Fesseln der Sehnsucht
Kriegsveteranen, über Zuschüsse für die Kunststudenten oder …«
»Wir planen eine Benefizveranstaltung«, unterbrach Lucy ihn würdevoll. Sein Sarkasmus kränkte sie. Er hatte ihr wiederholte Male zu verstehen gegeben, dass er keine hohe Meinung von den Damen hatte, mit denen sie in letzter Zeit Umgang pflegte. »Ein Benefizkonzert des Musikvereins.«
»Aha. Ich wusste gar nicht, dass du dich so sehr für die schönen Künste interessierst.«
»Tu ich aber!«, entgegnete sie spitz und legte Gabel und Messer klappernd auf den Teller. »Wieso machst du dich ständig über meinen Club und meine Freundinnen lustig? Du hast mir zugesichert, ich könne tun und lassen, was mir beliebt. Du hast kein Recht, ständig an mir herumzunörgeln. Im Grunde interessiert es dich gar nicht, womit ich mich beschäftige. Du willst mich nur kränken!«
»Ich muss dir widersprechen. Es interessiert mich sehr wohl. Ich staune nur, dass du deine Freiheit für so langweilige Beschäftigungen nutzt. Es war zwar zu erwarten, dass dieser Kreis an dich herantritt. Ich hatte allerdings gehofft, du hättest genügend Geschmack und Stil, den Damen aus dem Weg zu gehen.«
»Sie sind meine Freundinnen.«
»Tatsächlich? Was ist mit deinen früheren Freundinnen … aus geachteten Familien der Stadt, deren Einladungen und Briefe du nicht beantwortest? Was ist mit der kleinen Blonden, mit der du …«
»Sie heißt Sally. Und den Grund kennst du genau, warum ich von ihr und von anderen früheren Bekannten keine Einladungen annehme. Ich habe dir erzählt, wie sie mich vor unserer Hochzeit behandelt haben. Sie waren abscheulich. Ich vergesse und verzeihe ihnen niemals, wie sie mich fallen ließen. Es ist mir einerlei, ob sie ihr schlechtes Benehmen bedauern …«
»Vorsicht, Süße. Wie lautet das Sprichwort? Wer im Glashaus sitzt …«
»Wieso ergreifst du ihre Partei?«, fragte sie aufbrausend und versuchte, den seltsamen Stich, der ihr das Herz durchbohrte, nicht zu beachten. So gedankenlos und leichtfertig er den Kosenamen auch benutzt haben mochte, er hatte sie lange nicht mehr so genannt. Ach, wenn sie nur wüsste, ob er noch irgendetwas für sie empfand! Er war so selbstgefällig, ihre Entrüstung berührte ihn nicht im Geringsten, genauso wenig wie ihre Versuche, sich in einem Streit gegen ihn durchzusetzen.
»Ich ergreife für niemanden Partei«, widersprach er seelenruhig. »Aber nur ein Feigling wendet dem den Rücken zu, der versucht, sich zu entschuldigen. Zu verzeihen erfordert Mut und Überwindung. An Mut würde es dir allerdings nicht fehlen.«
»Ich pfeife auf ihre Freundschaft und ihre Entschuldigungen. Betta Hampton sagt auch, es sei besser, sie zu vergessen und …«
»Betta Hampton? Diese alte …« Heath bezähmte sich und führte den Satz nicht zu Ende. Lucy erschrak über das zornige Funkeln in seinen Augen und den harten Zug um seinen Mund. Ein Frösteln durchrieselte sie. Wochenlang war er unterkühlt, verschlossen oder spöttisch zu ihr gewesen. Plötzlich hatte sie es geschafft, ihm eine Reaktion abzuringen. »Was hat Betta dir noch geraten?« Er stand auf, legte die flachen Hände auf den Tisch und beugte sich vor. »Hat sie dir geraten, mich wie einen Tanzbären am Gängelband zu führen, wie sie es mit ihrem Ehemann macht? Diese Frau ist die berüchtigtste Klatschbase der ganzen Stadt. Wie sie die Hauptstraße entlang stolziert mit ihren falschen Löckchen unter dem Hutrand und ihren beiden bezahlten Hengsten im Schlepptau …«
»Das sind ihre Leibwächter«, verteidigte Lucy die Freundin entrüstet. »Mr. Hampton ist der reichste Bankier der Stadt. Sie braucht die Leibwächter zu, ihrem Schutz, falls jemand versucht …«
»Kannst du mir erklären, warum sie auch in der Öffentlichkeit die Hände nicht von ihren strammen Leibwächtern lassen kann? Sie ist nichts weiter als eine Hure der besseren Gesellschaft. Diese Art von Frauen benutzt Unschuldslämmer wie dich und sie wird nicht eher Ruhe geben, bis sie dich auch in den Dreck gezogen hat, in dem sie sich suhlt.«
Lucy sprang empört auf die Füße. »Was fällt dir ein, so zu reden. Du hast keinen einzigen Freund«, schleuderte sie ihm entrüstet ins Gesicht. »Außer der Person, die du ständig in Boston besuchst, wer immer es sein mag, die dich so fasziniert …«
»Wovon redest du eigentlich?«
»Dir liegt nichts an einem Freundeskreis. Aber mir liegt etwas daran! Nichts, was du tust oder sagst, wird mich davon abhalten, Betta und die
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