Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
alles darüber war in bester Ordnung und verlangte nach Befriedigung. Verlangte nach Saber Wynter.
Er seufzte laut. Sie hatte keine Ahnung, dass sie beim Teufel an die Tür geklopft und er sie hereingebeten hatte. Er hatte nicht die Absicht, sie aufzugeben.
Saber schaltete auf dem Weg durch ihr Wohnzimmer in ihr Schlafzimmer sämtliche Lampen ein. Sie stellte sich ans Fenster und blickte zu den Sternen auf. Was geschah mit ihr? Jesse hatte sie aufgenommen – wider besseres Wissen, da war sie ganz sicher. Sie waren fast auf Anhieb die besten Freunde geworden. Sie mochten dieselben Filme und dieselbe Musik. Sie redeten stundenlang miteinander, über Gott und die Welt. Sie lachte mit Jesse. Bei Jesse konnte sie die echte Saber Wynter sein. Ob sie unverschämt, traurig oder fröhlich war – für ihn schien
es nie eine Rolle zu spielen, was sie sagte oder tat –, er akzeptierte sie ganz einfach.
In der letzten Zeit war sie sehr unruhig gewesen. Sie hatte im Bett gelegen und an ihn gedacht, an sein Lächeln, an den Klang seines Gelächters, an seine breiten Schultern. Er war ein gut aussehender Mann mit einem athletischen Körperbau, ob er nun im Rollstuhl saß oder nicht. Und ihr Zusammenleben mit ihm ließ sie den Rollstuhl oft vollständig vergessen. Jesse war unabhängig und nicht auf die Hilfe anderer angewiesen. Er kochte für sich selbst, er zog sich an, er fuhr kreuz und quer durch die Stadt. Er spielte Bowling und Tischtennis, und es verging kein Tag, an dem er nicht Gewichte hob und ausgiebig schwamm. Sie hatte seinen Körper gesehen. Es war der Körper eines Spitzensportlers. Die Muskeln in seinen Armen waren so gut ausgebildet, dass er kaum mit den Fingerspitzen seine Schultern berühren konnte, weil sich sein Bizeps zu stark wölbte. Jesse hatte ihr erzählt, die Nerven in seinen Beinen seien von den Knien an abwärts schwer beschädigt worden und diese Schäden seien nicht zu beheben.
Er verschwand für Stunden in seinem Büro, dem einzigen Raum, den sie nie betrat und den er stets abschloss. Sie hatte flüchtige Blicke auf modernste Computertechnologie geworfen, und sie wusste, dass er sich für elektronische Spielereien begeisterte, dass er früher bei der Navy gewesen war – in einem SEAL-Team – und dass er immer noch zahllose Anrufe von seinen Freunden erhielt, doch diesen Teil seines Lebens hielt er unter Verschluss, und ihr war das nur recht so.
Dachte er an Frauen? Sie dachten mit Sicherheit an ihn. Sie hatte Dutzende von Frauen mit ihm flirten sehen.
Und warum auch nicht? Er sah gut aus, er war reich und begabt, und er war der netteste Mann im Bundesstaat Wyoming. Mit anderen Worten, er wäre für jede Frau ein großartiger Fang gewesen. Ihm gehörte der regionale Rundfunksender, für den sie arbeitete, und er tat auch noch andere Dinge, über die er nichts Näheres preisgab, doch das machte ihr nichts aus. Sie wollte einfach nur in seiner Nähe sein.
Ihre Faust schloss sich um die Spitzengardine in ihrem Schlafzimmer, raffte den Stoff und knüllte ihn zusammen. Warum machte sie sich all diese dummen Gedanken über einen Mann, den sie niemals haben konnte? Sie hatte es nicht verdient, mit einem Mann wie Jesse Calhoun zusammen zu sein. Er klagte nie, und er sprach nie herablassend mit ihr. Er war arrogant, und er war es gewohnt, dass man ihm gehorchte, daran bestand kein Zweifel, aber er gab ihr immer das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Er war ganz außerordentlich, er war außergewöhnlich, und sie … sie würde bald aufbrechen müssen.
Sie ließ ihren Blick träge zur Straße gleiten. Einen Moment lang setzte ihr Herzschlag aus. Ein Wagen war direkt außerhalb des gut gesicherten Tores zwischen den Bäumen geparkt. Ein roter Punkt glühte hell, als der Mann auf dem Fahrersitz an einer Zigarette zog. Sie erstarrte innerlich. Nichts regte sich mehr in ihr, und ihr stockte der Atem. Ihr Herz begann zu rasen, und ihre Finger krallten sich in den Vorhangstoff, bis die Knöchel weiß wurden.
Dann konnte sie das Paar knutschen sehen; der Mann hatte Mühe, weder sein Mädchen noch die brennende Zigarette loszulassen. Der größte Teil der Anspannung wich aus ihrem Körper. Natürlich. Es war ein perfekter Parkplatz, am Ende einer Sackgasse.
Vor zehn Monaten war Saber in dieselbe Straße eingebogen, weil sie glaubte, dort könnte sie es vermeiden, von Menschen gesehen zu werden. Tatsächlich hatte sie ein paar Tage auf diesem Grundstück geschlafen, bevor es so kalt geworden war,
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