Freundin der Vampirschwestern. Und sie war ihre erste richtige Menschenfreundin. Helene hörte den Zwillingen begierig zu. Sie machte »oh!« und »ah!« und flüsterte »gibt's nicht!« Was sie da über die Vampwanische Nationalfeiernacht hörte, konnte sie sich kaum vorstellen. Zwei Sachen waren ihr schnell klar: Sie wollte dieses größte, abscheulichste, wildeste, blutigste, vermodertste und schönste Vampirfest überhaupt kennenlernen. Unbedingt. Und das bedeutete zweitens: Sie musste mit nach Bistrien.
Ihrem Vater war das allerdings noch nicht klar. Er war etwas langsamer. Elvira Tepes half ihm. Sie kannte Helenes Vater. Er hatte ihr unter seiner Zahnarztpraxis einen kleinen Laden vermietet. Frau Tepes verkaufte dort künstlerisch wertvolle Klobrillen. Sie redete mit Dr. Steinbrück. Nach zwei Kräutertees fand er, dass Rumänien wirklich ein schönes Land war. Nach einem schwarzen Tee mit Schuss fand er, Transsilvanien musste man wirklich gesehen haben. Und nach zwei Gläsern Weißwein beschloss er, dass es höchste Zeit war, seiner Tochter Vertrauen zu schenken und sie mit den Tepes nach Bistrien reisen zu lassen. Auf diese weise Entscheidung stieß er mit Frau Tepes an.
Die Vampirschwestern stießen ihre Mama vor Freude beinahe um. Sie hatte es geschafft, dass ihre beste Freundin mit nach Bistrien reisen würde! Daka flog vor Glück im Wohnzimmer drei Loopings. Silvania machte drei Saikato-Hüpfer. Die Schrankwand wackelte. Frau Tepes lächelte beklommen. So ganz wohl war ihr bei dem Gedanken ja nun nicht: Helene unter all den Vampiren! Sie war ein Menschenmädchen. Sie hatte zarte Haut. Und bestimmt an die 3,5 Liter Blut. Ein gefundenes Fressen für einen hungrigen Vampir. Doch Frau Tepes wusste, wie viel ihren Töchtern die Freundschaft mit Helene bedeutete. Sie konnte verstehen, dass sie Helene ihre Heimat zeigen wollten. Und sie konnte auch verstehen, dass Helene neugierig auf die unterirdische Vampirstadt war. Seltsam war allerdings, dass Helene überhaupt keine Angst zu haben schien. Manchmal war etwas Angst nicht verkehrt. Angst machte wachsam. Vielleicht genügte es, wenn die anderen Angst um Helene hatten. Sie durften Helene einfach niemals allein lassen in Bistrien. Dann würde schon nichts passieren.
So kam es, dass Familie Tepes samt Helene Steinbrück auf dem Flughafen Bindburg am Gate 29 auf den Abflug der Boeing 737 der TAROM wartete. Silvania Tepes hatte die Beine übereinandergeschlagen und war in ein dickes, altes Buch vertieft. Ihrem Gesicht nach zu urteilen war die Heldin gerade dabei, sich in den Falschen zu verlieben. Helene lag fast in ihrem Sitz und spielte auf dem Handy Spinnenjagd. Daka kroch auf allen vieren auf dem Fußboden. Sie hatte unter einem der Sitze einen Käfer entdeckt. Er sah nicht mehr ganz frisch aus. Aber wer weiß, was es im Flugzeug zu essen gab. Kurzentschlossen steckte Daka den Käfer in den Mund. Es knackte.
Elvira Tepes las im Bindburger Anzeiger. Ab und zu sah sie zu ihrem Mann. Er stand an der großen Glasfront und starrte auf die Flugzeuge. Seine Hosenbeine waren hochgekrempelt. Mit nackten Füßen stand er im Katzenklo. Hin und wieder wackelte er mit den Zehen. Alle paar Sekunden schlug er mit der Stirn vor die Scheibe und murmelte etwas vor sich hin.
Herr Tepes freute sich auf seine Heimat. Sehr sogar. Endlich würde er wieder mit seinem Bruder Vlad nachts durch die dichten Wälder streifen, endlich würde er wieder auf ein lauwarmes Frischblut in der Gruftstätte einkehren, endlich würde er wieder ein ordentliches Rennzeckenrennen sehen. Doch zuvor musste er sich in so eine Metallente setzen. Er musste sich auf einen engen Sitz zwängen, sich anschnallen und sich von Menschen in seine Heimat fliegen lassen. Von
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