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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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legte ihren Strohhut auf ihre nackten Knie. Zadek drehte genervt eine Wasserflasche zwischen seinen Händen. Es war ihm förmlich anzusehen, was er über seine Sitznachbarn dachte. Zum Glück fuhr der Bus in diesem Moment endlich los.

Wer meine Mutter kennt, der weiß, dass sie nicht zu den großen Schweigern gehört. Vielleicht liegt das auch daran, dass ihr die Leute auf ihrer Arbeit so viel erzählen, besonders in der Nacht und wenn sie ihren Zug verpasst haben. Jedenfalls nahm sie, nachdem wir eine halbe Stunde über eine staubige Landstraße gerumpelt waren und sie nichts entdecken konnte, das nach Kultur oder Bildung aussah, meinen Mathelehrer ins Visier.
    Das war genau der Moment, in dem ich mich für eine längere Betrachtung meiner Sandalen entschied. Für diese teuren Treter hatte ich auf Luises Rat hin mein komplettes erspartes Taschengeld ausgegeben. »Man weiß nie, wen man unterwegs trifft«, hatte meine beste Freundin gesagt. Sie hat ihren Lars bei einem Skilager kennengelernt. Dass es bei mir nur zu einer Bildungsreise inklusive Mathelehrer reichen würde, hatte sie ja nicht ahnen können.
    Ich zählte also konzentriert die weißen Perlen an den schmalen Riemen, während Mama neben mir munter plauderte. Mein Lehrer versuchte wirklich tapfer, sie eine Weile zu ignorieren. Das habe ich schon vor Jahren aufgegeben. Mama bekommt einfach jeden. Sie will nämlich immer ganz genau wissen, wie die Leute ticken. Wer war also dieser komische Typ mit den abgeschnittenen Jeans, der nervös eine Wasserflasche zwischen seinen Händen drehte? Ich rechnete es Zadek hoch an, dass er unser beider Bekanntschaft bisher verschwiegen hatte. Doch als ich Mama zuhörte, brach mir trotz der Klimaanlage im Bus der Schweiß aus. Es war nur eine Frage der Zeit, bis alles herauskam. Und dann würde ich für den Rest der Ferien keine ruhige Minute mehr haben.
    Aber Zadek schien keiner dieser Bahnhofstypen zu sein, die jedem ihre Geschichte auf die Nase binden müssen. Er lächelte höflich und nickte zu allem. Einmal grinste er mich kurz an. In seinen schwarzen Augen blitzte etwas auf, wie in der Schule, als wir endlich den Pythagoras begriffen hatten. Doch hier begriff ich überhaupt nichts. Warum verriet er Mama nicht, dass er mein Mathelehrer war?
    Schließlich hielt der Bus an. Als ich aus den gefühlten zehn Grad minus in die Sonne sprang, war das, als ob mir jemand ein Brett vor die Stirn schlug. Obwohl es noch früh am Morgen war, dröhnte die Hitze schon überall. Wir standen am Rand einer weit gestreckten Geröllhalde. Der Reiseleiter nannte sie malerisch Hochebene. Von mir aus. Die Studienräte hatten sich bereits brav um ihn geschart, nur wir drei bildeten irgendwie eine Extragruppe.
    Zadek sah etwas grün aus. Wahrscheinlich waren ihm die vielen Straßenkurven nicht bekommen. Mir anscheinend auch nicht, denn noch ehe der Reiseleiter mit seinen Ausführungen begonnen hatte, suchte ich hektisch nach einem Busch. Doch ich fand keinen. Das Frühstück flog im Schwall wieder aus mir heraus und hing dann am hinteren Reifen des Busses. Es ging alles so schnell, dass ich meine neuen Sandalen nicht mehr in Sicherheit bringen konnte. Hilfe, war mir übel. Und wie ich jetzt aussah!
    Mama versuchte, mit einem Papiertaschentuch an mir herumzureiben, aber das machte es nur noch schlimmer. Die Studienräte starrten uns kopfschüttelnd an. Der Busfahrer schimpfte, weil ich seinen Bus versaut hatte.
    Nur Zadek behielt die Nerven. »Heb mal deinen Fuß hoch«, sagte er.
    Jetzt kommt’s, dachte ich. Zadek benahm sich aber echt klasse. Er spülte mir mit seinem Wasser die Reste des Frühstückstoastes von den Sandalen und drückte mir dann die Flasche in die Hand. In meinem Kopf drehte sich alles. Die Hitze machte mich total fertig.
    Als der Reiseleiter auf seine Uhr klopfte, sagte Mama leicht genervt: »Gehen Sie schon mal los!«
    Und so zuckelten wir dann mit einigem Abstand hinter den Studienräten her zur Zeus-Höhle: eine Blondine in Badelatschen mit ihrer Tochter, die gleich bei der ersten Tour schlappmachte. Mama sagte jetzt kein einziges Wort mehr. Sie bewachte jeden meiner zitterigen Schritte über das Geröll. Komischerweise hielt Zadek tapfer bei uns aus. Er bildete das Schlusslicht. Irgendwann kamen dann auch wir bei der Höhle an.
    Während die Lehrer durch die Grotte krochen, lehnten wir im Schatten eines Olivenbaumes an einem Felsen. Mama hatte ein schlechtes Gewissen. Sie weiß ja eigentlich, dass mir beim Busfahren

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