Fessel Mich
Überfreundlichkeit in seinem Tonfall ließ Rick gereizt aufknurren. Von der vor Erotik knisternden Atmosphäre, die die beiden eben noch auf ihrem Tanzsockel versprüht hatten, war rein gar nichts mehr zu spüren.
»Irgendwann«, grollte Rick, »krieg’ ich dich.«
Der Tattookerl lachte belustigt. »Träum weiter.« Dann wandte er sich um und winkte uns in einer snobistischen Geste über die Schulter zu. »Schönen Feierabend euch zwei.« Keinen Lidschlag später hatte er sich an einem Grüppchen Anzugträger vorbeigeschlängelt und war unseren Blicken entschwunden.
»Arschloch!«, fand Rick inbrünstig und weil ich ihm da nur zustimmen konnte, nickte ich.
»Wenn du das denkst, warum willst du ihn dann flachlegen?« Einerseits ein Versuch, Konversation zu machen, andererseits einer, Zeit zu schinden. Jetzt, wo er mich schon mal eingefangen hatte, musste er die Handschellen ja nicht gleich wieder an der Schlüsselbar aufschließen lasse … oder? Vielleicht könnten wir uns ein bisschen unterhalten, alte Erinnerungen an unseren One-Night-Stand vor einem halben Jahr auffrischen oder ihn gleich noch mal wiederholen… so was in der Art?
Oh Mann, ich hatte ganz vergessen, wie imposant seine Erscheinung war, wenn man ihn direkt vor sich hatte – und das, obwohl er nur ein paar Zentimeter größer war als ich. Am liebsten hätte ich mich ihm sofort in die Arme geworfen, mich an seinen festen, warmen Körper geschmiegt und… ich sollte wirklich aufhören, so zu denken, wenn ich mich ihm nicht als notgeilen, verzweifelten Kerl präsentieren wollte. Das hier war schließlich so etwas wie meine zweite Chance!
Rick sah mich genervt an. »Hat dich jemand darum gebeten, Smalltalk zu machen?«
Autsch.
Trotzdem versuchte ich, mich nicht angegriffen zu fühlen. Rick war sicherlich nur enttäuscht und wütend, weil ihm dieser Tattookerl durch die Lappen gegangen war.
»Es interessiert mich nur«, sagte ich so ruhig und unbekümmert wie möglich. Nebenbei tat es das tatsächlich. Auch wenn der Kerl gerade alles andere als die Freundlichkeit in Person gewesen war.
»Mann, warum wohl? Er sieht geil aus und vögelt bestimmt doppelt so gut, wie er tanzt. Alle Fragen beantwortet? Oder willst du noch was wissen?«, ätzte er in einem Tonfall, der mich fast körperlich zurückprallen ließ und mir obendrein wie ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf vorkam.
Rick sah auch geil aus. Noch viel besser als das. Atemberaubend. Sexy. Umwerfend. Und wenn er doppelt so gut vögelte, wie er tanzte, hatte ich mir für meinen alkoholisch bedingten Blackout vor einem halben Jahr echt den absolut unmöglichsten Zeitpunkt ausgesucht. Aber offensichtlich war Rick noch viel weniger freundlich als der Tattookerl.
Wenn ich ehrlich war, wusste ich eigentlich gar nicht, was Rick für ein Mensch war. Er war Gogo-Tänzer im ‚Palace‘ und Traum meiner schlaflosen Nächte, an den ich mich in einem Anfall von Wagemut kombiniert mit der halben Thekenausstattung bereits einmal rangeschmissen hatte. Und mittlerweile war auch wohl sonnenklar, warum er mich danach komplett aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte.
Ich spielte nicht in seiner Liga, also spielte ich auch keine Rolle in seinem Leben. So einfach war das. Er konnte sich ja nicht einmal jetzt daran erinnern, mich schon mal gesehen zu haben! Ach was! Schon mal mit mir geschlafen zu haben!
Verdammt. Ich wusste es doch. Ich hatte schlicht kein Händchen für One-Night-Stands oder Beziehungen. Besser noch: Obendrein hatte ich ein Händchen, das an diesen feuchten Traum gekettet war, der sich viel lieber an einen anderen Adonis gekettet hätte.
»Ja, ich will noch was wissen«, entgegnete ich kühl auf seine Frage. »Wo geht’s hier am schnellsten zur Schlüsselbar?«
Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten – immerhin wusste ich selbst, wo sich die Bar mit den Handschellenschlüsseln befand –, marschierte ich in die richtige Richtung los und zerrte ihn dabei wenig sanft hinter mir her.
»Au! Verdammt! Nicht so schnell, du Idiot!«, blökte er mich an.
»Wenn du nicht so schnell mit der Handschelle bei der Sache gewesen wärst, hätten wir das Problem jetzt nicht. Also stell’ dich nicht so an!«
»Wo willst du überhaupt hin?«
»Wohin wohl?«, äffte ich seine Tonlage von eben nach. Grimmig bugsierte ich mich an ein paar Herumstehenden vorbei, bis ich den Tresen der Schlüsselbar erreicht hatte und Rick neben mich zerrte.
»Oh, hervorragend«, hörte ich ihn Kopf schüttelnd
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