Fessle mich!
jede Standpauke der Polizei verdient. Die Polizei selbst ist mit diesem Verfahren vertraut und immer bereit, eine Streife vorbeizuschicken – nicht zuletzt deswegen, weil ihnen einige hundert Fehlalarme lieber sind als ein Mordfall. Sollte es sich beim Beschützten um einen Sadomasochisten handeln, kann nicht empfohlen werden, das der Polizei mitzuteilen. Es geht dabei nicht um die Frage, ob die Polizei einen Hilferuf von einem vermeintlich Perversen ernst nimmt oder nicht. Da Polizisten mit schöner Regelmäßigkeit zu völlig harmlosen Situationen gerufen werden, wo es wieder einmal jemand geschafft hat, sich selbst nicht mehr aus der eigenen Fesselung befreien zu können, besteht die Gefahr, dass der Anruf in diese Richtung missverstanden wird. Damit riskiert man, dass Beamte mit völlig falschen Vorstellungen in eine möglicherweise lebensbedrohliche Situation geschickt werden.«
Es spricht nichts dagegen, Ihrem neuen Spielpartner mitzuteilen, dass Sie sich covern lassen. Im Gegenteil: Erwähnen Sie es bei einer passenden, möglichst frühen Gelegenheit und lassen Sie ruhig einfließen, dass Ihr Bekannter etwas nervös und außerordentlich besorgt ist. Sie sollten keine Angst haben, dass Ihr neuer Lover das als Misstrauen wahrnimmt. Mindestens sollte ihm daran gelegen sein, dass Sie sich so sicher wie nur irgend möglich fühlen, wenn Sie sich in seine Hände begeben. Es kann natürlich sein, dass er anfangs erst mal überrascht ist. Von sich selber weiß man ja, dass man harmlos ist. Aber wenn er ernsthaft anfängt zu protestieren, ist für Sie so oder so Vorsicht geboten: Entweder führt er tatsächlich etwas im Schilde oder er hat zumindest unzureichenden Respekt vor Ihren emotionalen Bedürfnissen. Eigentlich sollte er froh sein, jemanden gefunden zu haben, der sich kompetent um seine Sicherheit kümmert.
Chris von der Hilfsorganisation Mayday (Maydaysm.de) wies im Interview mit mir ausdrücklich darauf hin, dass sich auch Männer covern lassen sollten: »Bei normalen Sicherheitsmechanismen (Covern, Safeword etc.) denken viele automatisch an Frauen als Zielgruppe. Man liest schon mal so etwas wie: › Frauen sollten sich covern lassen, aber ich (männlich) brauche das nicht. ‹ Unabhängig davon, ob Covern oder Safewords nun sinnvoll sind oder nicht: Alle Sicherheitsmechanismen gelten für Frauen und Männer gleichermaßen. Wer als Mann überzeugt ist, die Sache schon im Griff zu haben, ist schlicht blauäugig. Das gilt außerhalb von SM genauso.«
Inzwischen haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass Männer häufiger Opfer sexueller Übergriffe werden, als viele glauben. In diesem Zusammenhang erläutert Chris: »Vergewaltigte Männer, egal ob sie von Männern oder von Frauen vergewaltigt wurden, haben es noch schwerer als Frauen (auch wenn eine Steigerung von schwer in dem Zusammenhang sehr makaber ist). Sie werden noch weniger ernst genommen, es gibt keine Hilfsangebote, keine Ansprechpartner und oft genug glaubt man ihnen auch einfach nicht. Selbstzweifel, Impotenz und Depression ist da die Regel, Selbstmord häufig. Die Dunkelziffer ist riesig; ich kenne fast keine gemeldeten Fälle. In meinem persönlichen Bekanntenkreis finden sich aber bereits mehrere Betroffene. Um den Bogen zu SM zu spannen: Es ist furchtbar leicht, ein Opfer für seine sadistischen Triebe zu finden. Das hat dann nichts mit Einvernehmlichkeit zu tun und schon gar nichts mit der Sorte von lustvollem SM, die wir so sehr lieben. Aber dass es › gar nichts mit SM zu tun hat ‹ , halte ich für propagandistische Scheuklappen. Damit wären wir bei dem Fall, dass eine sadistische Frau per Kleinanzeige einen notgeilen Passiven findet, ihn festkettet und dann erst richtig loslegt, wenn er schon am Ende ist. Besonders brisant ist die Tatsache, dass er ja SM wollte, aber Gewalt erfahren hat, was du keinem normalen Richter auf der Welt unterscheidbar erklären kannst.«
In gewisser Hinsicht kommt es sicher auf die Menschenkenntnis und das Urteilsvermögen jedes Einzelnen an, wenn es darum geht, wem man dermaßen vertraut, dass man bereit ist, sich hilflos in seine Hände zu begeben. Dem unbenommen kann das Covern eine Methode darstellen, sein persönliches Risiko in diesem Bereich zu senken.
Kapitel 16
Ein umstrittenes Alarmsignal – Nutzen und Tücken des Safewords
Egal für welche Form des erotischen Rollenspiels Sie sich entschieden haben – es kann sein, dass Sie irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem Ihnen die
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