Fesseln des Schicksals (German Edition)
mein Sohn. Was willst du tun? Wirst du sie gehen lassen?»
«Sie liebt mich nicht.»
«Hast du sie gefragt?»
«Das habe ich schon vor langer Zeit getan.»
«Und du willst aufgeben? Du warst immer ein Kämpfer, Scott. Und gerade sie willst du nun einfach ohne Kampf gehen lassen?»
«Ja. Ich kann nichts tun. Ich bin nicht der, den sie liebt.»
«Hast du sie denn noch einmal gefragt?»
Mutlos legte Scott sich die Hände vor das Gesicht. Als Charlotte ihn vorhin angesehen hatte, hatte er einen Moment lang geglaubt, dass auch sie etwas für ihn empfand, aber es war zu spät.
«Ich kann nicht, Vater!»
Scott nahm einen tiefen Atemzug. Er konnte seine Gefühle kaum unter Kontrolle halten.
«Richard liebt sie», gestand er schließlich. «Ich könnte doch niemals … Schon einmal hat er auf sie verzichten müssen, um sie zu schützen. Aber jetzt ist seine Frau gestorben, und er ist wieder frei. Richard verdient es, glücklich zu werden, Vater. Er ist mein Freund. Und selbst wenn ich die Frau verliere, die ich liebe, die einzige, die ich jemals geliebt habe, ich werde ihn nicht hintergehen.»
Raymond O’Flanagan hörte den Worten seines Sohnes aufmerksam zu. Gern hätte er ihm gesagt, dass er Richard vergessen solle, dass er für sein eigenes Glück kämpfen müsse, aber er tat es nicht. Scott war nicht so wie er selbst. Auf Kosten anderer würde er nicht glücklich werden können. Und Raymond O’Flanagan wollte seinem Sohn nicht das nehmen, was ihn immer zu etwas Besonderem gemacht hatte. Er legte Scott seine Hand auf die Schulter und schwieg.
«Es ist gut, Sohn. Diese Entscheidung musst du allein treffen. Aber eines Tages wirst du auch an dein eigenes Glück denken müssen. Nicht immer nur an die anderen.»
«Ich könnte nicht glücklich sein, wenn mir ständig bewusst wäre, dass ich meinen Freund hintergangen habe. Bitte versteh das, Vater.»
«Das tue ich, mein Sohn.»
Richard hatte genug gehört. Leise machte er sich auf die Suche nach seinem Zimmer. Er musste nachdenken und die Gefühle ordnen, die in seinem Inneren miteinander rangen.
· 39 ·
S ie schlief unruhig. Immer wieder wachte Charlotte auf und dachte an Richard. Es war ihr unerträglich, ihm wehgetan zu haben.
Als der Morgen graute, fühlte sie sich nicht besser. Sie wusste, dass sie auf ihr Herz hören musste. Aber zu welchem Preis? Sie fühlte sich nicht in der Lage aufzustehen und überlegte bereits, nicht auf das Fest am Abend zu gehen, als Velvet an ihre Tür klopfte.
«Guten Morgen, Charlotte», sagte sie, bemüht, das Wort «Herrin» wegzulassen und sie zu duzen. «Ein Junge hat diese Nachricht für dich abgegeben.» Velvet legte ein Briefchen auf den Nachttisch.
Charlotte machte keine Anstalten, danach zu greifen, sondern zog sich stattdessen die Decke über den Kopf.
«Der Junge hat gesagt, dass Mr. Richard Reemick ihn geschickt hat», betonte Velvet nun, und sofort steckte Charlotte den Kopf unter der Decke hervor.
«Von Richard?»
Schon hatte sie sich den Brief geschnappt, das Siegel gebrochen und den Bogen mit nervösen Fingern auseinandergefaltet.
Die mit eleganter Handschrift geschriebenen Worte drehten sich vor ihren Augen.
Nachdem sie die Zeilen gelesen hatte, sah sie auf und lächelte. Richard war nicht böse auf sie und wünschte ihr Glück. Auf einmal war die Ungewissheit, die sie während der letzten Stunden gequält hatte, wie weggeblasen.
Fröhlich sprang sie aus dem Bett und rannte auf Velvet zu. «Ich bin so glücklich!», rief sie und fiel ihr um den Hals.
Dann schlüpfte sie aus dem Nachthemd, zog ein Kleid an und stürmte die Treppe hinunter. Ohne das Frühstück zu beachten, das Velvet im Esszimmer für sie bereitgestellt hatte, verließ sie eilig das Haus.
Fast hätte sie ihre Nachbarin umgerannt. Sie murmelte ein paar Worte der Entschuldigung und lief schnellen Schrittes weiter. Sie musste sich beeilen, damit niemand ihr zuvorkam.
Schon von weitem sah sie das Kleid im Schaufenster. Gott sei Dank!
Mrs. Redwater bediente gerade zwei Damen, als Charlotte in den Laden stürzte. Obwohl ihr Haar vollkommen durcheinander war und sie aufgewühlt wirkte, erkannte Mrs. Redwater Charlotte sofort.
«Mein Gott, Miss Lacroix! Geht es Ihnen auch gut?»
Lächelnd nickte Charlotte und versuchte ihren Atem zu beruhigen.
«Gleich ist es besser», entschuldigte sie sich keuchend. «Ich bin gelaufen. Ich möchte das Kleid aus dem Schaufenster», sagte sie, ohne Zeit mit Höflichkeiten zu
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