Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Geschicklichkeit und Körperbeherrschung ausgleichen können. Doch weit gefehlt! Es wird wieder werden.«
»Was wird wieder werden?«
»Bei dem Sturz von der Leiter habe ich mir eine Milzruptur zugezogen. Es musste operiert werden. Aber nun gehe ich bald nach Hause – wie du.«
»Du bist auf was anderes draufgefallen, nicht?«, bohrte Lundquist weiter, um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.
»Ja. Ausgerechnet auf die Metallkiste mit meinen Partituren!«
Sie unterhielten sich lange und Lundquist erfuhr, dass Magda Opernsängerin war. Sie sang Alt und hatte schon Engagements in Deutschland und Amerika gehabt. Aber am besten gefiele es ihr eben doch zu Hause. Und so hätte sie sich gleich auf die Stelle hier in Göteborg beworben, um wieder in Schweden singen zu können. Ihre neue Wohnung läge fast neben dem Theater, schwärmte sie, in der Stora Nygatan, gleich neben dem Design Museum. Lundquist bekannte sofort, auch in dieser Straße zu wohnen und erzählte ihr von den vielen netten Lokalen in der Umgebung,
Plötzlich fragte er: »Magda, wenn du dich angeschlagen fühlen würdest – aber deine Stimme wäre nicht betroffen – würdest du dennoch aufhören zu singen?«
Magda ließ sich das durch den Kopf gehen. »Du meinst eine chronische Krankheit vielleicht, so wie Niereninsuffizienz zum Beispiel? Wenn ich also Dialyse machen müsste, mehrmals in der Woche? Etwas in der Art?« Als er nickte, meinte sie: »Nein. Solange ich meine stimmliche Qualität erhalten kann, werde ich singen. Auf keinen Fall würde mich so etwas zur Aufgabe bringen. Wenn ich nicht mehr singen wollte – ja. Dass wäre etwas ganz anderes, eine freie, eigene Entscheidung. Aber sich bezwingen lassen – nein«, ihre Wangen röteten sich vor Eifer.
»Nun, bei mir ist aber so vieles von den Entscheidungen abhängig, die ich treffe. Eine chronisch sich verschlechternde Erkrankung könnte mich bei manchen Dingen behindern – zum Beispiel, weil ich ständig an sie denken muss.«
»Das hört nach einiger Zeit auf. Auch Krebspatienten denken nicht pausenlos über ihre Krankheit nach. Sie wissen, dass sie krank sind – aber es beherrscht nicht ihr gesamtes Denken.«
»Ich habe Multiple Sklerose. Noch kann ich laufen. Noch kann ich alles sicher in der Hand halten. Noch ist meine Atmung in Ordnung. Was aber, wenn das alles nicht mehr geht?« Worüber rede ich hier eigentlich? Ich sitze neben der bezauberndsten Frau der Welt und das Einzige, was mir einfällt, ist, sie mit meinen Problemen zu belasten und ihr meine Erkrankungen aufzuzählen, dachte Lundquist wütend, während er fassungslos seinen eigenen Worten nachlauschte. Das darf doch alles gar nicht wahr sein!
»Aber du musst doch nicht jetzt deinen Beruf an den Nagel hängen, weil es dir später einmal schlechter gehen könnte! Noch kannst du doch mit ganzer Kraft Mörder jagen!«
»Und wenn ich Fehler mache?« Es fühlte sich gut an. Wie lange habe ich eigentlich mit keiner Frau mehr gesprochen, privat?, überlegte der Lundquist. Vielleicht habe ich es verlernt?
»Dann wird dich jemand darauf hinweisen, sei unbesorgt. Dann ist immer noch Zeit, über Konsequenzen nachzudenken. Außerdem, wer weiß denn schon, wie die Krankheit bei dir verläuft. Soweit ich weiß, gibt es auch ganz langsame Verschlechterungen über Jahrzehnte. Und du wirst doch auch sicher behandelt, nicht?« Sie sah ihn an. Er nickte: »Interferon.«
»Nein, ich würde an deiner Stelle einen Freund ins Vertrauen ziehen und die anderen in Unwissenheit lassen. Sonst wirst du am Ende noch in Watte gepackt! Der Freund wird dir schwierige Dinge vielleicht mal abnehmen und er wird es dir sagen, wenn er glaubt, dass du krankheitsbedingteFehler machst. So lange kannst du getrost warten mit deinen Konsequenzen.« Sie strahlte ihn an, und Lundquist spürte die Energie hinter ihren Worten.
Diese kleine Frau würde so schnell keiner unterkriegen. »Oft denke ich auch, wir nehmen uns und unsere Probleme viel zu wichtig. Sag’ mal, ist dir die Panspermietheorie ein Begriff?«, fragte Magda plötzlich.
»Ja. Das Leben auf der Erde entstand aus Partikeln, die mit dem Staub anderer Sterne zu uns auf unseren Planeten kamen, richtig?«, antwortete Lundquist amüsiert und kam sich plötzlich vor wie in einem Quiz.
Magda nickte eifrig. »Siehst du, wenn das nun wirklich so sein sollte, dann sind wir alle doch nichts anderes als das Produkt von Sternenstaub. Ist das nicht ein romantischer Gedanke: Geboren aus
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