Fesseln des Schicksals (German Edition)
kommen, und …»
«Wagen Sie nicht, mich auf die Probe zu stellen», warnte Katherine ihn mit unterdrückter Wut. Immer noch hielt sie die Waffe fest in der Hand. «Ich schwöre, dass ich nicht zögern werde, auf Sie zu schießen.» Einige Strähnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und fielen ihr ins Gesicht. Ihre nackten Füße waren schmutzig und mit dem Blut der Sklavin bespritzt.
Steward taxierte Katherine skeptisch. Sie war vollkommen erschöpft und machte den Eindruck, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Als er ihr Gesicht jedoch genauer betrachtete und die schmalen Augen und den entschlossenen Blick darin deutete, spürte er, wie gefährlich es sein würde, diese Frau zu unterschätzen. Stolz und herausfordernd stand sie vor ihm und begegnete seinem Blick mit einer solchen Entschlossenheit, dass er schließlich zurückwich.
Er nahm seine Tasche vom Nachttisch und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
Owen Graham folgte ihm schweigend.
Eilig schloss Katherine sich im Zimmer ein, legte die Waffe ab und ließ sich erschöpft in den Schaukelstuhl sinken. Als sie ihre Umarmung lockerte, hörte das Baby endlich auf zu weinen. Die Kleine öffnete die Augen und schien sogar zu lächeln.
Und so erwartete Katherine Parrish die Geburt ihres eigenen Kindes.
***
Am nächsten Morgen wurde Molly, zusammen mit dem Dokument, das ihr die Freiheit gewährte, auf einer abgelegenen Parzelle der Plantage begraben. Dort, wo der Fluss ein kleines von Bäumen umgebenes Bassin bildete, dessen Ufer im Frühling von Blumen bewachsen war.
Nach der schlichten Zeremonie kehrte Katherine gegen Mittag in Mollys Zimmer zurück. Der Fußboden war geschrubbt worden. Und der Teppich, auf dem sie ihre Freundin in der Nacht zuvor gefunden hatte, war zusammen mit der blutgetränkten Tagesdecke verschwunden. Aber trotz der Unmengen an Wasser und Seife, mit denen man versucht hatte, die Erinnerung an das Geschehene auszulöschen, erfüllte Mollys sanfter Duft noch immer jeden Winkel des Zimmers.
Mit einem Baby auf jedem Arm ging Katherine zu dem Schaukelstuhl aus Holz, der unter dem Fenster stand, und setzte sich. Sie war sehr müde. Ihre eigene Tochter war gekommen, als schon der Tag angebrochen war. So war ihr keine Zeit mehr zum Schlafen geblieben, aber trotzdem hatte sie noch die Kraft gefunden, an diesem Morgen Mollys Beerdigung beizuwohnen. Jetzt musste sie sich ausruhen. Sie schloss die Augen und ließ ihr Gesicht von den warmen Sonnenstrahlen liebkosen.
***
Als David Parrish auf der Plantage ankam, senkte sich die Sonne bereits. Nachdem er über die Geschehnisse unterrichtet worden war, machte er sich sofort auf die Suche nach seiner Frau.
Geräuschlos betrat er das Zimmer.
Er bemerkte die fehlende Tagesdecke auf dem Bett und verspürte ein leichtes Schaudern. Es war nicht die Trauer über das frühzeitige und tragische Ende einer Sklavin, sondern eine instinktive Reaktion angesichts der Nähe des Todes. Und während jenes Erschauern langsam verebbte, sah er sie.
Katherine war in leichten Schlaf gefallen und hatte seine Ankunft nicht bemerkt. Vom warmen Glanz der Abenddämmerung umgeben, schien sie David die schönste Frau zu sein, die er je gesehen hatte. Sie war sogar noch schöner als an dem Tag, als er sie in New Orleans kennengelernt hatte, vor kaum einem Jahr. Ihre Haut schimmerte samtweich, das Haar war braun und seidig. Die großen Korkenzieherlocken fielen ihr über die Schultern und umrahmten das perfekte Oval ihres Gesichts. Auf ihren feinen und sinnlichen Lippen lag ein leichtes Lächeln.
Aber der Zauber war nicht von Dauer. Als Katherine Davids Anwesenheit spürte, schlug sie die Augen auf, und sobald sie den Eindringling erkannte, erstarrte ihr Gesicht.
David konnte zusehen, wie sich in wenigen Momenten eine unüberwindliche Mauer zwischen ihnen aufbaute, die all seine Hoffnungen mit der Wurzel ausriss.
«Hallo, Katherine», begrüßte er sie höflich.
«David», antwortete sie kühl. «Ich habe dich nicht vor morgen erwartet.»
«Doktor Steward hat mir eine Nachricht zukommen lassen und mich über die Ereignisse informiert. Daher schien es mir angemessen, meine Rückreise vorzuverlegen.» Eingehend und mit einer gewissen Irritation betrachtete er jetzt die beiden Bündel, die Katherine liebevoll in den Armen hielt.
Die Mädchen schlummerten, und die Abendsonne leuchtete warm in ihre kleinen Gesichter. Sie waren wunderhübsch, und zu Davids größter Verzweiflung hatten beide ausgesprochen
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