Festung Zehn
finde!!! Aber wissen Sie, ich habe eine Hoffnung. Sogar in diesem Frühling des verletzten Herzens, dieser flachen Stelle in dem Rad der Reise der traurigen Welt habe ich eine Hoffnung. Daß sie zurückkommen wird? Ah, nein. Ich habe eine Hoffnung, daß sie außerhalb einer Festung gefunden wird. Vielleicht während sie auf dem keine Heimat gewährenden Plastik umherwandert und meinen Namen spricht. Oder vielleicht während sie in irgendeinem der für Bäume bestimmten Löcher in den Platten »lebt« und hofft, daß ich zu ihr kommen würde, um zu sagen: »Komm zurück!«
Aber würde ich sie wieder aufnehmen? Könnte ich sie wieder aufnehmen? In jedem Auge, in das ich blicke, scheint eine Schuld zu sein. Ich werde von meinem grünen Blut gepackt. Ich denke an Schlangen und werde es weiterhin tun – bis ich es weiß. Und wer kann schon wissen? In solchen Dingen. Deshalb heißt es weiter vorwärts mit all meinen Bestrafungsplänen. Und wenn sie gefunden wird – und sie wird gefunden werden! – hoffe ich, daß sich meine Pläne nicht als unfertig erweisen werden. Ich werde jene neue Maschine eiligst fertigstellen lassen. Ich werde ihren Lebensschalter auf EIN lassen! Ich werde sie »leben« lassen, während diese neue Maschine ihr »Leben« zu flüssigen Atomen zerschlägt. Ganz besonders für Dummheit – nun, Dummheit ist eine höchst schreckliche Sache, wissen Sie – als sie MICH gegen einen anderen abwog – und verdient handfeste Prügel.
Weihnachtsfest eines kleinen Mädchens in Moderan
Es geschah bei O-Tannenbaum-Wetter, daß Kleine Schwester über das weiße Grundstück kam, der Schnee zwischen ihren Zehen war völlig grau und fest geworden und begann, stetig anwachsende Kugeln zu bilden, wie die Anfänge zweier Schneemänner. Sie trug keine Kleidung, ihr winziger hervorstehender Popo war durch die Kälte blau und rot geworden und ihre kleinen edelsteinartigen Knie waren fast so weiß wie Knochen. Sie streckte zehn steife Finger vor, und sie sprach: »Papi! Etwas ist in meiner Kugel kaputt! Komm und seh’s dir an!« Sie lispelte vielleicht ein wenig und sagte es alles nicht so präzise wie ein Erwachsener, denn sie war kaum mehr als vier Jahre alt.
Er wandte sich um wie ein Mann, der im unteren Drittel eines schlechten Traums war; er richtete zwei gelangweilte Augen auf sie. Verdammtes Kind, dachte er. »Was zum Teufel für eine Sache hat uns Mox denn jetzt wieder beschert?« sagte er. Und er sang die kleine Melodie, die die Tür veranlaßte, sich zu öffnen. Dann sah er die Schneebälle an ihren Füßen, als sie auf ihn zuging. Sie schmolzen jetzt, bildeten dabei tiefe Rinnen in dem grünen Teppich, der den Boden seines geräumigen Denkzimmers bedeckte. Der hohe Flor, der entlang kleinen Kanälen, die von ihren Füßen ausgingen, wie überschwemmtes Gras aussah, war hier und da durch zusammengeknüllte Papierkügelchen gesprenkelt. Seine Versuchspläne und Formeln schauten wie Golfbälle hervor.
Als er durch die eisernen Gefilde des Alptraums zurückkam, die immer zu solchen Zeiten emporstiegen, um ihm feindlich gegenüberzutreten, mühte er sich, dem gegenwärtigen, verwirrenden Augenblick einen Sinn abzugewinnen. Verdammtes Kind, dachte er, trat sich nicht die Füße ab. Im Augenblick war sie noch ganz aus Fleisch – ihrem eigenen – und Knochen und Blut und trat sich nicht die Füße ab. Der Schnee schmilzt!
Er winkte sie zu sich. »Kleine Schwester«, begann er mit jener müden teilnahmslos-blechernen Stimme, die jetzt seine war und sein mußte, denn sein Kehlkopf war gegen Krebs ganz in Gold gearbeitet, »erzähle mir langsam, Kleine Schwester. Warum hältst du dich nicht mehr in deiner Plastikwohnung auf? Warum benutzt du den eisernen Mox nicht häufiger? Warum belästigst du mich überhaupt? Erzähle es mir langsam.«
»Papi!« schrie sie und begann aus einer ihrer Launen heraus, die er so haßte, auf und ab zu hüpfen, »komm rüber zu meiner Wohnung, Du alter Monotonling. Etwas muß repariert werden.«
So gingen sie über das große weiße Grundstück zu ihrer Wohnung, an Mutters Wohnung vorbei, an der Wohnung von Kleinem Bruder vorbei. Sie war nackt und humpelte, da ihre Füße vom Schnee unterkühlt waren, und er schleppte sich schwerfällig mit steifen Gelenken dahin, trug aber wenigstens einen gut isolierenden feuerroten Schmiegeanzug mit guten hohen Weltraumstiefeln aus schwarzem Leder.
Als sie bei ihrer Wohnung angekommen waren, pfiff er der Tür die drei hohen Töne zu. Die
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