Fessel Mich
nichts daran, dass ich eine Niete im Bett bin. Womit sollte ich ihn also für mich einnehmen?
Resigniert strecke ich meinen Arm aus und taste nach dem Schalter für den Wecker. Ich sollte jetzt einfach duschen und dann schlafen gehen. Doch da kommt die Meldung: »Und jetzt hat Kilian Hubert die Nachrichten für uns zusammengestellt.«
Dann seine angenehme, warme Stimme. Wie elektrisiert horche ich auf. Ich kriege den Inhalt gar nicht mit. Nur den Klang sauge ich in mich auf.
* * *
Am nächsten Tag beginnt meine Schicht wieder um halb neun. Immerhin habe ich diese Nacht durchgeschlafen. Ein weiterer positiver Aspekt: Markus ist wieder unter den Lebenden und steht arbeitsam hinter der Theke.
»Wo warst du gestern?«, erkundige ich mich.
»Der Chef hat mir freigegeben«, gesteht er zerknirscht. »War viel los?«
»Ja und nur Fiona war noch da«, berichte ich.
Er macht ein schuldbewusstes Gesicht. »Die Neue? Himmel, na ja, ich dachte, der Chef weiß schon, wie‘s hier unten aussieht.«
»Der interessiert sich wie alle anderen nur für das Rührei«, seufze ich und binde mir die Kellnerschürze um. Er lacht. Selten, dass ich jemanden mit meinem trockenen Humor dazu bekomme.
»Na, du lebst ja noch.« Markus grinst fröhlich. »Heute kommt, so viel ich weiß, noch Lisa und die ist ja schon ganz flott.«
Ich nicke dankbar und mache mich daran, das Buffet aufzustellen. Lisa ist zwar flott, aber meistens zu spät, weil sie immer ihren Bus verpasst und auf den nächsten warten muss.
In der Küche geht es schon heiß her. Zum Glück ist das nicht mein Job. Ich hätte jetzt echt keine Lust, Käse zu schneiden und Wurst auszulegen.
»Oh, du bist ja schon fast fertig mit Aufbauen! Sorry!« Mit diesem Ausruf rauscht Lisa in den Raum.
Ich zucke mit den Schultern. »Schon gut. War gerade so dabei.«
»Du bist ein Engel«, sagt sie grinsend und fällt mir um den Hals.
Bei Frauen bekomme ich davon immer Beklemmungen. Bei Männern eigentlich auch, wenn ich sie nicht gut kenne… Aber da ist es etwas anderes. Ich schiebe sie von mir.
»Dafür übernimmst du die ersten Gäste.«
Sie gibt schnell nach. »Okay. Ich mach‘ dann mal auf. Oder kommt der Chef?«
»Warten wir lieber nicht drauf«, meine ich und reiche ihr ihre Schürze. »Sag mir Bescheid, wenn’s zu viele werden. Ich geh‘ schnell was frühstücken.« Eigentlich habe ich morgens nie Hunger, aber ein Brötchen brauche ich schon, um auf den Beinen zu bleiben. Bis zum Mittag halte ich sonst nicht durch.
Ich habe gerade herzhaft hinein gebissen, als Lisa das erste Mal in die Küche stolpert. »Du hast Stammkundschaft, Ruben.«
»Bitte?«, nuschle ich mit vollem Mund.
»Da ist so’n geiler Typ, der darauf besteht, von dir bedient zu werden.« Sie grinst von einem Ohr zum anderen. Aber das, was sie sagt, klingt völlig absurd.
Ich blicke unbeteiligt zu ihr auf. »Willst du mich veralbern?«
»Nein, ehrlich. Groß, schwarze Haare, blaue Augen, umwerfendes Lächeln. Kommt mir auch irgendwie vage bekannt vor.«
»Aus der Radiowerbung im Kino?« Mein Herz setzt einen Schlag aus und mein Gehirn wird blank.
Sie stutzt und nickt dann begeistert. »Jetzt wo du’s sagst! Stimmt! Das ist der Typ, der die Nachrichten bei Sazu spricht.«
Der Typ, der die Nachrichten spricht, dessen Stimme mich in meine Träume verfolgt und der mir an den Hintern gefasst hat. Ich schlucke und versuche, die Verwirrung in meinem Inneren zu bekämpfen .
‚Bleib rational, Ruben. Es muss eine vernünftige Erklärung dafür geben‘. Irritiert runzle ich die Stirn und versuche, nachzudenken. Fühlt er sich noch schlecht wegen dem Geschirr? Unsinn. Er hat mir Trinkgeld im doppelten Wert gegeben. Rumrätseln bringt da wohl nichts – und ist auch unmöglich, solange Lisa mich immer noch so angrinst.
»Was hat er konkret gesagt?«
»Er hat gefragt, ob der niedliche Kellner von gestern heute auch arbeitet«, berichtet sie schmunzelnd. »Ich hatte keine Ahnung, wen er meint, und hab‘ Markus gefragt, der wiederum meinte, dass du gestern Doppelschicht hattest.«
»Niedlich?«, wiederhole ich.
»Na ja … Gehst du jetzt vielleicht mal los und guckst, was er will?«, spottet sie.
Seufzend erhebe ich mich. Offensichtlich hat er einen falschen Eindruck von mir bekommen. Sobald der korrigiert ist, wird er sich wohl nie wieder blicken lassen. Ich bin nämlich nicht niedlich. Das ist ja mein Problem. Ich bin sogar das Gegenteil, weshalb es auch nie jemand lange mit mir aushält. Ich
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