Feste feiern, wie sie fallen (German Edition)
hatte, hierherzukommen.
Aber vielleicht war es nicht so sehr dieser Ort als vielmehr die Gesellschaft, die er hatte meiden wollen. Das verstand sie recht schnell, als sie beobachtete, wie verkrampft Torkel Yvonnes neuem Mann gegenüber wirkte. Sie wusste, dass Torkel Christoffer eigentlich mochte und froh war, dass Yvonne ihn kennengelernt hatte. Wahrscheinlich ging es eher um seine Töchter Elin und Vilma.
Die beiden waren seine Schwachstelle, dachte Vanja, sein schlechtes Gewissen. Da Torkel beruflich so eingespannt war, verbrachten die Mädchen mehr Zeit mit Christoffer als mit ihm. Es war offensichtlich, dass sie ihn bereits als einen natürlichen Teil der Familie ansahen, zumindest Elin, die Ältere. Natürlich war das eigentlich positiv, aber Torkel hatte dadurch das Gefühl, seiner Vaterrolle nicht gerecht zu werden. Was ja auch stimmte, aber bei seinem Job konnte er seinen Kindern eben nicht alle Zeit der Welt widmen. Man war gezwungen, sich zu entscheiden.
Das wusste sie, und er wusste es auch.
Doch seine Wahl wurde ihm nun, da sich die Mädchen so ungezwungen zwischen ihm und Christoffer hin- und herbewegten, noch einmal besonders schmerzlich bewusst.
Sie hatten ihre Zimmer bezogen, die anderen Gäste begrüßt, und nun saßen sie gerade bei Kaffee und Pfefferkuchen und warteten auf das Essen, als die Tür aufging, Sebastian Bergman hereintrat und den Schnee von seinen viel zu dünnen Halbschuhen abklopfte. Die meisten blickten verwundert zu dem Mann hinüber, der mit einer unbekannten Frau an seiner Seite neben dem Eingang stehen blieb.
«Entschuldigen Sie, dass wir ein wenig spät sind, Torkel hatte mich eingeladen, und wir haben den Weg nicht gleich gefunden», sagte er mit einem selbstgewissen Lächeln.
«Ich dachte, du wolltest nicht kommen?», fragte Torkel, der aufgestanden war und auf seinen Kollegen zuging.
«Stimmt, aber jetzt bin ich eben da. Und habe eine Freundin mitgebracht. Das ist Lydia. Sie liebt Weihnachten.»
Er lächelte breit. Yvonne kam aus der Küche, sah erst die Gäste fragend an, dann warf sie Torkel einen irritierten Blick zu. Es war kaum eine Minute vergangen, und schon war jemand wütend.
Sebastian Bergman war da.
Eigentlich hätte er am liebsten die ganze Zeit bei Vanja gestanden, begriff jedoch, dass er erst ein wenig Interesse für die Gastgeberin im roten Kleid zeigen musste, die ihn und Lydia seit ihrem Eintreffen ununterbrochen angestarrt hatte. Er musste sie schnell auf seine Seite bringen, damit er auf dem Fest nicht unangenehm auffiel. Wortlos ließ er Lydia mit einem Glas Wein sitzen und ging mit entschlossenen Schritten auf die Frau in Rot zu. Auf dem Weg dorthin lächelte er den anderen Gästen zu und tätschelte den Kindern, die ihm in die Quere kamen, liebevoll den Kopf, so wie er es in alten Filmen gesehen hatte. Als er bei ihr ankam, sah Bea ihn an, als würden sie sich bereits kennen. Damit hatte er nicht gerechnet.
«Hallo, Sebastian», sagte sie mit unüberhörbarer Vertrautheit in der Stimme. Er erstarrte. Sie kannte seinen Namen. Waren sie sich schon mal begegnet? «Wir haben uns mal auf Yvonnes und Torkels Hochzeit kennengelernt. Bea heiße ich», erklärte sie lächelnd.
«Ach ja, stimmt!», log Sebastian blitzschnell, ohne dass es ihm gelang, auch nur eine einzige Erinnerung an sie aus seinem Gedächtnis hervorzukramen. «Entschuldige, aber ich kann mir einfach keine Gesichter merken …» Er dachte fieberhaft nach. Hatte er etwas mit ihr gehabt? Das würde die Situation verkomplizieren. «Toll, dass wir kommen durften, es ist wirklich sehr schön hier», sagte er mit einer Geste, die den geschmückten Saal einbezog.
«Danke. Dieses Jahr war ziemlich schwer für uns. Mein Mann ist sehr krank.»
«Ja, Torkel hat es mir erzählt.»
«Er ist fast vollständig gelähmt.»
«Wie schrecklich», antwortete Sebastian und versuchte, möglichst mitfühlend dreinzublicken. Er hatte den Eindruck, dass es ihm nicht besonders gut gelang. Aber Bea schien sich ohnehin kaum für sein gespieltes Mitleid zu interessieren. Sie senkte ihre Stimme und beugte sich zu ihm vor.
«Seit seinem Schlaganfall kann er nicht mehr …»
Sebastian zuckte zusammen, trat einen Schritt zurück und sah sie an. Ihre professionelle Gastgeberinnenmiene war einem begierigen, glühenden Blick gewichen.
«Ich freue mich, dass du gekommen bist», raunte sie und legte ihre Hand auf seinen Arm.
So ein Mist, er war tatsächlich mit ihr im Bett gewesen.
Lydia fühlte sich
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